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[ 05. Sep 2018 // letzte änderung: 30. Sep 2018 ]

Bürger*inneninitiative fordert Aufenthaltsrecht für neue „Familienmitglieder“

 Übergabe der Unterschriften an Parlamentspräsidenten - Foto: asylkoordination/Severin Dostal.

Am 4. September 2018 wurden 2700 Unterschriften für Bleiberecht an Parlaments- päsidenten Wolfgang Sobotka übergeben. Gefordert wird die gesetzliche Verankerung des Bleiberechts für in Familien integrierte Flüchtlinge im Asylrecht.

 

Die Initiative Sie sind Teil unserer Familie – Bleiberecht für in Familien aufgenommene Flüchtlinge hat am Nachmittag des 4. September 2018 Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka eine Petition übergeben. Gefordert wird eine Gesetzesänderung, die das Bleiberecht für in Familien integrierte Flüchtlinge ausdrücklich im Asylrecht verankert. 2.700 Personen haben den Gesetzesentwurf der Initiative innerhalb von zwei Monaten unterschrieben.

Es geht um einige hundert junge Menschen, die 2015 und 2016 nach Österreich geflüchtet sind. Viele ÖsterreicherInnen sind dem damaligen Aufruf, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen, gefolgt.
Aus der Unterstützung wurden enge Beziehungen. Die Beteiligten beschreiben das etwa so wie Andrea M aus Linz:

    „Mein Sohn ist zehn Jahre alt, er kennt M. seit er acht Jahre ist und für ihn ist klar: M. ist sein Bruder, der jetzt zu unserer Familie gehört. Mein Mann unterstützt mich in allen Belangen und für ihn ist auch klar, dass M. zu uns gehört.“
    M. sagt auf die Frage, was Andrea und ihre Familie für ihn bedeuten:
    „Es ist ganz einfach: Wenn ich weg müsste, würde ich ein zweites Mal meine Familie verlieren und das würde ich nicht schaffen.“

Ähnlich intensiv ist die entstandene Beziehung für einige hundert Familien, Paare, alleinstehende UnterstützerInnen.

Die Initiative Sie sind Teil unserer Familie fordert daher die konsequente Anwendung der für privat und/oder beruflich integrierte Flüchtlinge vorhandenen Bleiberechtsbestimmungen und schlägt dazu eine Verdeutlichung im bestehenden Gesetzestext vor.
Bereits jetzt werden in vielen Entscheidungen die vorhandenen Bindungen – ebenso wie übrigens auch vorhandene Lehrstellen – als ein schützenswertes Privat- und Familienleben gewertet. 955 AsylwerberInnen wurde heuer schon bescheinigt, dass ihre Abschiebung aufgrund ihrer fortgeschrittenen Integration ein zu tiefer Eingriff in ihr Menschenrecht auf Privat- und Familienleben wäre. Damit erhalten Sie eine Aufenthaltsberechtigung plus aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen.

„Es ist alles da“, sagt Marion Kremla von der asylkoordination österreich, die gemeinsam mit den Mitgliedern der Initiative Sie sind Teil unserer Familie den Gesetzesentwurf entwickelt hat. „Der so genannte Spurwechsel, der gerade in Deutschland diskutiert wird, ist in Österreich bereits möglich. Die gesetzlichen Grundlagen sind da. Man muss sie nur anwenden“

Damit jedoch eindeutig ist, dass auch ein solcherart „dazugewachsenes“ Familienleben ein schützenswertes Privat- und Familienleben darstellt, will die Initiative den bestehenden Gesetzestext mit einem Verweis ergänzen, dass auch jenen, die „eine einem Familienleben gleichkommende Beziehung zu ÖsterreicherInnen aufgebaut haben„ eine Aufenthaltsberechtigung plus zu erteilen ist – ungeachtet der Aufenthaltsdauer.

Ohne einen solchen Verweis, so die Initiative, ist die Entscheidungspraxis komplett uneinheitlich. Hier zwei Beispiele:
    „Mein Sohn und ich waren bei der Einvernahme anwesend. Ich vermeide es, mich daran zu erinnern, das Gefühl der Ohnmacht damals war schrecklich. Wir und unser Engagement wurden nicht einmal ignoriert.“ (E., Niederösterreich)

    „Nach 3 Wochen erhielt Mustafa traurige Gewissheit. Sein Ansuchen um Asyl wurde auch in zweiter Instanz negativ beschieden. Nichts, was für Mustafa sprechen konnte, fand sich in dem Erkenntnis. Kein Hinweis darauf, dass Mustafa seit einem Jahr bei unserer Familie wohnte, dass er Teil unserer Familie geworden ist! Knapp steht im Bescheid, dass er keine nennenswerte Beziehung zu ihm nahestehenden Personen hat. Wir sind in Angst um ihn, in Angst, dass die Polizei bei uns läutet und Mustafa vor den Augen meiner Kinder aus dem Haus zerrt.“ (D., Wien)

Die parlamentarische Bürgerinitiative wird nun im Petitionsausschuss behandelt. Es gab auch schon Gespräche mit Nationalratsabgeordneten um den Gesetzesentwurf als Initiativantrag im Parlament einzubringen.

Seit 14. September kann die Petition :: auf der Website des Parlaments online unterstützt werden.

Presseaussendung der asylkoordination vom 05. September 2018, :: asyl.at.