Wiener Schülerin musste untertauchen, um sich Abschiebung zu entziehen. NGOs fordern Beachtung der UN-Kinderrechts- konvention.
Eine Wiener Gymnasiastin sollte Mittwochvormittag in der Schule von der Polizei abgeholt und anschließend abgeschoben werden. Der Vorzugsschülerin gelang es jedoch rechtzeitig abzuhauen und unterzutauchen. Ihre Mutter wurde von der Polizei zuhause verhaftet und in Schubhaft überstellt.
Beide lebten seit mehreren Jahren in einem von der Volkshilfe betreuten Haus. Die Schülerin war erst heuer wegen besonders guter Schulerfolge ins Gymnasium gewechselt. Die Mutter befand sich aufgrund traumatischer Fluchterfahrungen seit einigen Jahren in psychiatrischer Behandlung. Sie ist schwer suizidgefährdet, und wurde erst vor kurzem aus dem Spital entlassen, wo sie wegen eines Suizidversuchs behandelt worden war.
Nachdem die Tochter am Abend noch unauffindbar war, wurde die Mutter mitten in der Nacht aus der Schubhaft entlassen, da sie ohne ihre Tochter nicht deportiert werden konnte. Ihre Betreuer_innen wurden davon nicht verständigt.
Ministerin Fekter verteidigte den Polizeieinsatz in dem Gymnasium in Wien Landstraße in einem ORF-Interview damit, dass sie noch vor zwei Tagen dafür gescholten worden sei, dass Kinder in der Früh von der Polizei zur Abschiebung abgeholt worden waren. Fast gleichzeitig mit dem Abschiebeversuch kündigte Fekter bei einer Polizeiveranstaltung in Linz humanere und familiengerechtere Abschiebungen an.
Sollte die Tochter aufgegriffen werden, steht ihr und ihrer Mutter neuerlich Inhaftierung und Abschiebung bevor.
Die vom Polizeieinsatz schockierten Mitschüler_innen mussten schulpsychologisch betreut werden.
Caritas, Diakonie, Amnesty International und SOS Kinderdorf wandten sich Donnerstagvormittag mit einem offenen Brief an die Nationalratsabgeordneten. Unter der Überschrift "Kinder gehören nicht ins Gefängnis" bezeichnen sie es als schwer zu begreifen, dass Familien, deren Kinder den größten Teil ihres Lebens in Österreich verbracht haben, und die besser Deutsch als ihre Erstsprache sprechen, kein humanitäres Bleiberecht erhalten. Sie fordern die Verankerung der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen in der österreichischen Verfassung. Die Kinderrechtskonvention verlangt den Vorrang des Kindeswohls bei jeder Form staatlichen Handelns und sieht ausdrücklich den Schutz von Kindern im Asylverfahren und Fremdenrecht vor. Die Forderungen können auf http://www.gegen-unrecht.at unterstützt werden.
Am Nachmittag wurden Vertreter_innen der vier die Initiative betreibenden Organisationen von Bundespräsident Fischer empfangen.
Von Bürgermeister Häupl ist noch keine Stellungnahme bekannt. Der hatte kurz vor der Wahl die Abschiebung zweier Kinder und ihres Vaters ohne ihrer Mutter nach einer ausgiebigen Nachdenkphase, als alles zu spät war, scharf kritisiert. Landesbehörden sind für die Erteilung humanitären Bleiberechts mitzuständig. Die Wiener Grünen schlugen vor, die Kinderrechtskonvention wenigstens in der Wiener Landesverfassung zu verankern. Die SPÖ stellte sich in Person von Sicherheitssprecher Pendl hingegen hinter die Vorschläge Fekters.
Artikel übernommen von :: nochrichten.net, 14. Oktober 2010.