Der "Integrations - Vertrag" als restriktiver Teil des Zuwanderungs - Konzepts der FPÖVP - Regierung, die den MigrantInnen "bis in die dritte Generation" Deutsch- und andere Kurse aufoktroyieren will.
Seit vierzig Jahren scheiden sich die Geister der local people in einer ans Absurde grenzenden Debatte um die so genannte Integration von MigrantInnen in Österreich. Nun, seitdem klar ist, dass die Migration nach Österreich nicht gestoppt werden kann, belauern dÃŒmmliche KommentatorInnen vom FeldherrenhÃŒgel der Migrationsexpertisen herab das Schlachtfeld der Integrationsmaßnahmen. An Munition fehlt es ihnen nicht, werden sie doch dafür bezahlt, den ZeitungsleserInnen geistige Banalitäten zu liefern. Und nun bringt ausgerechnet der böse Kasperl Peter Westenthaler, seines Zeichens FPÖ-Fraktionsvorsitzender, dem sein eigener Name Hojac zu slawisch klang und der als Sprachrohr des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider gilt, einen neuen strategischen Vorschlag in die Debatte ein: den Integrationsvertrag.
Es handelt sich um den restriktiven Teil des Zuwanderungskonzepts der FPÖVP-Regierung, die den MigrantInnen "bis in die dritte Generation" Deutsch- und andere Kurse aufoktroyieren will.
Diese fügt sich in das rassistische Gesamtbild, wenn wir bedenken, dass die anderen, in die Öffentlichkeit durchgesickerten Teile dieses Konzeptes der "Gesundheitscheck" für MigrantInnen, weiters die von den Bundesländern selbständig initiierbaren Migrationsverträge mit den Nachbarnländern oder die uneingeschränkte Förderung des Saisoniersmodells beinhalten sollen.
Aus diesem Vorschlag die Position der Wirtschaftskammer heraus zu hören und wohl auch die des Koalitionspartners ÖVP, der im Frühling ein Bonussystem für gehorsame MigrantInnen beschloss, fällt nicht schwer. Die Wirtschaftskammer steht in der Frage der Nützlichkeit junger, kräftiger, disziplinierter und womöglich gut ausgebildeter MigrantInnen auf der Linie der deutschen Zuwanderungskommission. Dass die Option Einwanderungsland in Deutschland politisch stärker gewichtet wird, zwingt auch die GenerÀle in der Wiener Hofburg, zumindest symbolische Zugeständnisse zu machen. über Nacht wurde die Öffentlichkeit genötigt, sich mit dem schleichenden Halbzugeständnis der rechtsrassistischen Regierung, dass Österreich doch ein Einwanderungsland sei, auseinanderzusetzen; vorbei die Zeit, in der mit Verweis auf die überfremdung einzig und allein die polizeilichen Repressionen bejubelt werden konnten. Vor diesem Hintergrund ist der Mitte August lancierte Vorschlag eines Integrationsvertrages ein interessanter Schachzug.
Durchaus gelegen dürfte den Regierungsstrategen sein, dass für den Vollzug des den MigrantInnen aufoktroyierten Vertrages nicht die Fremdenpolizei zuständig sein soll, sondern PÀdagogInnen, vor allem DeutschlehrerInnen, deren vornehme Aufgabe darin bestehen wird, am engmaschigen Netz der Disziplinierungsmaßnahmen, genannt Integration, weiter zu weben.
NÃŒchtern betrachtet, ändert diese neuerliche Zwangsmaßnahme nicht viel an der Substanz des Konfliktes. Institutionelles Zentrum für jede Verständigung über die Disziplinierung von MigrantInnen bleibt, bedingt durch das Österreichische System korporatistischer Sozialpartnerschaft, die außerparlamentarische Paritätenkomission, die Wirtschaftskammer und der Gewerkschaftsbund, - und nicht die Regierungskoalition. Hier ist - trotz des eklatanten Machtverlusts des Gewerkschaftsbundes im letzten Jahr - keine Änderung der seit Jahrzehnten betonierten Positionen bemerkbar. Die Wirtschaftskammer bevorzugt wie eh und je leicht kontrollierbare, leibeigene Arbeitskräfte, und der Gewerkschaftsbund kommt dem mit seinem Protektionismus entgegen. Da die Gewerkschaften MigrantInnen nicht als ihr Klientel begreifen, würden sie sie am liebsten aus Österreich wegdenken. Eine Haltung, die genauso wie die Ablehnung der EU-Erweiterung, durchaus große Zustimmung von Haider geerntet hat. Den Preis dieser Unbeweglichkeit bezahlen die MigrantInnen. Sie würden sich gerne von ihrer jetzigen Position, ManÃŒvrierpotenzial zu sein, mit der Erlangung des Wahlrechtes entfernen. Vorerst jedoch erweitern sich die Kontrollmechanismen um einige Kurse (Deutsch und andere FÀcher wie Österreichkunde), für die sie, folgerichtig nach dem Rat eines Kommentators in einer liberalen Zeitung, selber zahlen müssen.
Ljubomir Bratic in Jungle World Nr.37, 05.09.2001, S13