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[ 27. Jun 2000 // letzte änderung: 27. Jun 2000 ]

Prozessbericht 1.Tag

Bericht vom 27.6.2000

 

Bei der Drogenrazzia am 27./28. September 1999, also wenige Tage vor der Nationalratswahl wurde das Gesellenheim in der Zohmanngasse in den frühen Morgenstunden von der Polizei gesTürmt und 21 schwarze Jugendliche verhaftet. Heute fand die diesbezügliche Hauptverhandlung für 8 der Jugendlichen im Jugendgerichtshof in der Rödengasse statt. Allein der Anblick war eigenartig: ein weisses Gericht urteilt über 8 Schwarze. Eingeleitet wurde sie von folgenden Worten des Richters: Sie wissen, warum sie da sind, die Höchststrafe ist 15 Jahre, bei einem Geständnis kann es weniger werden. Die Jugendlichen werden vor allem von den Aussagen der anonymen Zeugen beschuldigt. Bei den morgigen ZeugInneneinvernahmen werden diese unter Ausschluß der Öffentlichkeit einvernommen. Weder Dolmetscherin noch Richter schienen die Jugendlichen in ihrer Situation verstehen zu wollen, es wurde ihnen teilweise offen unterstellt, allein mit dem Ziel des Drogenhandels nach Österreich gekommen zu sein. Die Dolmetscherin übersetzte sehr willkürlich, und nahm sich auch heraus, selbständig weiterzufragen. Die Lieblingsfrage des Richters bezog sich auf den Lebensunterhalt: Wovon haben sie damals gelebt?, die ich besonders zynisch empfand, da es für (jugendliche) AsylwerberInnen keine finanzielle Unterstützung und damals oft nicht einmal eine Unterbringung gab. wäre "Mama" Bock (die Heimleiterin) nicht so engagiert gewesen, sie unterzubringen und zu unterstützen, hätten sie nach dem Willen des Staates erfrieren oder verhungern können. Sie tritt morgen, mittwoch um 15 h in diesem Prozeß als Zeugin der Verteidigung auf; die gegen sie eingeleiteten Verfahren wegen Begünstigung, Weitergabe von Suchtmitteln, Bildung einer kriminellen Vereinigung, wurden kürzlich eingestellt. Weiters wollte der Richter von den Jugendlichen eine Begründung für den Besitz eines Handys, ÖsterreicherInnen werden deshalb wohl nicht gleich des Drogenhandels bezichtigt. Die interessierten VerteidigerInnen hatten es auch nicht leicht, ihnen wurden wenig Fragen zugestanden oder ihnen das Wort verboten. Auch die Jugendlichen hatten wenig zu reden: Nach der Beziehung zu einem Mitbewohner befragt, beginnt ein Jugendlicher ausfÃŒhrlich zu erzählen, und wird vom Richter unvermittelt angebrÃŒllt: Es reicht! Geben Sie kurze und präzise Antworten, das interessiert mich doch nicht!