Am 4. Oktober 2005 starb Yankuba Ceesay unter bisher ungeklärten Umständen im Polizeianhaltezentrum Linz. Nun erklärte der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) die tödlich endende Schubhaft für rechtswidrig.
Von Anfang an war klar, dass da was nicht stimmt. Es kam zu einigen Protesten und Demonstrationen, bei denen sich u.a. am 15. Oktober 2005 in Linz 600 bis 700 Leute beteiligten. Doch bald wurde es still um den Fall und im Jänner 2006 legte die Staatsanwaltschaf :: die Anzeige überraschend zurück. Yankuba sei an einer "Verkettung unglücklicher Umstände" gestorben. Die Familig Yankubas erwegte jedoch, beim Landsgericht Linz einen Antrag auf Einleitungen von Voruntersuchungen zu stellen. Dann müsste sich ein Drei-Richter-Senat mit dem Fall beschäftigen.
Weiters wurde eine Klage beim UVS eingebracht. Es bestanden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schubhaft und vor allem der Unterbringung in einer Einzelzelle. Die Verhandlung dazu fand von 31. Jänner bis 13. Februar 2006 in Linz statt. Laut afrikanet.info entschied der UVS, dass die :: Schubhaft von Yankuba Ceesay rechtswidrig war. Demnach hätte es eine Vorsorgeuntersuchung geben müssen. Zudem müssten laut rückwirkend geltender Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs von September vor einer Schubhaft alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sein. In weiterer Folge können die Eltern von Yankuba Ceesay nun Anspruch auf Schadenersatz geltend machen.
Plötzliche Meinungsänderung?
Nach dem Spruch des UVS teilte das Justizministerium auf Anfrage diverser MedienvertreterInnen mit, dass der Fall erneut überprüft werde. Interessant ist diese Ankündigung auch, da plötzlich die Aussagen des ehemaligen Zellengenossen und einem der letzten Zeugen, die Yankuba lebend sahen, als Vorwand für die neuen Ermittlungen dienen sollen. Diese würden einen neuen Anhaltspunkt darstellen. Dass diese Informationen nicht so neu sind, zeigt ein kurzer Rückblick:
Der ehemalige Zellengenosse von Yankuba Ceesay, Henry C., verschwand nach einem Hungerstreik zunächst unbehelligt aus dem Krankenhaus. Einige NGO's, die sich der Sache annahmen, konnten ihn trotz einiger Bemühungen nicht ausfindig machen. Später stellte sich heraus, dass er in Vorarlberg erneut in Schubhaft genommen worden war. Er wurde nach Wien verlegt und am 15. November 2005 der nigerianischen Botschaft vorgeführt. Dies ist notwendig, um die für eine Abschiebung notwendigen Heimreiszertifikates auszustellen, mit dem ein Flugticket bestellt werden kann. Die Vorführung erfolgte, obwohl die zuständige Bezirkshauptmannschaft Feldkirch angab, dass Henry nicht von Abschiebung bedroht sei. Sollte die Abschiebung möglichst ohne Aufsehen und so schnell wie möglich durchgeführt werden?
Henry hatte erklärt, dass so manche Angaben der Behörde im Zusammenhang mit dem Tod Yankubas nicht der Wahrheit entsprechen. Etwa dass die Dauer des Hungerstreiks nicht sechs Tage betragen habe, sondern genau doppelt so lange, also 12 Tage. Dies berichtete die Plattform Zivilcourage bereits :: im November 2005, also noch bevor die Staatsanwaltschaft im Jänner 2006 :: die Anzeige überraschend zurückgelegte.
Der Anwalt der Familie Yankuba Ceesay's hatte einen Beweisantrag an den UVS Oberösterreich gestellt, dass Henry zur zeugenschaftlichen Einvernahme geladen werden sollte. Er könnte Aussagen dazu machen, dass manche Angaben der Behörde nicht der Wahrheit entsprechen und viel zur Aufklärung noch offener Fragen beitragen. Doch war für die Staatsanwaltschaft in Linz der Fall bereits erledigt, Henry würde nicht mehr als Zeuge benötigt. Andernfalls hätte das Ausweisungsverfahren zumindest bis zur gerichtlichen Einvernahme ausgesetzt werden müssen.
Henry ging, von Abschiebung bedroht, erneut in Hungerstreik und irgendwie bekam die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung Wind von der Angelegenheit. Die NGO betreute den hungerstreikenden Henry C. in der Folge. Außerdem berichteten mehrere Medien von dem Vorfall und zahlreiche Protestschreiben ergingen an die zuständigen Behörden. Aufgrund seiner gesundheitsgefährdeten Situation und durch die Interventionen und Öffentlichkeitsarbeit wurde Henry C. am 1. Dezember 2005 völlig entkräftet :: aus der Schubhaft entlassen.
Schubhaft abschaffen!
Wie wichtig die Aussage des unabhängigen Zeugen war, beweist der nun gefällte Spruch des UVS, der die Behörden dazu zwingt, sich erneut mit dem tödlichen Vorfall in Schubhaft auseinanderzusetzen. Und angesichts der mit 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen Verschärfungen im Berich der Schubhaft durch die restriktive Asyl- und Fremdenrechtsnovelle ist dies auch erforderlich. Denn wie die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung Anfang Februar berichtete, ist der :: Alltag in Schubhaft von Schikanen bestimmt.
Die Verschärfungen in der Schubhaft betreffen u.a. die Androhung von Zwangsernährung, die seit 1. Jänner gesetzlich möglich ist. Schubhäftlinge, die ihren Gesundheitszustand selbst herbeigeführt haben (z.B. Hungerstreik, Selbstverletzung), können unter Aufrechterhaltung der Schubhaft in die Sonderkrankenanstalt der Justizanstalt Josefstadt überstellt werden. Voraussetzung ist die Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes oder der Ausweisung und die Möglichkeit der Abschiebung. Unabhängig von Verfahrensstand und Eigenverschulden am Gesundheitszustand kann unter Aufrechterhaltung der Schubhaft eine Überstellung in eine geeignete Krankenanstalt erfolgen, wenn dies der Gesundheitszustand der/des Fremden erfordert.
Ende Jänner 2006, einen Monat nach Inkrafttreten der neuen Asyl- und Fremdengesetze in Österreich, berichteten zahlreiche Medien, dass die Zahl der Asylanträge in Österreich gesunken, aber die Zahl der Schubhäftlinge gestiegen sei. Doch nicht nur in Österreich stehen :: mehr Abschottung, mehr Haft und weniger Rechte auf der Tagesordnung. Diese rassistischen Änderungen bewegen sich im europäischen Kontext, wie u.a. das Zuwanderungsgesetz in Deutschland oder der Asylum & Immigration Act in den UK zeigen.
Umso bedenklicher erscheint es, dass sich die Kritik verschiedener NGO's vor allem an der Position der Innenministerin erschöpft. So fordern :: SOS Mitmensch und :: Asyl in Not als Konsequenz auf den Spruch des UVS im Fall Yankuba Ceesay den Rücktritt von Innenministerin Prokop. Wieder einmal werden mit dieser Forderung nicht die Zustände an sich in Frage gestellt und klar gemacht, dass Schubhaft an sich abgeschafft gehört, sondern PolitikerInnen zum Rücktzritt aufgefordert. Als sei die Schubhaft nicht ein strukturelles Problem, sondern deren Umsetzung ein persönliches Problem mancher PolitikerInnen. Dazu sei nur angemerkt: Auch wenn die Innenministerin zurücktreten sollte, eine Änderung im Bereich der Schubhaft hätte dies nicht in Sicht, denn auch SPÖ oder Grüne stellen Schubhaft nicht an sich in Frage. Für die SPÖ ist eine Abschaffung ebendieser nicht mal ein Thema. Und: So lange es Schubhaft gibt, wird es auch Tote in Schubhaft geben. Deshalb gibt es nur eine Alternative: Schubhaft abschaffen!
Dieser Text erschien zuerst am 14 Feb 2006 auf :: at.indymedia.org.