Eine Aussendung des Amerlinghauses vom 30.04.2014. Die zukünftige Existenz des Kulturzentrums ist ernsthaft gefährdet, Unterstützung ist notwendig!
Eine Aussendung aus dem :: Amerlinghaus
Kulturzentrum im Amerlinghaus vor dem Aus!?
Der Fortbestand des Kulturzentrums Spittelberg im Amerlinghaus ist akut gefährdet.
Da die Förderung seitens der MA 13 (Jugend und außerschulische Bildung) bereits in den letzten Jahren so stark reduziert wurde, dass sie nur noch die Grundkosten abdeckt, steht das Kulturzentrum infolge der am 29. April im Gemeinderat beschlossen 60%igen Subventionskürzung vor der Situation, seinen Betrieb nun endgültig einstellen zu müssen.
Vorgeschichte und aktuelle Situation:
Bis Mitte März wurden wir in der Annahme bestärkt, dass nach Jahren zäher Verhandlungen und fehlender Planungssicherheit 2013 ein Konsens mit der Gemeinde Wien erreicht worden sei und die Subvention heuer zwar extrem spät, aber zumindest im Ausmaß der ausverhandelten Grundkosten beschlossen würde.
Nach zweijährigen Verhandlungen unter Einbeziehung von MA 13, SPÖ und Grünen wurde 2012 die Einigung erzielt, dass künftig ein Förderantrag nur mehr auf Basis der Grundkosten eingebracht wird. Die ausverhandelte "Grundkostensubvention" umfasst Miete, Energie und Personalaufwand laut dem festgestellten Mindeststand von einer Vollzeitkraft (Reinigung) und drei Teilzeitkräften (zwei Kolleginnen Büro und Koordination, eine Kollegin Arbeit mit der Generation 50+). Weiters gab es eine Einigung, dass der Verein im Rahmen eines gleichzeitig vorgelegten neuen Konzeptes für sämtliche darüberhinausgehende, laufende Kosten, der Projekt- und Betreuungsaufgaben, Telefon und Internet, Kopierpapier aufkommen wird.
Die vom Verein vorgelegte Neukonzeption wurde seitens der MA 13 gewürdigt und beinhält, dass die Gruppen sowohl durch ihre Tätigkeiten wie durch ihre Kostenbeiträge den gesamten Projektaufwand des Hauses abdecken.
Am 26. März hat nach langem Insistieren von unserer Seite endlich ein Gespräch zwischen der Leiterin der MA 13, Mag.a Bauer-Sebek, mit unserem Obmann stattgefunden, bei dem sie ihm immer noch keine Informationen in Bezug auf die Höhe der Förderung gab, allerdings vage ohne nähere Angaben erstmals von einer Kürzung sprach.
Am 31. März mussten wir dann aus der U-Bahnzeitung "Heute" erfahren, dass die Stadt die Subvention von 245.000,- um 60% auf 113.000,- kürzen wolle. Und davon sollen noch 60.000,- Euro direkt an die GESIBA (zu 99,97 % im Eigentum der Stadt Wien) überwiesen werden statt an den Verein.
So unglaublich das auch erscheinen mag, es wurde tatsächlich in der folgenden MA13-Ausschusssitzung ein Beschluss dieses Inhalts in Bezug auf die Subvention für das Kulturzentrum im Amerlinghaus zur Vorlage für den Gemeinderat gestellt und in der Gemeinderatssitzung am 29. April beschlossen.
Das Argument seitens der MA 13 für ihr Vorgehen, die Miete zur Gänze direkt an die Gesiba (zu 99,97 % im Eigentum der Gemeinde Wien) zu bezahlen, dass die Dezember-Miete von 5.000,- € nicht bezahlt wurde, kann nur als fadenscheinig bezeichnet werden: Bei der Gesiba wurde bezüglich dieser Miete eine Stundung beantragt, die vom Vorstand auch der MA 13 gegenüber ausführlich begründet wurde. Denn erstens konnte im Vorjahr bei der Gesiba eine jährliche Mietreduktion im selben Ausmaß von 5.000,- erwirkt werden und zweitens wird für das Jahr 2013 auch noch ein Betriebskostenguthaben von über 5.000,- fällig. Darüber hinaus verfügt die Gesiba über einen Reparatur- und Instandhaltungstopf für das Amerlinghaus mit rund 200.000,- €, zurückgelegt von den Zahlungen des Kulturzentrums, während seit Jahren notwenige Renovierungen nicht durchgeführt werden.
Mit dem Gemeinderatsbeschluss vom 29. April 2014 steht das Kulturzentrum im Mai vor dem Aus.
Per 30.04. ist das erste Drittel des Jahres um, es ist also ein Drittel der Kosten angefallen, konkret rund 80.000,- Euro für Personalkosten, Energiekosten, Büro-Infrastruktur, Sachversicherungen, Reparaturen und Instandhaltungen.
Im budgetierten Betrag enthalten sind anteilige Mieten von 20.000,- Euro bis Ende April. Der Beschluss des Gemeinderats verlangt allerdings, dass die volle Jahresmiete von 60.000,- sofort an die Gesiba überwiesen wird.
Das bedeutet, dass per 30.04. Ausgaben von ca. 120.000,- Euro zu verbuchen sind. Bei einer Subventionszusage von 113.000,- per 29.04. stellt das den Verein vor ein existentielles Problem. Spätere Verhandlungen über weitere, dem Verein in der Höhe nicht bekannte, Zuwendungen könnten zu spät sein.
Während die MA13 direkt und im Voraus die Mietforderungen der Gesiba bedienen will, bleiben dem Kulturzentrum 53.000,- für Kosten für Betrieb und Personal von Jänner 2014 bis zum jetzigen Zeitpunkt. Es liegt auf der Hand, dass dies das Aus für das Kulturzentrum in seiner jetzigen Form bedeutet, sowohl für die Angestellten, die gekündigt werden müssen, als auch für über 60 Initiativen, die im Zentrum aktiv sind.
Daran ändern auch von MA13 geäußerte vage Andeutungen nichts, dass es "bei Wohlverhalten" noch weitere Gelder geben sollte. Wir können eine Weiterarbeit nicht auf Basis von vagen Andeutungen planen.
Entweder bekennt sich die Gemeinde Wien zum Kulturzentrum und stellt wieder eine Planungssicherheit her, oder es ist klar, dass die Rot-Grüne Koalition das Kulturzentrum nach 36 Jahren abschaffen will.
Indem an die Gesiba gezahlt werden soll, während das Kulturzentrum in den Ruin getrieben wird, liegt die Vermutung nahe, dass die Gemeinde längst etwas anderes mit dem Haus in exklusiver Lage vorhat.
Derzeit nutzen rund 60 unterschiedliche Gruppen das Kulturzentrum Amerlinghaus regelmäßig. Darüber hinaus werden die Räumlichkeiten von einem breiten Kreis an zivilgesellschaftlichen Akteur_innen punktuell als Ort des sozialen Engagements und Austauschs verwendet. Das Haus hat eine Nutzer_innenfrequenz von rund 50.000 Menschen im Jahr.
Gesellschaftspolitisches Engagement braucht Räume, die niederschwellig zugänglich und administrativ gut koordiniert sind. Solche Räume gibt es leider auch in Wien immer weniger, obwohl der Bedarf hoch ist. Angesichts der steigenden Prekarisierung vieler zivilgesellschaftlicher Akteur_innen und eines zunehmend exkludierenden Immobilienmarktes ist für ein solches Zentrum eine Finanzierung über kommerzielle Raumvergabe keine Alternative. Vielmehr braucht es neben dem umfangreichen unbezahlten Engagement eine finanzielle Grundausstattung, die mit den bislang im Haushalt 2014 vorgesehenen Mitteln nicht mehr gegeben wäre.
Gerade die Vielzahl und Heterogenität der Gruppen und Initiativen, die das Amerlinghaus nutzen, erfordert eine professionelle interne Verwaltung sowie Planungssicherheit. Die Stadt Wien ist international durchaus angesehen aufgrund ihrer Ansätze von sozial inklusiver und nachhaltiger Stadtentwicklung. Dazu gehören insbesondere auch Zentren wie das Amerlinghaus, das über 36 Jahre aufgebaut wurde, von den unterschiedlichsten Nutzer_innen angenommen wird und mit einem Minimum an Regeln als solidarische, stärkende Struktur funktioniert. Demokratie ist angewiesen auf ein starkes und engagiertes zivilgesellschaftliches Umfeld.
Dies gilt umso mehr in Zeiten, in denen politische Repräsentation schwieriger und von rechts-populistischen Kräften unheilvoll politisiert wird. Das führt zu weiterer Entdemokratisierung, der es entgegenzutreten gilt. Räume gesellschaftlicher Teilhabe und Involvierung sind dafür unverzichtbar - sie müssten sogar ausgebaut werden. Wie andere Orte auch, benötigt ein für die Stadt Wien bedeutsamer Ort wie das Kulturzentrum Amerlinghaus für seinen stabilen Betrieb eine finanzielle Grundausstattung und Planungssicherheit. Wir fordern, diese für die Stadt so wichtigen zivilgesellschaftlichen Räume dauerhaft finanziell abzusichern und von Kürzungen abzusehen. Der politische Schaden wäre groß und langfristig.
Das wollen wir verhindern.
Gegenwärtig sind wir dabei, die Öffentlichkeit zu informieren, um gegen die Zerschlagung des Kulturzentrums im Amerlinghaus zu protestieren.
Weitere Infos zu Aktionen und Unterstützungsmöglichkeiten auf:
www.amerlinghaus.at und
https://www.facebook.com/kulturzentrumspittelberg.amerlinghaus?fref=ts
Die Zerschlagung, Aushungerung, Räumung, Unsichtbarmachung von widerständig-unbequemen Zentren, in denen kritische und solidarische Gesellschaftsentwürfe in die Praxis umgesetzt werden, ist ein Angriff auf uns alle.
Das Kulturzentrum im Amerlinghaus ist kein Einzelfall!
Es kann nicht sein, dass für Einrichtungen, die nicht der neoliberalen Verwertungslogik entsprechen, immer weniger Mittel zur Verfügung gestellt werden. Nicht- kommerzielle Freiräume sind bedroht, bestehende werden ausgehungert, verkauft und abgerissen, Versuche neue Räume zu öffnen werden torpediert.
Wir meinen, dass es im öffentlichen Interesse liegt, vielfältige kritische Denk-, Handlungs-, Lebens- und soziale Räume zu erhalten.
Wir brauchen mehr und nicht weniger Freiräume und soziale Zentren.
Gegen die Kommerzialisierung des öffentlichen Raums!
Für das Recht auf Stadt!
Kulturzentrum im Amerlinghaus bleibt!