Heute, am 30. Juli 2018, traf sich in Genf die Europäische Kommission mit UNHCR und IOM. In einem offenen Brief an den UNHCR zeigen sich mehrere NGOs besorgt über die mögliche Rolle des UNHCR, als Exekutivorgan der europäischen Migrationspolitik zu fungieren - trotz bestehender menschenrechtlicher Bedenken.
NGOs zeigen sich in offenem Brief besorgt angesichts aktueller Haltung des UNHCR in der europäischen Migrationspolitik
Heute hat Sea-Watch, zusammen mit anderen NGOs, darunter Ärzte ohne Grenzen und Pro Asyl, einen Offenen Brief an den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Filippo Grandi, veröffentlicht: “Innerhalb der letzten Wochen hat UNHCR wiederholt seine Bereitschaft betont, als Exekutivorgan der europäischen Migrationspolitik zu fungieren, trotz bestehender menschenrechtlicher Bedenken an dieser Politik. Wir betrachten die aktuelle Haltung des UNHCR mit Sorge.”
Der Offene Brief bezieht sich auf das heutige Treffen der Europäischen Kommission mit UNHCR und IOM in Genf. Zur gleichen Zeit befinden sich nun seit über 2 Wochen 40 Überlebende eines Schiffsunglücks an Board des tunesischen Handelsschiffs “SAROST 5”. Sie sollen nun vermutlich nach Tunesien gebracht werden – in ein Land, das nicht einmal ein Asylgesetz besitzt.
“Der Vorschlag von UNHCR zu regionalen Ausschiffungsplattformen ist ein weiterer Schritt zur Verlagerung der Verantwortung auf nordafrikanische Staaten, anstatt die rechtliche und humanitäre Verantwortung Europas anzuerkennen. Das ist inakzeptabel”, sagt Sophie Scheytt, Leiterin der politischen Öffentlichkeitsarbeit von Sea-Watch in Deutschland. “UNHCR ist ein zentraler Akteur des Flüchtlingsschutzes und sollte die europäischen Staaten an ihre Verantwortung gegenüber Geflüchteten erinnern. Wir fordern UNHCR auf, sich klar für den Schutz von Flüchtlingen einzusetzen. Die aktuelle Haltung des UNHCR erleichtert die tödliche Abschottungspolitik der EU.”
:: Der Offene Brief hier als PDF (englisch)
Appell an den UNHCR
In einer Pressemitteilung vom 30. Juli 2018 fordert Pro Asyl unbedingten Einsatz für Flüchtlingsrechte.
Anlässlich des heutigen Treffens mit Vertreter*innen der EU appellieren Seenotrettungs- und Menschenrechtsorganisationen in einem offenen Brief an den UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, sich gegen die jüngsten Pläne der EU zu »regionalen Ausschiffungsplattformen« zu stellen.
Mit den Plänen zu »regionalen Ausschiffungsplattformen« in Drittstaaten zeichnet sich eine weitere Eskalation in der Entrechtung Schutzsuchender ab. Das Konzept sieht vor, die lebensgefährliche Flucht nach Europa weitgehend zu unterbinden und so den Zugang zu Asyl auf europäischem Boden zu versperren. Umsetzender Partner für die »regionalen Ausschiffungsplattformen« soll neben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) auch das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) sein.
Der UNHCR ist das dem Flüchtlingsschutz verschriebene Organ der Vereinten Nationen. Seine Aufgabe ist es, den Schutz von Schutzsuchenden sowohl national als auch international zu verteidigen. Das Gegenteil ist in der vorgelegten Konzeption der »Ausschiffungsplattformen« der Fall. Die EU will ihre Verpflichtung zur Aufnahme von schutzsuchenden Personen nach Nordafrika auslagern. Trotz offener Fragen bezüglich der Einhaltung menschenrechtlicher Standards hat der UNHCR in den letzten Wochen die Bereitschaft gezeigt, sich operativ an den regionalen Ausschiffungsplattformen zu beteiligen.
Im Hinblick auf das heutige Treffen zwischen dem UNHCR und der Europäischen Union hoffen die acht unterzeichnenden Organisationen, dass der UNHCR die EU an ihre Verantwortung schutzsuchenden Personen gegenüber erinnert – eine Verantwortung, die nicht an Drittstaaten abgegeben werden kann.
Die unterzeichnenden Seenotrettungsorganisationen sind in der jüngsten Vergangenheit Opfer staatlicher Kriminalisierungsversuche geworden. Die Blockade der zivilen Seenotrettung hat dazu geführt, dass noch mehr Bootsflüchtlinge ihr Leben auf der Flucht nach Europa verloren haben. Die Organisationen rufen den UNHCR an, sich entschieden gegen die Einschränkung der Seenotrettung durch die EU und nationale Regierungen zu stellen. Es müssen sichere und legale Zugangswege nach Europa geschaffen werden. Das Asylrecht darf nicht ausgeschifft werden.
Der offenen Brief an Filippo Grandi :: hier als PDF (englisch)
Quellen :: sea-watch.org :: proasyl.de