Die LehrerInnen des borg3 in Wien sprechen sich gegen die Abschiebung ihrer SchülerInnen aus und fordern das Überdenken der momentan geltenden Asylgesetze. Sie wünschen sich Menschlichkeit statt bloßem Gesetzesvollzug.
Wir LehrerInnen des Borg 3 wurden am 13. 10. 2010 Beteiligte einer fremdenpolizeilichen Aktion an unserer Schülerin Araksi M., die zur Abschiebung des minderjährigen Mädchens und ihrer Mutter führen sollte. Gleichzeitig konnten wir zu ZeugInnen einer gescheiterten fremdenpolizeilichen Aktion werden, die großes öffentliches Interesse geweckt hat. Als Betroffene möchten wir unsere ZeugInnenschaft ernst nehmen, indem wir noch einmal die entscheidenden Fakten vermitteln und Schlüsse daraus ziehen wollen:
Am Morgen des 13.10. fragte zunächst die "Polizei Favoriten" telefonisch in der Direktion nach, ob die Schülerin Araksi M. anwesend sei, da man sie "befragen" wolle. Die Anwesenheit wurde festgestellt und der Polizei mitgeteilt. Wenig später wurde der wahre Grund des Anrufs in einem zweiten Telefongespräch klar: Die Fremdenpolizei werde in die Schule kommen und Araksi "abholen", um sie zu ihrer Mutter zu bringen, die in der Zwischenzeit in Schubhaft genommen worden war. Als die Schülerin davon erfuhr, verließ sie das Schulgebäude.
Um ca. 11 Uhr erschienen fünf FremdenpolizistInnen in Zivil in der Direktion. Der Direktor konnte nur mehr die Abwesenheit von Araksi mitteilen. Die BeamtInnen reagierten sichtlich verärgert, von Seiten der Fremdenpolizei war offensichtlich willfährige Kooperation, wenn nicht gar die Festhaltung des Mädchens erwartet worden. Unmittelbar danach informierte der Direktor seine übergeordnete Dienststelle, den Stadtschulrat für Wien, der umgehend für die schulpsychologische Betreuung der betroffenen Klasse und weitere Handlungsschritte sorgte.
Wir haben in vielerlei Fällen schon gut mit der Polizei kooperiert, aber wir sind in der geschützten Zone Schule, für deren Sicherheit wir verantwortlich sind, noch nie von anderen StaatsdienerInnen derart brüskiert worden. Den Auftritt der FremdenpolizistInnen haben wir als pure Bedrohung erlebt. Ihre Erwartungshaltung widerspricht in höchstem Maße unserem pädagogischen Auftrag, der nicht darin besteht, dass wir die SchülerInnen, die uns anvertraut sind, wie Kriminelle ausliefern.
Wir arbeiten selbstverständlich mit Behörden zusammen, wollen uns aber keinesfalls missbrauchen lassen. Und: Wir lassen uns unsere Integrationsarbeit nicht durch Grenzüberschreitungen gefährden! Überdies zeigte die Vorgangsweise der FremdenpolizistInnen auch, dass sie offensichtlich auf einer nicht exekutierbaren Rechtsgrundlage agieren müssen. Allein der Versuch eine Schülerin aus dem Klassenverband herauszureißen hat nachhaltig zu großer Verstörung und Verunsicherung bei MitschülerInnen und uns LehrerInnen geführt.
Es wird die Pflicht der Regierung sein, die Gesetzesgrundlage und die Mittel für eine humane Asylpraxis bereit zu stellen. So plump und inhuman, wie derzeit gehandelt wird, kann es nicht bleiben!
Die Lehrer/innen des Borg3