Fast drei Jahre nach dem Tod von Marcus Omofuma findet ab 4. März 2002 am Landesgericht Korneuburg bei Wien der Prozess gegen drei Fremdenpolizisten statt. Die Beamten hatten Marcus Omofuma am 1. Mai 1999 im Zuge einer Abschiebung nach Nigeria mit Klebeband an den Sessel des Flugzeuges gebunden und den Mund verklebt. Er erstickte im Gewahrsam der Polizei. Marcus Omofuma ist kein Einzelfall!
Rassismus tötet!
Die Anklage gegen die drei Fremdenpolizisten lautet auf "Quälen eines Gefangenen mit Todesfolge". Der Strafrahmen reicht von einem bis zu zehn Jahren Haft.
Verhandelt werden soll am 4., 6., 7., 11., 13. und 14. März, sowie am 10., 11. und 15. April. Der Prozess gegen die drei Fremdenpolizisten wird beobachtet. Aktuelle Berichte von den einzelnen Prozesstagen wird es auf deutsch und englisch unter www.no-racism.net und auf Radio Orange 94.0 MHz in Wien geben.
Die Vorgeschichte
Am Samstag, dem 1. Mai 1999 starb Marcus Omofuma. Er wurde von drei Fremden-polizisten begleitet, die den Auftrag hatten, ihn außer Landes zu schaffen. Dazu wurde Marcus Omofuma von ihnen mit Klebeband an den Sessel gebunden und ihm der Mund und Teile der Nase verklebt. Er erstickte noch vor der Zwischenlandung in Sofia. Marcus Omofuma wurde Opfer der rassistischen Politik Österreichs und der EU. Das einzige Vergehen, dessen sich Marcus Omofuma "schuldig" gemacht hatte war, illegalisiert in Österreich zu sein.
Bereits wenige Stunden nach Bekanntwerden des Todes kam es zu spontanen Demonstrationen. In den folgenden Tagen und Monaten gab es breite Proteste von ImmigrantInnen und MehrheitsÖsterreicherInnen. Gefordert wurde der sofortige Rücktritt der verantwortlichen PolitikerInnen und Beamten, die Einführung von Antidiskriminierungsgesetzen, der sofortige Stopp aller Abschiebungen und die Abschaffung aller rassistischen Gesetze.
Operation Spring
Die repressive Antwort des Österreichischen Staates auf die lautstarken Proteste gegen die Österreichischen Abschiebemethoden, die Polizei und den damaligen Innenminister Karl Schlögl blieb nicht aus. Am 27. Mai und 27. September 1999, jeweils kurz vor Wahlen, fanden Österreichweit Razzien statt. Beinahe 200 Menschen, großteils afrikanischer Herkunft, wurden mit fadenscheinigen Beweisen als DrogenhändlerInnen kriminalisiert. Unter ihnen auch einige antirassistische AktivistInnen. Die Konsequenz war, dass die öffentlichen Aktivitäten von ImmigrantInnen gegen staatlichen Rassismus schnell wieder zurückgingen. Diese Praxis wird von der offiziellen Politik, den kommerziellen Medien und weiten Teilen der Bevölkerung getragen bzw. akzeptiert. Neben der Operation Spring fanden eine Reihe weiterer rassistischer Razzien statt.
Kein Einzelfall
Der Tod von Marcus Omofuma im Zuge einer zwangsweisen Deportation ist kein Einzelfall. Der Europarat hält in einem Bericht fest, dass in ländern der EU seit 1998 mindestens 10 Personen im Zuge zwangsweiser Deportationen ums Leben gekommen sind. Die Folgen für deportierte Personen in den Zielländern sind hier nicht miteinbezogen. Im Bericht werden besonders jene Praktiken kritisiert, bei denen die Atemwege teilweise oder vollständig verlegt werden, aber auch Knebelungen mit Klebeband, die Verwendung von Gift- oder Reizgas, Verabreichung von Beruhigungsmitteln gegen den Willen der Betroffenen, jede Form der Fesselung außer mit Handschellen an den Handgelenken sowie das Tragen von Masken oder Kapuzen durch begleitende Beamte. Laut Bericht sind auch Übergriffe durch Exekutivbeamte keine Einzelfälle. In einem Beschluss der parlamentarischen Versammlung des Europarates wird ein grundsätzliches Verbot willkürlicher und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung bei Abschiebungen gefordert. Zu einem Verbot von Zwangsabschiebungen konnten sich die Mitgliedstaaten nicht durchringen. Diese bauen vielmehr mit nationalstaatlich umgesetzten gesetzlichen Regelungen der Europäischen Abschottungs- und Ausgrenzungspolitik die Mauern der Festung Europa.
für die Freiheit von Bewegung
Alle Menschen, die sich hier aufhalten, sollen gleiche politische und soziale Rechte haben - unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, sozialem Status und Geschlecht. Differenzierende Instrumente wie Schubhaft und Deportationen, rassistische Gesetze und Praxen können nicht verbessert, sondern nur verhindert und abgeschafft werden. Sie sorgen dafür, dass Menschen ausgegrenzt werden und andere davon profitieren. Rassismus liegt ihnen existenziell zu Grunde. Abschiebungen unmöglich zu machen, sowie Flüchtlinge und MigrantInnen aktiv zu unterstützen, ist Teil zivilen Ungehorsams gegen institutionalisierten Rassismus und praktische solidarität mit verfolgten Menschen.