no-racism.net logo
 
 

[ 20. Oct 2004 ]

Demonstration in Krems/Stein - trotz Verbot

Das ungehorsame Transparent nahe der Justizanstalt Stein.

Ca. 60 Leute beteiligten sich am Sonntag, 17. Oktober 2004 an Protesten am Friedhof in Krems, NÖ, wo der am 19. August 2004 in der Justizanstalt Stein getötete Edwin Ndupu begraben wurde.

 

Zentrale Forderung war eine unabhängige Untersuchung des Vorfalles in Stein, bei dem Ndupu getötet wurde, sowie eine Exhumierung der Leiche und eine unabhängige Obduktion.

Das Grab wurde aufgesucht, um dem Getöteten zu gedenken. Von dort begab sich der Trauerzug trotz behördlicher Untersagung zur Justizanstalt Stein, um auf die im Gefängnis vorherrschenden unhaltbaren Bedingungen hinzuweisen und den Gefangenen solidarität auszusprechen.

Eigentlich sollte es eine lautstarke Demo werden. Doch hatten die Behörden sehr viel dagegen, dass die Gefangenen Unterstützung von draussen signalisiert bekommen. für die Inhaftierten in der Justizanstalt Stein sehr notwendig, wenn mensch die in letzter Zeit bekannt gewordenen Vorfälle hört: Korrektionszelle, Gurtenbett, auf dem Gefangene gefoltert werden, oder sterben wie vor zwei Jahren Erwin K., Schläge, Spritzen, Beruhigungsmethoden usw. sind klare Signale, die zwar nicht für alle Alltag bedeuten, doch auch keine Seltenheit sein dürften.

Bereits zwei Tage vor der Demonstration war diese untersagt worden. Es könne zu Unruhen im Gefängnis kommen, weiters gehe es um Fragen der Sicherheit in einem sensiblen Gebiet.

Als sich um 13:30 Uhr die AktivistInnen vor dem Friedhof versammelten, war die Polizei bereits zahlreich auf der gegenüberliegenden Strassenseite angetreten. Ebenfalls verstärkte Präsenz durch Exekutive war am Bahnhof in Krems bemerkbar. Der Zugang auf den Friedhof zum Besuch des Grabes wurde nicht unterbunden, jedoch noch einmal klargestellt, dass die Demonstration zum Gefängnis untersagt sei. Die TrauergästInnen begaben sich erst mal auf den Friedhof, wo sie sich um das Grab versammelten. Dort steht lediglich ein Kreuz, ohne Namen drauf (siehe Foto).

Die Umstände des Todes von Edwin Ndupu wurden soweit bekannt erleutert, dann eine Trauerminute. Ein Sarg war mitgebracht worden, um die Forderung nach einer neuerlichen Untersuchung der Leiche zu bekräftigen. Bevor sich die Trauergemeinde auflöste, wurde der Umstad der Untersagung bekanntgegeben. Die Leute verließen den Friedhof - und siehe da, es hatten fast alle den gleichen Weg.


Die untersagte Demonstration


Langsam und weit auseinandergezogen bewegte sich die Menge Richtung Zentrum, nur zaghaft verfolgt von Gendarmerie, die nicht ganz zu wissen schien, wie sie sich verhalten soll. Es bestand jedoch ein sehr reges Interesse der Exektuive, alle TeilnehmerInnen mehrmals und von allen möglichen Seiten zu fotografieren. Auf Flugblättern wurden währenddessen PasantInnen über die Demonstration und den Tod in Stein informiert.

Es war ein sehr ruhiger Zug durch die Kremser Innenstadt, trotzdem erregte er sehr viel Aufmerksamkeit. Kurz vor der Justizanstalt stellte sich die Polizei den FußgängerInnen in den Weg. Es werde keineR aufgehalten, die/der einfach passieren wolle, so die Auskunft Gendarmen. Doch mussten mitgebrachte Taschen eine Kontrolle über sich ergehen lassen - vorerst ohne Begründung. Ohne viel Aufsehens hatten sehr schnell fast alle die Absperrung passiert. Doch dann verweigerte die Polizei, wieder ohne Begründung, einem Transparent den Durchgang zum Gefängnis. Nach Trennungsschwierigkeiten seitens der BegleiterInnen des Transparents - wer lässt denn gerne ein Transparent alleine mit dieser Exekutive? - teilte ein Beamter mit, dass Gegenstände, die sich dazu eignen, auf einer Demonstration eingesetzt zu werden, nicht an den vermeintlichen Kundgebungsort dürfen. Es würde darüberhinaus keine Kundgebung stattfinden - was auch tunlichst zu vermeiden sei. Somit blieb das Transparent vorerst bei einigen auserhalb des von Beamten abgesperrten Bereiches.


Eine Kundgebung, die keine war


Vor dem Gefängnis bildete sich dann schnell eine kleine, unentschlossene Menge. Dies war um ca 14:45 Uhr. Nach einiger Zeit des Abwartens wurde von einigen TeilnehmerInnen noch mal erklärt, warum an diesem Tag vor dem Gefängnis demonstriert werden sollte. Eigentlich sollte es ja auch Lärm geben, damit die Leute drinnen hören, dass es Unterstützung von draussen gibt. Doch dagegen hatten die Beamten scheinbar sehr viel. Und leider wurde es auf der Kundgebung - trotz einiger zaghafter Versuche - auch nie wirklich laut. Dann war warten angesagt, bis der Bus kam.

Wir waren wohl viel zu brav und unentschlossen, wenngleich doch fast alle trotz Untersagung bis zum Gefängnis mitgekommen waren, was sehr wohl positiv zu bewerten ist. Interessant war weiters, dass uns die Exekutive erklärte, dass es keine Kundgebung gibt. Wir standen also einfach vor dem Gefängnis und ein Teilnehmer brachte es auf den Punkt, als er sagte, dass wir uns nicht einschüchtern lassen und wieder kommen werden, um dann wirklich eine Kundgebung abzuhalten.

Die anwesenden Beamten hörten den Reden aufmerksam zu und beobachteten das Geschehen. Die behördlichen Fotografen waren schließlich so frech, mitten unter den AktivistInnen zu stehen und diese abzulichten - ganz ohne Widerstand gegen diese permanente Belästigung.

Mit der Zeit wurde das wachende Auge immer gelangweilter, lediglich ein Beamter in Specialuniform spielte sich auf und regelte den Verkehr (ab und zu fuhr ein Auto vorbei, Anm), indem er versuchte, Leute herumzukommandieren, die immer noch vor dem Gefängnis auf der strasse standen. Doch dann kam noch mal kurz Bewegung ins Geschehen.


Das ungehorsame Transparent


Das zuvor aufgehaltene Transparent fand doch noch den Weg vor das Gefängnis. Dort wurde Feindobjekt Nummer 1 sogleich von den wachsamen Augen des Staatsschutzes entdeckt und an der Ausbreitung gehindert. Somit was das Transparent gezwungen, sich für ein Fotoshooting wieder hinter die nur noch fiktiv vorhandene Absperrung zu begeben. Auf dem Nachhauseweg bekam das Transpi dann gar noch Begleitschutz. Befürchteten die Beamten etwa, dass der zuvor erteilten Aufforderung, dieses doch im Stadtpark aufzuhängen, Folge geleistet wird. Doch allein wollte das Transpi nicht im Stadtpark bleiben.

Wird sich zeigen, ob es bei dem baldigst erwarteten zweiten Versuch einer lautstarken Kundgebung vor dem Gefängnis in Stein wieder erscheint. Damit sich die zahlreichen Sicherheitsbeamten nicht mehr fragen müssen, was denn jetzt überhaupt auf dem Transparent zu lesen ist.

Jedenfalls ist geplant, in den nächsten Tagen oder Wochen wieder zur Justizanstalt Stein in Krems an der Donau zu fahren und den Gefangenen ihre solidarität auszusprechen. Und dann tatsächlich mit Instrumenten für eine entsprechende Stimmung zu sorgen. Weitere Informationen sollten bald folgen.

Dieser Text von "TeilnehmerInnen an keiner Demonstration" wurde zuerst am 18 Okt 2004 auf :: at.indymedia.org veröffentlicht.