Seit 23. August strahlt der TV-Sender Sat.1 eine neue Doku-Soap aus. Kritisiert wird das Format u.a. von der Namibischen Botschaft und der Gesellschaft für afrikanische Philosophie.
Am 23. August 2006 hat der private Fernsehsender Sat.1 mit der Ausstrahlung einer sechsteiligen Doku-Soap im Stil der gängigen Survivalshows begonnen. Inhalt der Sendung ist, dass drei deutsche Familien zu traditionellen Gruppen nach Indonesien, Namibia und Togo geschickt werden, um mitanzusehen was passiert, wenn EuropäerInnen mit "fremden Kulturen" auf primitive Weise kollidieren.
Sat.1 wirbt sowohl in der Presse als auch bei den betroffenen Landesregierungen damit, von den "Stämmen" (z.B. die Himba in Namibia) durch dieses Format etwas über die Anpassung an ihren Lebensraum zu lernen. Es ist aber auf Grund der inhaltlichen Konzeption mehr als eindeutig, dass nicht ein Lernprozeß oder ein einander Kennenlernen angestrebt wird, sondern die Sensation aus der konstruierten Verschiedenheit des Europäers und des Wilden erwachsen soll, was ausführlich den jeweiligen Vorankündigungen auf die Sendung zu entnehmen war.
"Sat.1 hat durch die Zurschaustellung der Himba deren menschliche Würde verletzt", sagt David Amutenya, Erster Sekretär der Botschaft Namibias in Berlin. Außerdem sei der Titel in kolonialer Sprache verfasst, was Namibia nicht akzeptieren könne.
Der Untertitel "Deutsche im Busch" erinnert stark an die deutsche Kolonialzeit und auch die rassistische Terminologie entspricht der damaligen Zeit - etwa wenn Menschen als Wilde oder Primitive bezeichnet werden. Es ist eindeutig und unmissverständlich, dass hier ein Gegensatz konstruiert wird zwischen den Deutschen, den vermeintlichen Vertretern des entwickelten homo sapiens und z.B. den Himba, Vertretern des vermeintlich unterentwickelten, primitiven wie wilden homo africanus bzw. des Dritte-Welt-Menschen schlechthin.
"Die Sendung ist alles andere als kolonialistisch. Mit den ,Wilden' sind die Deutschen gemeint", rechtfertigt sich Birgit Borchert von Sat.1 gegenüber der taz. Laut ihr werde gezeigt, wie sich "scheinbar zivilisierte Deutsche" in der ungewohnten Situation verhielten.
Dies lässt Roger Künkel, Präsident der Gesellschaft für afrikanische Philosophie, nicht gelten: "Mit dem Titel wird eine Voreingenommenheit bedient, schließlich bezeichnet niemand die Deutschen als Wilde - aber viele nennen leider die beteiligten Völker so." Die Doppeldeutigkeit des Titels funktioniere daher nicht. "Mit Wortklauberei kommt man da nicht raus. Wenn man die Rechte und Würde anderer Menschen verletzt, kann man nicht hinterher sagen: 'Ich habe es aber lustig gemeint.'" Als unerträglich empfindet er auch, dass Länder gewählt wurden, die einst deutsche Kolonien waren. Das Kaiserreich beherrschte Togo und Namibia bis zum Ersten Weltkrieg. Namibia von 1871 an, Togo seit 1884.
In einem offenen Brief von Roger Künkel heißt es: "Wir bitten (...) alle, die unsere Ansicht in dieser Sache teilen, an Sat.1 eine Protestemail zu schreiben oder sich anderweitig an den Sender zu wenden, um den Verantwortlichen deutlich zu machen, dass solche Fehlgriffe nicht mehr auf eine schweigende Duldung hoffen können."
Proteste an:
Sat.1
Oberwallstr. 6
10117 Berlin
Tel.: 030/2090-0
Fax: 030/2090-2090