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[ 23. Sep 2011 ]

Hunderte junge AsylwerberInnen in Österreich ohne adäquate Betreuung

Flüchtlinge werden immer jünger. Die Kapazitäten der für Minderjährige geeigneten Einrichtungen sind bei weitem überschritten. - Presseaussendung asylkoordination österreich Donnerstag 22. September 2011.

 

"Leider ist eintreten was wir seit längerem befürchtet haben", stellt Heinz Fronek, Spezialist für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) bei der asylkoordination österreich, fest. Um zu erreichen, dass sich zumindest ein Familienmitglied in einem (west)europäischen Land in Sicherheit bringen kann, schicken afghanische Familien immer jüngere Kinder auf den gefährlichen Weg nach Europa.

Um jugendlichen Flüchtlingen nicht die gegenüber erwachsenen Flüchtlingen bevorzugte Behandlung zugestehen zu müssen, die ihnen internationale Konventionen und nationale Gesetze garantieren, hatten die österreichischen Asylbehörden vermehrt versucht das von den Antragstellern angegebene Alter nach oben zu korrigieren. Dazu wurden mit verschiedenen medizinischen Methoden "Altersfeststellungen" durchgeführt. "Wenn teilweise 16- und 17-jährige für volljährig erklärt werden, dann sind die Familien eben gezwungen, die jüngeren Geschwister zu schicken," bemerkt Fronek angesichts der jüngsten Zahlen. Alleine im ersten Halbjahr 2011 kamen so viele unter 14jährige nach Österreich wie im gesamten Jahr 2010. Eine aus Sicht des Kindeswohls fatale Entwicklung, die sich leider nicht auf Österreich beschränkt.

Ein zweiter europaweiter Trend sind die erneut steigenden Zahlen jugendlicher Flüchtlinge. Auch in der EAST-Traiskirchen wurde gestern mit 194 UMF ein Höchststand erreicht. Insgesamt befinden sich zurzeit 765 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Grundversorgung. Damit werden die Kapazitäten der für Minderjährige geeigneten Einrichtungen (zurzeit 490 Plätze) bei weitem überschritten. Allein in der Erstaufnahmestelle Traiskirchen sind aktuell 194 UMF, obwohl nur 78 UMF adäquat betreut werden können. Diese Entwicklung ist auch der verstärkten Suche der Fremdenpolizei nach Menschen ohne legalen Aufenthalt zuzuschreiben. Sie führt dazu, dass mehr und mehr AsylwerberInnen in Österreich hängen bleiben.


Tagsätze seit 2004 nicht erhöht


Zwar wird nun von Bund und Ländern verzweifelt nach neuen Einrichtungen für UMF gesucht, allerdings sehen sich immer weniger Einrichtungen in der Lage die vom Gesetz vorgegebenen Betreuungsstandards anzubieten. Die im Rahmen der Grundversorgung bezahlten Tagsätze wurden seit 2004 nicht angepasst. Mittlerweile können die meisten Einrichtungen -- nicht einmal bei voller Auslastung -- kostendeckend betrieben werden. In Linz musste deshalb erst vor kurzem eine UMF-Einrichtung der Volkshilfe-OÖ geschlossen werden. "Es wäre notwendig, nicht nur die Tagsätze endlich anzupassen, sondern auch die Struktur sicherzustellen, um Schwankungen bei den Belagszahlen auszugleichen", so Fronek, der das Anliegen auch an Ministerin Mikl-Leitner herangetragen hat.

Anstatt endlich die Tagsätze für Betreuungseinrichtungen anzupassen, werden Jugendliche in Gaststätten und Pensionen geschickt, die weder Qualifikation noch Erfahrung bei der Betreuung unbegleiteter Kinder und Jugendlicher haben. Zuletzt wurde am 20. September, eine Gruppe von 26 unbegleiteten Minderjährigen einer Pension in Graz zugewiesen. " Unsere Erfahrungen zeigen, dass ein derart unprofessionelles Vorgehen in absehbarer Zeit mit großer Wahrscheinlichkeit zu massiven Problemen führen wird," wart Heinz Fronek. "Ausbaden müssen das dann freilich die jungen Asylwerber."