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[ 13. Sep 2003 ]

OGH: Strassers Bundesbetreuungsrichtlinie ist rechtswidrig!

Der Oberste Gerichtshof hat die umstrittene Asylrichtlinie zu Fall gebracht, mit der ab Oktober 2002 AsylwerberInnen aus zahlreichen Staaten von der Bundesbetreuung in Österreich ausgeschlossen worden waren.

 

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat die heftig umstrittene Asylrichtlinie zu Fall gebracht, mit der ab Oktober 2002 AsylwerberInnen aus zahlreichen Staaten von der Bundesbetreuung in Österreich ausgeschlossen worden waren. Laut dem OGH-Beschluss ist der Erlass des Innenministeriums gesetzlich nicht gedeckt, da er Ausschluss von Asylwerbern aus bestimmten Staaten unsachlich und gleichheitswidrig ist.

AuslÃŒser war der Fall einer Georgierin, die im Frühjahr mit ihren beiden Kindern im Alter von vier Monaten und zwei Jahren aus der Bundesbetreuung entlassen wurde. Die Frau klagte gegen diese Entscheidung, was vom Erstgericht mit der Begründung abgewiesen wurde, es gebe keinen klagbaren Anspruch auf Bundesbetreuung. In zweiter Instanz wurde ihr dieser Anspruch allerdings sehr wohl zuerkannt, wogegen das Innenministerium wiederum Berufung einlegte. Damit ging s zum Obersten Gerichtshof, der der Georgierin nun einen "vor Gericht durchsetzbaren Anspruch auf Bundesbetreuung" zuerkannte.

Zahlreiche private und kirchliche Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen machten mit der Kampagne "Existenzsicherung von Flüchtlingen" öffentlich auf die unhaltbare Situation einer zunehmend steigenden Zahl von obdachlosen, unversorgten Flüchtlingen aufmerksam. Sie setzen sich ein für Unterkunft, Gesundheitsversorgung, Verpflegung und Betreuung für alle, die in Österreich Schutz vor Verfolgung suchen. Der Misstand war also bekannt, Strasser ignorierte lediglich die bereits vorangegangene OGH Entscheidung, nun muss er handeln.

Strasser befürchtet auf einen Schlag rund 20.000 Asylwerber in Bundesbetreuung aufnehmen zu müssen und damit Mehrkosten von zwölf Millionen Euro pro Monat. Angesichts der unmittelbar bevorstehenden Umsetzung der EU-Richtlinie, durch die Österreich zur Grundversorgung aller AsylwerberInnen verpflichtet ist, hätte Minister Strasser schon lÀngst rechtliche und budgetÀre Voraussetzungen dafür schaffen müssen.

Strasser befürchtet weiters, dass Österreich "die erste Adresse für WirtschaftsFlüchtlinge" werde und fühlt sich selbst von EU bürgerInnen bedroht, die vielleicht aufgrund der lukrativen Unterbringung in Flüchtlingslagern in Österreich um Asyl ansuchen würden. FP-Sicherheitssprecherin Helene Partik-Pabl"© sieht es ähnlich: "Das ist praktisch eine Aufforderung an alle, sich in Österreich kostenlose Unterkunft und Verpflegung während eines Asylverfahrens zu verschaffen."

Strasser kündigte am Rande der EU-Ministerkonferenz in Rom an, die Verordnung sofort aufzuheben. Ute Bock hat dem Innenministerium am Montag, 15.9.03 eine Liste mit den Namen von 800 obdachlosen Flüchtlingen übergeben, damit "bei der Unterbringung künftig niemand vergessen wird". Sie betreut in 25 Wohngemeinschaften rund 100 Asylwerber, die sonst obdachlos Wären. Weiteren 800 Flüchtlingen stellt sie eine Postadresse zur Verfügung.

Wird der OGH-Beschlusses ohne erhebliche Aufstockung finanziellen Ressourcen umgesetzt, ist zu befürchten, daß ein Teil der AsylwerberInnen wiederum von Unterstützung ausgeschlossen wird oder die Unterbringung und Verpflegung menschenwürdigen und gesundheitlichen Kriterien nicht genügt.

Schon vor der nun gekippten Asyl-Richtlinie hat das Ministerium versucht, möglichst viele Menschen NICHT unterzubringen mit dem Argument, sie seien nicht hilfsbedÃŒrtig. Der Besitz eines Wertkartenhandys war bereits ausreichendes Indiz, dass sie als "nicht mittellos" bezeichnet und damit von der Bundesbetreuung ausgeschlossen wurden, obwohl im Gesetz eine klare Einkommensgrenze (309 Euro pro Monat) vorgesehen ist.