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[ 24. Feb 2005 ]

Neu erschienen: Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen 1993 bis 2004

Die vorliegende Dokumentation beschreibt in ca. 3800 Einzelgeschehnissen die Auswirkungen dieses institutionellen Rassismus. Durch staatliche maßnahmen der BRD kamen 323 Flüchtlinge ums Leben - durch rassistische Übergriffe oder bei Bränden in Unterkünften starben 79 Flüchtlinge.

 

Tiefststand der Asylanerkennungen


Die Zahl der Flüchtlinge, die im letzten Jahr Asyl erhalten haben, erreichte erneut einen Tiefstand.
Von den 61.951 Asylanträgen, die das Bundesamt entschied, wurden 96,8 Prozent abgelehnt oder "sonst wie erledigt" (BMI 23.1.05).
960 Personen (1,5%) erhielten Asyl, und 1.107 Menschen (1,8%) wurde Abschiebeschutz aus politischen oder humanitären Gründen zuerkannt.
Gleichzeitig sank die Zahl der AsylantragstellerInnen auf den niedrigsten Stand der letzten 20 Jahre.

Ausreisedruck und Mißhandlungen


Permanent erhöhten Politik, Gerichte und Behörden den Ausreisedruck auf Flüchtlinge, die acht, zehn oder zwölf Jahre hier leben. So sollten noch v o r Inkafttreten des Zuwanderungsgesetzes (1.1.2005) vollendete Tatsachen geschaffen werden.
Schwer kranke oder psychisch traumatisierte Flüchtlinge wurden vermehrt abgeholt und gewaltsam abgeschoben. Meist Menschen, die nach dem Zuwanderungsgesetz die Chance für ein Bleiberecht gehabt hätten. Dies geschah in der Regel unter exzessiver Ausnutzung der noch geltenden Gesetze, zum Teil auch unter Umgehung dieser Gesetze und Verordnungen, und es geschah i m m e r durch Mißachtung humanitärer Grundsätze. Und so passierte es schon häufiger, daß die ausführenden BeamtInnen (Ausländerbehörde, Gefängnispersonal, Bundesgrenzschutz) dienstbeflissen "härter" zugriffen.
Strafrechtliche Konsequenzen haben sie in der Regel nicht zu befürchten.

Abschiebungen und Feindbilder


Niedrige Zuwanderungszahlen und zigtausendfach erfolgte Abschiebungen (2003 waren es 23.944 Abschiebungen auf dem Luftweg) sind für die Verantwortlichen Erfolgsmeldungen. Dies gelingt nur, weil Menschen auf der Flucht zu Feindbildern gemacht werden. In dieser rassistischen Normalität ist es konsequent, Menschen Residenzpflicht aufzuerlegen, sie in Heime zu zwingen, ihnen medizinische Versorgung zu verweigern, ihnen Bargeld vorzuenthalten und Arbeitsaufnahme zu verbieten. Die Flüchtlinge, die dagegen verstoßen, werden kriminalisiert und als angebliche Straftäter abgeschoben.

Die vorliegende Dokumentation beschreibt in ca. 3800 Einzelgeschehnissen die Auswirkungen dieses institutionellen Rassismus auf die Betroffenen. Auf Flüchtlinge, die gehofft hatten, in diesem Land Schutz und Sicherheit zu finden, und letztlich an diesem System zugrunde gingen oder zu Schaden kamen. Die Zahlen der Dokumentation sind in den letzten zwölf Jahren n i c h t sinkend, sondern bleiben konstant. Auszugehen ist von einer wesentlich höheren Dunkelziffer.

Die Dokumentation umfaßt den Zeitraum vom 1.1.1993 bis 31.12.2004.

DOKUMENTATION



161 Flüchtlinge starben auf dem Wege in die Bundesrepublik Deutschland oder an den Grenzen, davon allein 121 an den deutschen Ost-Grenzen*,

421 Flüchtlinge erlitten beim Grenzübertritt Verletzungen, davon 259 an den deutschen Ost-Grenzen*,

125 Flüchtlinge töteten sich angesichts ihrer drohenden Abschiebung oder starben bei dem Versuch, vor der Abschiebung zu fliehen, davon 48 Menschen in Abschiebehaft,

575 Flüchtlinge haben sich aus Angst vor der Abschiebung oder aus
Protest gegen die drohende Abschiebung (Risiko-Hungerstreiks) selbst
verletzt oder versuchten, sich umzubringen, davon befanden sich 372 Menschen in Abschiebehaft,

5 Flüchtlinge starben während der Abschiebung und

262 Flüchtlinge wurden durch Zwangsmaßnahmen oder Miߟhandlungen während der Abschiebung verletzt,

21 Flüchtlinge kamen nach der Abschiebung in ihrem Herkunftsland zu
Tode, und mindestens

384 Flüchtlinge wurden im Herkunftsland von Polizei oder Militär
mißhandelt und gefoltert,

59 Flüchtlinge verschwanden nach der Abschiebung spurlos,

11 Flüchtlinge starben bei abschiebe-unabhängigen Polizeimaßnahmen,

360 wurden durch Polizei oder Bewachungspersonal verletzt, davon 118
Flüchtlinge in Haft.

67 Menschen starben bei Bränden oder Anschlägen auf
Flüchtlingsunterkünfte,

700 Flüchtlinge wurden z.T. erheblich verletzt,

12 Menschen starben durch rassistische Angriffe auf der strasse.


* die Angaben für 2004 werden sich noch erhöhen, weil die offiziellen
Zahlen des Bundesinnenministeriums noch nicht vollständig vorliegen


FAZIT


Durch staatliche maßnahmen der BRD kamen 323 Flüchtlinge ums Leben -
durch rassistische Übergriffe oder bei Bränden in Unterkünften starben 79
Flüchtlinge.