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[ 07. Sep 2013 ]

Wagentruppe Treibstoff braucht Unterstützung!

ACAB

Am 31. August 2013 übersiedelte der Wagenplatz im Rahmen des Festes zum 4jährigen Bestehen auf ein neues Grundstück, wurde aber zwei Tage später geräumt. Die Polizei beließ es aber nicht dabei und verfolgte die Leute mit ihren Wägen weiter. Diese befinden sich derzeit neben dem Gaswerk Leopoldau in der Petritschgasse am Rande Wiens.

 

Kurzer Rückblick


Seit im Jahr 2009 der Wagenplatz in Simmering verlassen wurde, entstanden mehrere Wagenplätze in Wien (siehe dazu den Artikel :: Kein Wien ohne Wagenplätze vom 29. Nov 2010). Eine dauerhafte Lösung auf einem der zahlreichen brach liegenden Plätze in der Stadt ist nach wie vor nicht in Sicht. Die Wagentruppe Treibstoff versucht seit vier Jahren mit Besetzungen von Grundstücken und verschiedensten Aktionen auf diese Situation aufmerksam zu machen. Doch von der Stadt gibt es keine Zugeständnisse, das immer wieder von den Politiker_innen ins Spiel gebrachte Konzept der "Zwischennutzung" von jahrelang leer stehenden Grundstücken scheint mittlerweile vom Verhandlungstisch verschwunden - doch zu konkreten Verhandlungen zeigte sich die Stadt ohnehin nie bereit. Als würden sich die zuständigen Damen und Herren wünschen, dass sich die Wagenplätze (von selbst) in Luft auflösen.

Der letzte Platz, den die Wagentruppe Treibstoff länger bewohnte, befand sich in der Baldgasse in Wien Floridsdorf und gehörte den Wiener Linien. Nach etwa 14 Monaten war klar, dass das Grundstück mit 1. September 2013 verlassen werden muss. Und dies geschah auch. Am 31. August 2013 im Rahmen des Festes zu "4 Jahre Wagenplatz Treibstoff" übersiedelte die Wagentruppe auf ein nahes, brach liegendes Grundstück in der Gaunersdorferstraße. Anfangs ließ sich dort keine Polizei blicken, doch das änderte sich nach zwei Tagen.

In einem Bericht zur Räumung am Montag, 2. September 2013 heißt es:


Wagentruppe Treibstoff geräumt


Es ist wiedermal soweit. Seit letztem Samstag stehen wir, die Wagentruppe Treibstoff, in Wien ohne festem Standplatz da. Das Grundstück welches wir seitdem still besetzt hielten wurde heute polizeilich geräumt. Dieses wunderbare Grundstück steht seit über 8 Jahren ungenutzt da und wird es nun wohl auch weiterhin bleiben.

Nach einer ersten Polizeivisite zu Mittag bekamen wir Besuch von Bereitschaftspolizei und Verfassungsschutz. Nach der Verlesung einer polizeilichen Verordnung machten sich die Bullen ans Werk. Alle Anwesenden wurden nach draußen gebracht und perlustriert, die Wägen fotografiert und das Grundstück durchsucht. Danach muussten wir unsere Sachen packen. Ca. 50 Kibera in Montur und einige vom Verfassungsschutz führten die Räumung durch. Etwa 3 Stunden später waren alle draußen. Wieder erwarten haben wir uns danach nicht in Luft aufgelöst. Wir stehen jetzt auf der Straße neben dem Grundstück im Industriegebiet am Rande Wiens. Eine Straße die heute Nacht wohl zum ersten Mal so etwas wie Leben erahnen lässt. Wir freuen uns über Besuch und Unterstützung von außen. Sobald es was neues gibt hört ihr von uns.


Lange dauerte es nicht, bis sich was tat. Die Polizei ging dabei äußerst brutal und schikanös vor, wie aus einem Bericht vom Freitag, 6. September 201 deutlich wird, den wir im folgenden dokumentieren:


Treibstoff - Aufarbeitung der letzten Tage


Wir leben unser Leben, unsere Utopie, was sonst?
Niemand Anderer kann das für uns machen und selbstverständlich... wir machen weiter!
Autonomes, anarchistisches und alternatives Leben ist ein bitter notwendiges Kulturgut.
Sprengen wir gemeinsam die Ketten im Kopf und an den Handgelenken!
Nichts muss so sein, wie es ist.

Wien braucht mehr Wagenplätze!

Nachfolgend der Versuch einer chronologischen Aufarbeitung des bisherigen Geschehens:

Seit uns die Polizei am vergangenen Montag (2. September 2013) unter dubiosen Umständen von einer Brachfläche in Wien Floridsdorf vertrieben hat, stehen wir auf der Straße. Wir wissen nach wie vor nicht vom wem die Räumung überhaupt beantragt wurde, die Polizei verweigert diesbezüglich mit Hinweis auf Datenschutz jegliche Auskunft. Für die Räumung wurde eine Verordnung nach §37 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz erlassen, in der es lediglich heißt, der "Besitzer" habe die Auflösung der Besetzung verlangt. Unsere Recherchen ergaben jedenfalls, dass die derzeitigen Besitzverhältnisse des Grundstücks alles andere als eindeutig sind. Sowohl Eigentümer als auch Mieter gaben uns gegenüber an, die Polizei nicht mit der Räumung beauftragt zu haben.

Die folgenden zwei Nächte verbrachten wir an der Gehsteigkante. Die Cops machten uns auch dort von Anfang an klar, dass wir uns gefälligst in Luft aufzulösen haben, andernfalls würden sie beginnen die untypisierten Hänger abzuschleppen. Also übersiedelten wir am Mittwoch in eine Straße am Ende der Stadt, gleich neben dem hübschen alten :: Gaswerk Leopoldau (welches nebenbei bemerkt auch seit Jahren leersteht und vor sich hin rottet). Nicht nur angesichts des deutlichen Gasgeruchs in der Luft verzichteten wir auf das Entfachen unserer Feuertonnen. Wir wollten dort, fernab jeglicher bewohnter Flächen, in Ruhe überlegen wie es weitergehen kann. Daraus wurde nichts, denn schon am nächsten Tag in der Früh bekamen wir Besuch von gleich mehreren Bullen und dem Herrn Lett vom Verfassungsschutz. Diese gaben vor, es mit uns nur gut zu meinen. Allen ernstes taten sie so, als ob sie gerade auf Grundstückssuche für uns wären und liefen eifrig telefonierend auf und ab. Der Herr Lett vom LVT meinte uns sogar noch einen Gefallen zu tun, indem er uns die Untersagung der Kundgebung, welche wir für diesen Tag angemeldet hatten, persönlich zustellen wollte. U.a. wurde diese Untersagung damit begründet, dass unsere Wägen eine Gefährdung für Grünflächen darstellen, die offenbar in dieser Stadt mittlerweile wichtiger sind als die Versammlungsfreiheit. Informell richtete uns der Herr Lett dann noch aus, dass wir mit technischen Überprüfungen unserer Fahrzeuge zu rechnen haben für den Fall, dass wir dennoch demonstrieren gehen würden. Eine dementsprechende Anweisung sei bereits an die Verkehrspolizei ergangen. Und im übrigen sollten wir ihm doch dankbar sein, dass er uns überhaupt darüber informiert, denn dienstlich sei er dazu gar nicht verpflichtet...

Kurz gesagt: wir waren fassungslos über diese unverhohlenen Drohungen. Während wir noch überlegten wie damit umgegangen werden soll, kamen laufend weitere Polizeiwägen an. Als zu Mittag gerade einige von uns weg waren, sahen sie offenbar einen günstigen Moment für weitere Schikanen, begannen an den parkenden Wägen Fahrzeugkontrollen durchzuführen. Als eine Person dies verweigerte, eskalierten die Bullen die Situation und nahmen drei Personen in Gewahrsam. Eine der Festgenommenen wurde dermaßen brutal behandelt, dass sie auf den Armen und im Gesicht blaue Flecken davon trug. Etwa zur gleichen Zeit wurde eine andere Person aufgefordert mit ihrem Wagen zur KFZ-Prüfanstalt mitzufahren (was am Ende gut ausging da kaum Mängel gefunden wurden). Aufgrund der Abgeschiedenheit des Ortes gab es für all das keine Zeugen und die Cops ließen ihrem Hass dementsprechend freien Lauf.

Danach konzentrierten wir uns erst mal auf die Freilassung der Gefangenen und mobilisierten zur Wachstation. Die Verhafteten gaben über Stunden ihre Identitäten nicht Preis und sorgten damit für ordentlich Unmut bei den Bullen, da diese offenbar nicht damit gerechnet hatten sich durch ihre Aktion selbst soviel Arbeit aufzuhalsen. Gegen Mitternacht waren dann alle samt ihren Wägen wieder entlassen, natürlich ausgestattet mit den obligatorischen, saftigen Verwaltungsstrafen. Gegen Abend wurde der letzte verbliebene Bullenwagen abgezogen und danach wurde es ruhig.

Der nächste Kontakt mit den Cops fand so gegen 9:00 morgens statt. Im Grunde stellten sie aber nur fest, dass wir uns nach wie vor nicht in Luft aufgelöst haben.

Wir vermuten hinter der Repression gegen uns den politischen Willen der Stadt. Offenbar will sich in Wahlkampfzeiten niemand die Finger verbrennen an einem unbequemen Thema. Nach Jahren der Verhandlungen und des Dialogs haben wir wiedermal die Schnauze gestrichen voll. Nichts hat sich an unserer Situation geändert sowie an der Tatsache, dass nach wie vor reichlich ungenutzte Brachflächen in dieser Stadt vorhanden sind. Wir werden weiterhin besetzen und neue Orte schaffen an denen autonomes Wagenleben möglich ist.

Danke an alle die uns bisher unterstützt haben. Entschuldigung an alle die von unserer anfangs mageren Informationspolitik irritiert waren, wir arbeiten daran. Unter https://indy.im/pampacampa könnt ihr den Liveticker nachlesen und auch weiterhin den aktuellen Stand der Dinge erfahren. Alle die in Wien sind laden wir ein uns zu Besuchen, Aktionen zu planen, bei der Stadt anzurufen, sich zu beschweren, usw. Natürlich freuen wir uns auch über Unterstützung von außerhalb, sei es in Form von Soli-Aktionen oder durch Wägler_innen die sich uns anschließen wollen. Wir stellen uns auf anstrengende Wochen ein...


Unterstützer_innentreffen


An alle die was tun wollen aber nicht genau wissen was, oder sich einfach fragen was bei uns grad so abgeht: Kommenden Dienstag, also am 10.09.2013 um 18:00, wird es ein Unterstützer_innentreffen geben. Ort: Medienwerkstatt im EKH (Wielandgasse 2-4, 1100 Wien).

Und für alle, die der Wagentruppe schon zuvor einen Besuch abstatten wollen: diese befindet sich derzeit in der Petritschgasse (siehe :: openstreetmap.org, von der U1 Endstation Leopoldau ist es noch ein Stück die Thayagasse stadtauswärts bis zur Petritschgasse).

Quellen :: linksunten.indymedia.org vom 06. Sep 2013 und :: 03. Sep 2013 , :: treibstoff.wagenplatz.at und :: indy.im/pampacampa.