Anlässlich des 100. Todestages von Theodor Herzl am 3. Juli benennt die Stadt Wien einen kleinen Platz im Stadtzentrum nach ihm. Neben der FPÖ machen auch linke antisemitische Gruppen gegen einen Theodor-Herzl-Platz in Wien mobil.
Ein bescheidener Platz ist es, der seiner Bedeutung als Intellektueller im Wien um 1900 nicht gerecht werden kann und gerade mal einen Steinwurf entfernt vom großen Lueger-Platz liegt, der einem antisemitischen Zeitgenossen Herzls gewidmet ist.
Herzl stand urspruenglich für die Integration und Assimilation der Juedinnen und Juden in ihre jeweiligen europaeischen länder. Er selbst fuehlte sich der "deutschen Kultur" verpflichtet. Als Korrespondent der "Neuen Freien Presse" in Frankreich erlebte er die ungeheure antisemitische Manifestation der französischen Bevölkerung anlässlich des Prozesses gegen den jüdischen Offizier Dreyfuß, der faelschlicherweise des Hochverrats beschuldigt wurde und zu lebendlanger Haft auf den Teufelsinseln in Französisch Guyana verurteilt wurde, unmittelbar mit.
Diese Erfahrung erschÃŒtterte Herzls Vertrauen in die integrativen Fähigkeiten der Europäischen Gesellschaften nachhaltig. Herzl begann sich fuer eine jüdische Emanzipation unabhängig vom Wohlwollen der Europäischen Mehrheitssubjekte stark zu machen. Er wollte die gängigen nationalistischen Konstitutionsideen bürgerlicher europäischer Staaten auch auf die juedische Subjektkonstitution anwendbar machen. Diese Ideen entsprachen dem damals hochmodernen Nationendiskurs. Diese Ideen versprachen gerade den ostEuropäischen Jödinnen und Juden, im Gegensatz zu den bereits emanzipierten westeuropaeischen Juden und Jödinnen, Aussicht auf eine moderne bürgerliche Existenz jenseits von Diskriminierung und permanenter Todesdrohung durch Pogrome.
Kaum ans Licht der Öffentlichkeit getreten, wurden diese Ideen sofort diskreditiert: was die MehrheitseuropäerInnen selbstverstaendlich fuer sich in Anspruch zu nehmen beabsichtigten, wollten sie Jödinnen und Juden grundsaetzlich verweigern. Die überwiegende Mehrheit der west- und zentraleuropaeischen Juden sah selbst keine Notwendigkeit fuer Herzls Ideen gegeben, da sie ihre Hoffnungen eben auf die integrative Kraft der buergerlichen Gesellschaft und ihrer Faehigkeit zur Anerkennung von Differenz gegeben sah. Sie erwarteten ein fortschreitendes Emanzipationspotential fuer das private buergerliche Subjekt. Die weitere Geschichte widerlegte diese Hoffnungen und gab Herzl Recht!
Dass sich die FPÖ und antisemitische Bevölkerungsteile gegen Herzl wenden, wird der obige Abriss folgerichtig. Wenn sich aber auch Kräfte, die sich als links verstehen, diesen Haltungen anschließen, ist das eine politische Katastrophe. Herzl ist eine bedeutende Österreichische politische persönlichkeit und die Benennung eines Herzl-Platzes ist ein kleines und spätes Symbol gegen den Antisemitismus in Österreich und als solches voll und ganz zu unterstuetzen. Wer diese Anerkennung zwangsläufig mit der Lage im Nahen Osten sieht, will ablenken, beziehungsweise antisemitische Ressentiments fuer andere politische Zwecke benutzen.
Samstag 26. Juni 2004 16.30, Parkring/Stadtpark 1030 Wien (gegenüber
Hotel Marriot, auf der anderen Strassenseite).
Unterstuetzt von:
BagruPowi, CafÃÂÃ
¡ Critique, DIE JÃDISCHE (www.juedische.at), Context
XXI, LICRA, Aktion gegen Antisemitismus, KPOE-GO Dogma, Ökologische Linke Wien.