Die Winterzeit ist besonders hart für die Migrant_innen in Calais, die von dort aus einen Weg nach England suchen. Die ohnehin schon unglaublichen Umstände werden in diesen Wochen durch Eiseskälte und beissenden Wind verschärft.
Für die 200 bis 250 Migrant_innen die sich derzeit in etwa in Calais aufhalten sind der einzige warme Ort zur Zeit die Feuerstellen der Squats und Jungles. Sogar die Essensausgabe, an der Vereine drei mal täglich ähnlich abwechslungsreiche Kost wie Brot bzw. Brot mit Reispampe und Fleisch-Gemüseeinlage verteilen, findet im Freien statt.
Die besetzten Häuser, von denen zumindest die grösseren Abrissreif und oftmals ohne Fenster sind, bieten genauso wenig Schutz vor der Kälte wie die Jungles, in denen in Zelten und Hütten geschlafen wird. Die Polizei sucht alle diese Unterkünfte regelmässig auf, auch mehrmals innerhalb von 24 Stunden, um Migrant_innen zu schikanieren und festzunehmen und sie anschliessend ins Detention Center nach Coquelles zu bringen. Von dort aus "dürfen" sie dann nach ihrer Freilassung eine Stunde zurück nach Calais laufen. Für die Polizist_innen geht es nach dem Einsatz zurück in die Wärme, die Situation der Migrant_innen ist ihnen egal.
Doch auch das französische Gesetz will sich als "human" darstellen: so muss es bei Temperaturen unter -5°C nachts und unter 0°C am Tag eine Notunterkunft für Menschen ohne Wohnung geben. Diese Notunterkunft, eine Turnhalle, hat in Calais seit dem 27.11.2010 geöffnet, und wegen der anhaltenden Kälte wurde die Öffnungsdauer bis zum 7.12. verlängert. Von 19 Uhr abends bis 9 Uhr morgens können sich Migrant_innen dort aufhalten, die restliche Zeit müssen sie in der Kälte verbringen. Diese ach so humanitäre Unterkunft wird von den Migrant_innen aber nur im Notfall genutzt. Denn dort gibt es weder fliessendes Wasser noch Toiletten. Nur 1 Dixie-Klo steht draussen vor der Türe in der Kälte. Geschlafen wird auf dünnen Matten auf dem Hallenfussboden, mit bis zu 150 Leuten in einem Raum. Auch lässt es sich die Polizei nicht nehmen direkt vor der Turnhalle Leute zu verhaften. So ziehen es die meisten Migrant_innen vor, solange es irgendwie geht in den Squats und Jungles auszuharren, auch wenn sie dort dann der Kälte und auch noch in der Nacht den Razzien der CRS (Riot-Polizei) ausgesetzt sind.
Für die Bewohner_innen des Afrika-House, einem sehr grossen Squat, sind diese Tage von besonderer Unsicherheit geprägt. In der ehemaligen Fabrik schlafen bis zu 100 Migrant_innen. Die Bürgermeisterin von Calais, Natacha Bouchart von der UMP (Union pour un mouvement populaire), hat jetzt mehrfach angekündigt das Haus räumen zu lassen. Sie will keine Squats mit mehr als 10 Personen tolerieren, sagte sie laut einer Calaiser Regionalzeitung. Letzte Woche haben im Africa-House Bauarbeiter_innen damit begonnen, das Squat mit Metallzäuenen von den anliegenden Grundstücken abzuschirmen. Nach der Räumung soll dann das Eingangstor zugemauert und das Fabrikgelände dadurch unzugänglich gemacht werden. Die Stadt Calais, die sich ohnehin einen Dreck um die Migrant_innen schert, will erneut Leute von einem ohnehin schon kalten, windigen Squat auf die noch kältere Strasse setzen.
Um auch ordentlich Druck aufzubauen führte die Polizei in der letzten Zeit fast täglich 1 bis 3 Razzien im Afrika-House durch und nahm Migrant_innen fest. Zweimal wurden auch Calais-Migrant-Solidarity-Aktivist_innen festgenommen, die häufig vor Ort sind um vor den Razzien zu warnen und ihre Solidarität auszudrücken. So fühlt sich die Polizei manchmal vor Gewaltausschreitungen gehemmt. Die Präsenz ist aber kein dauerhafter Schutz, und die Polizei lässt die Aktivist_innen auch manchmal vom Gelände räumen um freie Hand zu haben, zum Beispiel um CS-Gas auf die Bettwäsche der Migrant_innen zu sprühen.
Es scheint als stünde den Migrant_innen in Calais ein weiterer harter Winter bevor.
Deshalb: kämpfen wir für eine Welt ohne Zäune und Grenzen! Kommt nach Calais!
NO BORDER NO NATION!
Aktuelle Infos auf der englischsprachigen Seite von Calais Migrant Solidarity:
http://calaismigrantsolidarity.wordpress.com
Die neue deutschsprachige Seite:
http://calaismigrantsolidarity.blogsport.de
Artikel übernommen von :: linksunten.indymedia.org, 04. Dez 2010.