Immer wieder kommt es in Schubhäfn zu Protesten. Die Gefangenen fordern sowohl bessere Haftbedingungen, wie auch Rechte und Freiheit. Eine Woche nach der Eröffnung eines dritten Haftgebäudes in Vincennes konnten am 19. November 2010 einige fliehen, wurden aber teilweise wieder erwischt. Nun rufen die Gefangenen, die sich fast alle in Hungerstreik befinden, die Menschen draußen zur Solidarität auf.
Vincennes ist ein Stadtteil am östlichen Rand von Paris, fast sieben km vom Stadtzentrum entfernt und eines der am dichtesten bewohnten Gebiete in Europa. Die Geschichte der Gefängnisse in Vincennes geht mehrere hundert Jahre zurück - und wurde vor kurzem um ein Gebäude erweitert.
Nachdem im Juni 2008 in Folge von Aufständen der Großteil des bis dahin größten Abschiebegefängnisses mit 290 Haftplätzen in Frankreich abbrannte, war dieses einige Zeit unbenutzbar - und einige der dort Gefangenen mussten aufgrund fehlender Haftplätze entlassen werden. Zehn der am Aufstand Beteiligten wurden im März 2010 in erster Instanz wegen angeblicher Brandstiftung zu Haftstrafen von 8 Monaten bis 3 Jahre verurteilt. Sie legten Berufung ein, eine neuerliche Verhandlung ist am 25. November angesetzt.
In einem weiteren Prozess voraussichtlich im Jänner 2011 soll geklärt werden, welche Strafen die Verurteilten für den Schaden am zerstörten Gefängnis aufgebrummt bekommen. Die Behörden wollen offensichtlich durch die Verurteilung einzelner Gefangener, die als Redelsführer_innen hingestellt werden, den Widerstand in den Internierungslagern brechen. Doch zeigen die laufenden Proteste in Internierungslagern überall auf der Welt, dass dies nicht einfach so gehen wird: Die oft einzige Hoffnung der Eingesperrten ist ihr Widerstand, die Solidarität von draußen in vielen Fällen nur sehr marginal.
Das Feuer in Vincennes entstand nicht einfach während eines Aufstandes über Nacht. Die Monate vor den Flammen kam es immer wieder zu Protesten und Aufständen im Lager und Solidaritätskundgebungen draußen. Unmittelbarer Auslöser war jedoch das brutale Vorgehen der Gefängniswärter_innen. Am 21. Juni 2008 wurde einem Gefangenen die medizinische Versorgung verweigert und er starb; diese gängige rassistische Praxis war der Auslöser der Aufstandes, der mit der Zerstörung des Gefängnisses endete (siehe dazu bei Statewatch :: CNDS report into Vincennes detention centre death (Juli 2010)). Das Gefängnis wurde mittlerweile renoviert und ein zweites Gebäude errichtet, um die Haftkapazitäten zu erhöhen, doch die Gewalt gegen die Gefangenen hinter den Mauern und Zäunen in Vincennes ist weiterhin allgegenwärtig.
Immer wieder kommt es zu Widerstand der Gefangenen und zu Auseinandersetzungen mit den Wärter_innen. Nachdem Mitte November ein drittes Gebäude im Gefängnis eröffnet wurde, gelang am vergangenen Freitag, 19. November 2010 einigen der Gefangenen die Flucht. Am darauf folgenden Sonntag waren drei von ihnen weiterhin in Freiheit, während die anderen von der Polizei geschnappt wurden.
Hinter den Gitterstäben sehen sich die Gefangenen permanenten Übergriffen durch die Polizei ausgesetzt. Am 23. November schickten die Inhaftierten eine Aufruf zur Solidarität nach draußen und informierten über die permanenten Misshandlungen durch die Polizei. So werden sie unter anderem jede Nacht von lachenden Beamten über die Lautsprecher bei ihrem Namen gerufen und geweckt, ihnen so der Schlaf geraubt. Viele haben Verletzungen oder sind krank, doch wird ihnen die medizinische Versorgung verweigert. Die Gefangenen protestieren gegen die Abschiebungen und fordern Bewegungsfreiheit. Die Leute draußen fordern sie auf, zur Unterstützung Solidaritätskundgebungen vor dem Gefängnis abzuhalten und die Gefangenen so weit wie möglich in ihrem Kampf zu unterstützen. Fast alle der Gefangenen befinden sich derzeit in Hungerstreik.