Das Innen- ministerium hat eine neue Strategie, wie Menschen, die Protestbriefe gegen Abschiebungen schreiben, behandelt werden: Ihnen wird eine Gebühr verrechnet.
Nach zahlreichen Protesten wurde die Gebühr zurück genommen.
Protest gegen Abschiebungen drückt sich unter anderem in Briefen an Innen- und Außenministerium, an Bundeskanzler und Staatssekretär für Integration aus - in der Hoffnung, diese zu einer weiteren Überprüfung des Falles zu bewegen und die Abschiebung verhindern zu können. Briefe, auf die selten eine freundliche, zuweilen eine schroffe und hin und wieder auch gar keine Antwort kommt.
Wohl noch nie gab es eine Reaktion wie unlängst aus dem Innenministerium, Abteilung III/3, Fremdenpolizei und Grenzkontrolle, auf briefliche Einwände gegen die Abschiebung der tschetschenischen Familie I.: Schwer traumatisierter Menschen, die nach Tschetschenien deportiert werden sollten.
"Ich fordere Sie auf, sich mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen, dass die Familie in Österreich bleiben kann", stand auf dem Protestbriefvordruck im Internet, den unter vielen anderen eine Journalistin und Autorin sowie eine Lektorin unterzeichneten und an die verantwortlichen Stellen schickten. Doch dieses Begehr kam im Innenministerium nicht gut an.
"Aus Gründen des Datenschutzes ist es rechtlich leider nicht zulässig, zu einem konkreten Einzelfall Auskünfte zu erteilen", lautete die abweisende, von Abteilungsleiter Gerhard Reischer unterzeichnete Antwort. Und außerdem: "Hinzuweisen ist, dass Ihr Schreiben eine Eingabe von Privatpersonen im Sinne des § 14 Tarifpost 6 Abs. 1 des Gebührengesetzes 1957 idgF darstellt", antworteten die ministeriellen Hüter_innen des Fremdenpolizeiwesens.
Deshalb: "Solche Eingaben sind gemäß den Bestimmungen des Gebührengesetzes mit 14,30 Euro zu vergebühren." Und: Die 14,30 Euro seien "innerhalb von zwei Wochen" auf ein Innenministeriumskonto einzuzahlen.
Im Innenministerium versteht ein Sprecher den Ärger nicht: "Das Gebührengesetz als Grundlage für derlei Zahlungsaufforderungen gibt es seit 1957. Seit damals sind derlei Eingaben kostenpflichtig." Real zumindest bisher nicht, halten dem die Protestbrieferfahrenen Personen entgegen.
Und auch im Außenministerium teilt ein Sprecher mit, dass derlei Eingaben in der Regel "trotz Gebührengesetz" höflich und gratis beantwortet würden.
AKTUALISIERT, 31.12.2012: Protest erfolgreich!
Gegen diese absurde Vorgehen des Innenministeriums rief SOS Mitmensch mittels einer Protestaktion auf, alle Infos zum Mitprotestieren und ein Musterschreiben gab es auf der :: Website von SOS Mitmensch.
Kurz darauf wurde mitgeteilt, dass die Protestaktion erfolgreich war! Dank der medialen Berichterstattung und der zahlreichen Beteiligung an der Protestaktion, hat das Innenministerium einen Rückzieher gemacht. Das Ministerium nimmt die Gebühr für Protestschreiben hochoffiziell wieder zurück!
zuerst erschienen auf derstandard.at am 28.12.2011. editiert von no-racism.net, ergänzt um Informationen von SOS Mitmensch, 29.12.2011