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[ 21. Oct 2004 ]

KPÖ hat EKH verkauft!

ekh bleibt

Laut KPÖ-Chef Walter Baier wurde das einzige soziale Zentrum in Wien an einen zunächst geheim gehaltenen Anbieter Verkauft. Die "Hausverwaltung Gustav Petri & Co" soll nun für das Gebäude in der Wielandgasse zuständig sein.

 

Kurz bevor die politisch erfolglose Führungsriege um Walter Baier beim nächsten Parteitag möglicherweise endgültig abtreten muß, scheint sie nun noch das lebendigste und fortschrittlichste linke Projekt, das - zwar gegen der Willen der KPÖ aber auf ihrem Boden entstanden ist - vernichten zu wollen. Im EKH wohnen Flüchtlinge, MigrantInnen und andere jenseits paternalistischer sozialarbeiterischer Betreuungsverhältnisse zusammen. Das EKH ist zudem das einzige Projekt in Wien, wo unsubventioniert und auf rein ehrenamtlicher Basis ein ständig laufender Kulturbetrieb seit nunmehr 14 Jahren aufrecht erhalten wird.

Soziales Zentrum verkauft um die Partei zu finanzieren


Die KPÖ scheint das nicht zu kümmern: "Der Verkauf war nötig, um die Belastungen wegzubringen und die KPÖ auf neue finanzielle Grundlagen zu stellen", so Walter Baier im Standard. Dass er das Ernst Kirchweger Haus als Belastung empfindet, spricht Bände für die unverständliche Haltung, die die KPÖ gegenüber dem EKH und seinen BewohnerInnen vom ersten Tag an eingenommen hat.

Die Partei erreichte wegen ihres begrenzten Horizontes der sich seit Jahren hauptsächlich in parteiinternen Streitereien nieder schlägt niemals auch nur ein Bruchteil der politischen Wirksamkeit, die das EKH als politisch soziales Zentrum in den letzten Jahren ausmachten. Infoladen, Volxbibliothek, Flughafensozialdienst, Queer-Beisl, TATblatt und Volxtheaterkarawane sind nur einige der vielen Projekte, die das EKH prägten und prägen. Jedes dieser Projekte ist für sich alleine bereits wertvoller als das meiste, dass die KPÖ in den letzten Jahren hervorgebracht hat.

Unrühmlich in die Causa involviert zu sein scheint auch KPÖ-Pressesprecher Didi Zach, der sich ebenfalls genötigt sah, das Handeln seines Parteichefs zu verteidigen. Er war immerhin bereit den Käufer des Hauses zu nennen. Dabei handle es sich um die "Wielandgasse 2-4 Vermietungsges.m.b.H" - so der nicht gerade vielsagende Firmenname. "Das Haus wird nunmehr von der Hausverwaltung Gustav Petri & Co verwaltet. Die dortigen Ansprechpartner sind Fr. Dr. Stiermayr oder Hr. Dr. Huber, " so Zach.

"...erbärmlicher Verfall aller emanzipatorischen Ansprüche"


Die Bundes-KPÖ verzichtete zunächst darauf eine Stellungnahme auf ihrer Homepage zu publizieren und verlinkte stattdessen auf einen Artikel im Standard-Online. Die Kommentare der UserInnen unterhalb des Artikel ließen an Deutlichkeit wenig zu wünschen übrig: "Ein erbärmlicher Verfall aller emanzipatorischen Ansprüche, ein Abdanken der eigenen Ideologie zugunsten der schlichten, ordinären Durchsetzung von Marktgesetzen", "Jedes KPÖ-Parteilokal wäre ein geringerer verlust gewesen", "Damit hat wohl die Bundes-KPÖ einiges an Existenzberechtigung eingebüßt - leider sind unsere Kummerl doch nur Dummerl."

Kritische Fragen werden auf www.kominform.at - einer Internet-Plattform des eher stalinistischen Parteiflügels - an Walter Baier gerichtet: "Wieso diese plötzliche Eile? Wo wird das Geld landen? Was wird damit finanziert? Sind im Lichte dieser und anderer finanzieller Transaktionen die Zuspitzung der fraktionellen Auseinandersetzung seitens der Graber/Baier-Fraktion, die zu Sitzungen ständig mit Anwalt Löw erscheinen, zu sehen? fürchtet man überPrüfung der Finanzgebarung? Wollen Baier/Graber deswegen mit allen KritikerInnen abrechnen?"

Ignoriert hat Baier auch den Beschluss der Wiener Landeskonferenz, wonach ein Verkauf nicht nur einen schlechten Preis, sondern zwangsläufig auch eine Räumung der "Wielandschule" - so wird das EKH in KPÖ-Kreisen bis heute genannt - bringen würde. "Eine gemeinsame Nutzung des Gebäudes würde hingegen auch unsere Bündnisarbeit mit anderen linken Gruppierungen, Flüchtlings- und MigrantInnenorganisationen usw. nutzen."

KPÖ zersTürt linke Infrastruktur


Ein wichtiger Teil antifaschistischer, antirassistischer und antisexistischer Infrastruktur in Wien, wird durch das Verantwortungslose Vorgehen der KPÖ-Spitze aufs Spiel gesetzt. Via Standard richtet der KPÖ-Chef gestern Nachmittag aus, er sei um Schadensbegrenzung bemüht - ein halbes Jahr hätten die Bewohner laut Walter Baier Zeit eine neue Bleibe zu finden. Was genau daran nun "Schadensbegrenzung" sein soll verrät er allerdings nicht. Etwa das die Polizei nicht bereits gestern Abend Räumungsbereit vor der Tür gestanden ist? Wohl kein Grund das nächste Mal KPÖ zu wählen...

Einiger BewohnerInnen des EKH zum Verkauf: "Abgesehen davon, dass uns KP-Chef W. Baier letzten Dezember versprach, uns vor etwaigen Verhandlungen zu informieren (nicht dass wir PolitikerInnen irgendwas glauben würden), verarschte er damit auch die meisten seiner ParteigenossInnen. Die Realität vollkommen verdrehend, behauptet Baier das Haus finanzieren zu müssen. Nicht nur, dass diverse Projekte und BewohnerInnnen unentgeltlich Zeit und Energie in dieses Hauses investieren, zahlen WIR die Betriebskosten und erhalten uns selbst. Abgesehen davon, dass das EKH der Freiraum ist, der unseren Utopien am Nähesten kommt, gibt es einen nach bürgerlichem Recht geltenden unbefristeten Mietvertrag. Das heisst, dass auch wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln um unsere räume, die wir im übrigen schon seit 15 Jahren beleben, kämpfen werden. "