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[ 05. Feb 2007 ]

EU: Menschenrechtsverletzungen nur 'Unfall'

EU-Kommission relativiert schwere Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen in Marokko -- Marokko fordert EU-Unterstützung gegen MigrantInnen -- Kommentar und Aktionsvorschlag

 

Der Europaparlaments-Unterausschuss für Menschenrechte veranstaltete am 22. Januar 2007 einen Meinungsaustausch über die Situation der MigrantInnen in Marokko. Jérôme Valluy, ein französischer Ermittler, stellte dem Komitee seinen Bericht vor. Demnach deportierten die marokkanischen Behörden über 400 Menschen - darunter 60 AsylbewerberInnen und zehn Flüchtlinge mit UNHCR-Papieren - zwischen Weihnachten und Neujahr an die algerische Grenze. Während dieser Polizeiaktion, die zur Bekämpfung des Menschenhandels dienen sollte, wurden Berichten zufolge Menschenrechtsverletzungen begangen, u. a. Vergewaltigungen.

Leonello Gabrici, Vorsitzender der Maghreb-Abteilung in der Generaldirektion der EU-Kommission für Auswärtige Beziehungen, betonte, dass die Frage der Menschenrechte im Verhältnis zum Gesamtbild der Zusammenarbeit mit Marokko in Migrationsfragen und der europäischen Nachbarschaftspolitik gesehen werden müsse, wo in den letzten Jahren positive Fortschritte erzielt worden seien. Die Diskussionen über die Beziehungen zu Marokko sollten nicht von "Unfällen" wie dem Vorfall Ende letzten Jahres dominiert werden. Der Kommissionsvertreter wies die Vorstellung zurück, die EU-Politik verleite Marokko und andere Länder zu Menschenrechtsverletzungen im Kampf gegen die irreguläre Migration. Außerdem sei die Kompetenz der EU für auswärtige Beziehungen noch zu begrenzt, um die Achtung der internationalen Menschenrechte in Drittländern effektiv durchzusetzen.

Der marokkanische EU-Botschafter, S. E. Menouar Alem, betonte, dass sein Land nur deshalb einen Anstieg der Asylanträge erfahren habe, weil es ein Transitland für Menschen auf dem Weg nach Europa sei, sozusagen das "Vorzimmer" Europas. Die Leute würden Asylanträge als Möglichkeit nutzen, länger in Marokko bleiben zu können, um ihre Reise nach Europa vorzubereiten. Marokkos Möglichkeiten, Flüchtlinge zu schützen, seien allerdings begrenzt, und Europa müsse sein Land unterstützen. Herr Alem unterstrich, dass Marokko bereit sei, seinen Beitrag im Kampf gegen die irreguläre Migration zu leisten, aber es könne nicht Europas Polizist sein, und auch Europa habe seinen Teil zu tun.

(Quelle: Im Noborder-Netz kolportierte offizielle Darstellung der Veranstaltung)


Kommentar: Wie heißt es so schön: Wir können sie nicht zwingen, die Wahrheit zu sagen, aber wir können sie zwingen, immer unverschämter zu lügen. Die EU-Politik "verleitet" Marokko und andere Länder nicht zu Menschenrechtsverletzungen an MigrantInnen, sie bezahlt sie dafür. Mit Geldern und Sachleistungen der EU werden Lager in Libyen und Tunesien eingerichtet (ein Bericht der EU-Kommission über eine "Technical Mission to Libya on Illegal Immigration 27 Nov - 6 Dec 2004" erwähnt, dass den libyschen Grenztruppen neben Geländewagen und Nachtsichtgeräten auch 1000 Leichensäcke geliefert wurden), und mangelnder Eifer bei der Bekämpfung der MigrantInnen wird mit ökonomischen Sanktionen bestraft. Weitere Proteste an die Adresse der Kommission und der marokkanischen Behörden sind dringend notwendig, und es ist wohl auch kein Fehler, wenn Ihr EureN EuropaabgeordneteN auf das Thema aufmerksam macht.

Dieser Text von Noborderistas erschien zuerst am 31. Jan 2007 auf :: de.indymedia.org, wo Anfang Jänner 2007 auch ein :: Feature zum Thema erschien.