Jährliche Tagung von Flüchtlings-NGOs und ExpertInnen in Linz endet mit Appellen an die Politik. Aussendung vom 16. Nov. 2016.
Linz - "Unsere Arbeit wird durch permanente Gesetzesverschärfungen massiv beeinträchtigt", das ist der Tenor bei der jährlichen Tagung der MitarbeiterInnen von Flüchtlings-NGOs, dem Asylforum in Linz. Kritisiert wurde, dass die Schließung von Grenzen für Flüchtlinge, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Grundrechtecharta verbrieften Rechte verletzt. "Österreich kann sich nicht mit einer Notverordnung, die jederzeit in Kraft gesetzt werden könnte, aus seiner menschenrechtlichen Verpflichtung stehlen", lautet die Kritik der NGOs an der jüngsten Asylrechtsänderung.
Das Zurückweisen von Flüchtlingen bis in die Türkei und der von der EU vereinbarte Deal zur Rückübernahme von Flüchtlingen ist nicht nur rechtlich problematisch, bisher hat sich die Vereinbarung auch in der Praxis nicht bewährt; das ging aus dem Vortrag eines Asylrechtsexperten aus der Türkei klar hervor. Erschütternd war der Situationsbericht von Salinia Stroux, Mitarbeiterin von welcome2europe, über die katastrophale Versorgungslage von Flüchtlingen in Griechenland, die in Internierungslagern, den sogenannten hotspots auf den griechischen Inseln festsitzen und der enormen Wartezeit, bis sie sich dort als Flüchtlinge registrieren können. Die Antworten der EU-Institutionen, die von der Vertretung der europäischen Kommission in Österreich präsentiert wurden, war geprägt von Ratlosigkeit und stellen keine der angespannten Situation adäquate Reaktion dar, war Konsens unter den TeilnehmerInnen des Asylforums.
In einer in Österreich brisanten Frage ist der Europäische Gerichtshof bereits aktiv geworden und prüft derzeit, ob Dublin-Abschiebungen nach Kroatien europäisches Asylrecht verletzt. Für Öffentlichkeit hat der Widerstand gegen die Abschiebungen zahlreicher zivilgesellschaftlicher Initiativen gesorgt. Thematisiert wurde das Zusammenwirken von ehrenamtlichen Unterstützern und RechtsberaterInnen von NGOs.
Ein brennendes Thema ist die Streichung oder Kürzung von Sozialleistungen an Schutzberechtigte. Die Einbrüche in den verschiedenen Bereichen wurden von UNHCR präsentiert. Die Organisatoren der Konferenz, Diakonie, volkshilfe, Integrationshaus, SOS Mitmensch und asylkoordination waren sich darüber einig, dass der Kahlschlag bei der Mindestsicherung gestoppt werden muss. Die Organisationen richten einen Appell an die niederösterreichische Politik, nach dem Aus für Mindestsicherung für subsidiär Schutzberechtigte nun auch eine Arbeitsverpflichtung für Mindestsicherungsbezieher nicht zu beschließen.
Diskutiert wurden Möglichkeiten, rechtlich gegen reduzierte Sozialleistungen für Schutzberechtigte vorzugehen, wenn nötig auch unter Anrufung der europäischen Gerichte. Diese sich in den Bundesländern ausbreitende Tendenz zur Streichung von bedarfsorientierter Mindestsicherung rückgängig zu machen, zu stoppen.
Weitere Vorträge und Arbeitskreise widmeten sich brennenden Themen der Flüchtlingsbetreuung, so etwa der Suche nach leistbarem Wohnraum und der Feststellung und Anerkennung im Herkunftsland erworbener beruflicher Kompetenzen.
Die 250 TeilnehmerInnen verschiedener NGOs nehmen von der Tagung in Linz wertvolle Impulse für ihre tägliche Arbeit mit.