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[ 11. Dec 2004 ]

Vom Asylrecht bleiben nur Ruinen

Als Antwort auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof hat der Innenminister nur ein Sammelsurium an Restriktionen und Einschränkungen von Verfahrensrechten parat.
Presseaussendung der asylkoordination zur Asylnovelle 2005

 

"Die Vorschläge aus dem BMI zur Asylreform sind einfach ungeheuerlich, das Asylrecht wird ja völlig abmontiert", so Anny Knapp von der asylkoordination Österreich. Als Antwort auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof, der zentrale Bestimmungen von Strassers Asylnovelle aufgehoben hat, hat der Innenminister nur ein Sammelsurium an Restriktionen und Einschränkungen von Verfahrensrechten parat.

Werden diese sogenannten LösungsVorschläge tatsächlich beschlossen, zeichnet sich bereits der nächste Durchgang beim Verfassungsgerichtshof ab. Besonders schlimm ist die weitgehende Einführung der Schubhaft und die Bestrebungen, den UBAS auszuschalten. Nach den Vorstellungen Strassers könnte das Asylverfahren überhaupt jenseits der Österreichischen Rechtsordnung im Schnelldurchgang abgewickelt werden.

So beispielsweise durch die Ausdehnung der Möglichkeiten, Anträge als offensichtlich unbegründete abzuweisen, die Einführung von Sanktionen bei der Mitwirkungspflicht im Verfahren oder der Festlegung von Musterfällen, bei denen es weder eine Verhandlung im Berufungsverfahren noch eine BeschwerdeMöglichkeit beim Verwaltungsgerichtshof geben soll.

Die Mißachtung von Menschenrechten in den Herkunftsländern sind zwar regelmäßig ein Grund zu flüchten, für die Anerkennung als Flüchtling ist die Glaubhaftmachung einer persönlichen Verfolgung jedoch Voraussetzung, und dafür braucht es eine EinzelfallPrüfung, bei der alle relevanten Aspekte in Betracht gezogen werden müssen. Wenn viele Flüchtlinge aus den gleichen Gründen und Regionen, wie z.B. aus dem Kosovo während der serbischen Bombardements oder die Tschetschenen vor dem nichtendenden Übergriffen, EntFührungen und Tötungen flüchteten, konnte auch in der Vergangenheit ein rasches Verfahren durchgeführt werden. Das Innenministerium verweigerte aber bisher meist beharrlich, die ständige Rechtssprechung des UBAS zu übernehmen, sodaß viele Verfahren unnötigerweise beim UBAS landeten und dort den Berg offener Verfahren vergrößerten.

Auch bei den tschetschenischen Flüchtlingen, die schon in erster Instanz Asyl erhalten haben, war wohl eher das Inkrafttreten der Asylnovelle 2003 und die damit verbundene Neustrukturierung des Verfahrens und der Betreuung ausschlaggebend für eine rasche positive Entscheidung durch das dem Innenminister unterstellte Bundesasylamt, vorher möglichst viele Verfahren abzuschließen, als die Einsicht, daß die Bescheide des Bundesasylamtes vom UBAS sowieso behoben werden.

"De facto hat das Innenministerium die Verkürzung des Instanzenzugs lÀngst vollzogen, die Verfahren in erster Instanz sind so mangelhaft und die Entscheidungen häufig nicht nachvollziehbar, sodaß sie in zweiter Instanz gänzlich von vorne begonnen werden müssen," kritisiert Anny Knapp.

Ein Blick in den Jahresbericht des UBAS genügt, um einen Reformbedarf im erstinstanzlichen Verfahren auszumachen. Der Innenminister macht jedoch genau das Gegenteil, er sucht die Ursachen für die große Anzahl offener Verfahren überall anders, nur nicht bei der Behörde, wo er selbst unmittelbar und ohne Gesetzesänderung Verbesserungen durchsetzen könnte. Das Vorhaben, die überPrüfung durch den Verwaltungsgerichtshof auszuschalten, ist jedenfalls ein ungeheurer Angriff auf rechtsstaatliche Prinzipien.

Offensichtlich geht es dem Minister auch beim gerade erst eingeführte Zulassungsverfahren in der Erstaufnahmestelle zur beschleunigten Selektion von Anträgen nicht rasch genug. Den fremdenpolizeilichen Behörden werden weitere Aufgaben im Asylverfahren zukommen, so beispielsweise die Abfrage nach Registrierung eines Asylwerbers in einem anderen EU-Staaten (Eurodac) und die Zustellung von (negativen) Bescheiden der Asylbehörden, die voraussichtlich zu einer umgehenden Schubhaftnahme führen wird ebenso wie eine positive Eurodacabfrage. für die zahlreich vorgesehenen Möglichkeiten der Schubhaftverhängung und sogar Verlängerung der maximalen Haftdauer gibt es weder eine ausreichende Anzahl von Haftplätzen, noch läßt sich aus menschenrechtlicher Sicht beGründen, warum Haft notwendig sein sollte.

Flüchtlinge haben ja selbst das allergrößte Interesse, daß sie ihre Fluchtgründe ausfÃŒhrlich darlegen können und nicht ewig auf eine Entscheidung warten müssen. Auf einen Dialog mit NGOs bei der Asylnovelle hat der Minister wohlweislich gleich verzichtet, "die meisten Vorschläge kann man auch nicht diskutieren, weil menschenrechtliche Garantien nicht eingeschränkt werden dürfen", ist Anny Knapp überzeugt.

Insgesamt ist der Vorschlag ein wilder Rundumschlag, mit einer Asylrechtsnolle hat er nichts mehr zu tun, denn vom "Recht" bleiben nur ein paar Ruinen.

Anny Knapp, asylkoordination Österreich