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[ 22. Jul 2004 ]

Cap Anamur : Italien schiebt weitere 27 Flüchtlinge ab

flughafen Fiumicino, Rom

Am 22. 7. sollten 27 der Cap Anamur Flüchtlinge nach Ghana ausgeflogen werden, 4 wehrten sich kurzfristig erfolgreich dagegen, doch auch sie wurden abgeschoben.

 

Im Morgengrauen war die Zeit für fast alle Cap-Anamur-Flüchtlinge in Italien abgelaufen. Kurz vor sechs hob das Flugzeug aus Rom-Fiumicino ab, Ziel Accra, die Hauptstadt von Ghana. An Bord 27 Afrikaner, die von dem deutschen Hilfsschiff Cap Anamur auf dem Mittelmeer gerettet wurden.
Gegen drei Uhr nachts waren die Flüchtlinge an Bord einer Linienmaschine der Ghana Airways gebracht worden - jeder einzeln, begleitet von einem Polizisten. Im Inneren des Flugzeugs, so das italiensche Fernsehen, kam es zu Handgreiflichkeiten, einige der Afrikaner sollen sich mit Gewalt gegen ihre Ausweisung gewehrt haben.

Immer wieder mußten Polizisten an Bord der Maschine, um die Abzuschiebenden ruhig zu stellen. Dadurch verzügerte sich der Abflug der Linienmaschine der Ghana Airways um mehrere Stunden. Nach Gesprächen der Polizei mit dem KapitÀn des Flugzeugs wurden am Ende vier der ursprünglich 31 Afrikaner von Bord geführt, offensichtlich hatten sich diese auch durch mehrfaches Eingreifen ihrer Bewacher nicht beruhigen lassen. Scharfer Protest gegen die Abschiebung kommt vom Italienischen Flüchtlingsrat.

Mangelndes rechtliches Gehör ruft Kritik hervor


Das oberste Gericht hatte in der vergangenen Woche entschieden, dass Asylbewerber vor ihrer Ausweisung von einem Richter gehört werden müssen - dies ist im Fall der Cap-Anamur-Flüchtlinge nach Auskunft der Opposition nicht geschehe. Die Anweisung zur Abschiebung kam offensichtlich direkt von Innenminister Pisanu. Seine Begründung: Von den von der Cap Anamur Geretteten habe niemand Anspruch auf Asyl in Italien, bei der Angabe ihrer Nationalität hätten alle gelogen - und
fÀlschlicherweise angegeben, sie kÀmen aus bürgerkriegsgebiet Darfur im Sudan: "Die gewissenhaften Untersuchungen der Polizei haben definitiv ergeben, dass niemand der 37 Ausländer sudanesicher Nationalität ist"

31 der Cap-Anamur-Flüchtlinge seien aus Ghana, sechs aus Nigeria. Von den insgesamt 37 sind jetzt nur noch fünf in Italien. Die vier, die sich heute morgen gegen ihre Abschiebung gewährt haben - bei ihnen soll wahrscheinlich noch heute erneut versucht werden, sie auszufliegen. Nur ein Cap-Anamur-Flüchtling kann vorerst in Italien bleiben - ein 29 Jahre alter Nigerianer, der von Beginn korrekt an seine Nationalität angegeben hat und nach Auskunft desInnenministeriums mit den Behörden zusammenarbeitet.

Zentrale Flüchtlingskommission für Bleiberecht


Opposition und Sozialverbände kritisieren die Abschiebung heute morgen auch, weil sie das Urteil der Zentralen Flüchtlingskommission des Innenministeriums missachtet. Die Kommission hatte dafür plädiert, zumindest 22 der Cap-Anamur-Flüchtlinge ein humanitäres Bleiberecht in Italien einzuräumen. Dies kann es zum Beispiel geben für Menschen, die in ihrer Heimat Hunger leiden oder in Italien einen großteil ihrer Familie haben. Dass sich Innenminister Pisanu jetzt eigenmächtig über das Urteil seiner Kommission hinweggesetzt habe, sei empÃŒrend, so Giorgio Bisaglia vom Flüchtlingsrat.

Die Opposition wirft Innenminister Pisanu vor, er habe sich dem Druck der Lega Nord gebeugt. Die rechtspopulistische Regierungspartei fordert seit langem einen harten Kurs in der Einwanderungspolitik.