no-racism.net logo
 
 

[ 16. May 2007 ]

Demobericht zu 'Strache blocken' am 10.5. in Graz

Strache blocken

Über 400 Personen demonstrierten am 10. Mai 2007 gegen den FPÖ-Obmann und den "Ring Freiheitlicher Studenten" (RFS). Die Polizei war latent überfordert und versuchte, das mit Brutalität zu kaschieren.
Dokumentation einer Aussendung von MayDay2000 Graz

 

Aussendung von :: MayDay2000 Graz


Ein Demobericht vom 10. Mai

"Rassismus ist keine Meinung!"

Über 400 Personen demonstrierten am 10. Mai gegen den FPÖ-Obmann und den "Ring Freiheitlicher Studenten" (RFS). Die Polizei war latent überfordert und versuchte, das mit Brutalität zu kaschieren.
Gegen die Veranstaltung mit H.C. Strache, Gerhard Kurzmann und Susanne Winter, organisiert vom RFS, hatte sich im Vorfeld schon massiver Protest geregt. Ein Bündnis aus linken Gruppen, vom KSV ("Kommunistischer StudentInnenverband") über die GRAS ("Grüne & Alternative StudentInnen"), GAJ, SJ und Mayday 2000 rief dazu auf, den Auftritt Straches zu blockieren. Zuvor hatte es die Universitätsleitung abgelehnt, dem RFS den Raum auf der Uni zu entziehen und sich sogar mit den VeranstalterInnen an einen Tisch gesetzt, um das polizeiliche Vorgehen gegen die Demonstration zu diskutieren. Der Polizeieinsatz war von seiten der Universität ausdrücklich legitimiert worden.

Am Donnerstag, den 10. Mai, versammelten sich bereits um 17 Uhr DemonstrantInnen und versuchten friedlich mit dem Bilden von Menschenketten den Haupteingang zu blockieren. Mit dem Sprechchor "Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!" beantworteten die ca. 20 Leute in der Blockade und die langsam anwachsende Menge vor dem "Heizhaus" die Aufforderung der Polizei, die Versammlung aufzulösen. Bereits vor 18 Uhr, d.h. über eineinhalb Stunden vor Beginn des Strache-Auftritts, beendete die Polizeieinheit gewaltsam diese Blockade, indem sie die DemonstrantInnen wegtrug und wegzerrte. Schon hier kam es zu ersten Übergriffen, Verletzten und Festnahmen. Zitat eines Polizisten zu seinem Kollegen, der einen Demonstranten festnahm: "Pass auf, dass der Arm nicht gleich da bricht!"

Die Polizei begann mit dem Aufbau von Absperrgittern, um die DemonstrantInnen vom Gebäude fernzuhalten und den BesucherInnen der RFS-Veranstaltung einen Korridor zu ermöglichen. Gut die Hälfte der DemonstrantInnen, darunter auch zahlreiche SchülerInnen, begab sich daraufhin zur Zufahrt Heinrichstraße, die alle Strache-Fans passieren mussten, die nicht als VIP’s durch Hintereingänge ins "Heizhaus" geschleust wurden. 150-200 Leute versuchten erneut, mit Menschenketten und Transparenten den Weg zu blockieren.
Bei den Versuchen, den Rechten den Weg frei zu machen, agierte die Polizei für Grazer Verhältnisse mit großer Brutalität: Die Einsatzeinheit ging mit Schildern, Fäusten, Schlagstöcken und Fußtritten gegen die TeilnehmerInnen der Blockaden vor, mehrere DemonstrantInnen wurden u.a. durch Prügel verletzt. Ein Beamter richtete z.B. seine Schläge mit dem Schlagstock gezielt gegen den Unterkörper von Leuten, die in den ersten Reihen der Blockade standen, andere Verletzungen gab es durch die heftigen Tritte der Stiefel der PolizistInnen. Selbst auf festgenommene DemonstrantInnen, die bereits wehrlos am Boden lagen, wurde noch eingeschlagen. Ein weiteres Zitat eines Beamten zu TeilnehmerInnen an der Blockade: "Euch bring ich heut noch ins Krankenhaus!"
Bedroht wurden aber auch Personen, die das Geschehen nur dokumentierten, oder gegen Übergriffe der Polizei protestierten, sogar Lehrende der Uni Graz. Ein Demonstrant wurde zu Boden gestoßen und verletzt, obwohl er mit einem Kind abseits stand.

Die Stimmung in der zunächst friedlichen Kundgebung wurde durch das aggressive Vorgehen der Polizei gegen die DemonstrantInnen im Laufe des Abends immer gereizter. Bevor es zu den in der Presse vielzitierten "Plastik)flaschen- und Dosenwürfen" gegen die PolizistInnen kam, waren diese mit Schlägen und Tritten gegen die DemonstrantInnen vorgegangen und hatten Leute verletzt, die nur mit Transparenten und Menschenketten den Weg blockierten.

Trotz allem schaffte es die Polizei nie ganz, die Situation in den Griff zu bekommen. Den teilweise sehr entschlossenen DemonstrantInnen gelang es immer wieder, die Polizeiketten zurückzudrängen. Erstaunlich viele DemonstrantInnen gaben den Versuch, den Zugang zu blockieren, bis zum Schluss der Kundgebung nicht auf. Über die Lautsprecheranlage und Megaphone kamen Musik und Redebeiträge der zur Demo aufrufenden Gruppen, aber auch – je nach Situation – rechtliche Informationen, Schilderungen der Übergriffe und die Aufforderung der OrganisatorInnen, mit dem Werfen von Gegenständen aufzuhören. Zahlreiche BesucherInnen der RFS-Veranstaltung (O-Ton einiger Fans: „Wir wollen unsern Führer hören!“) drehten angesichts der Demonstration wieder um. Hauptredner Strache musste die Veranstaltung durch den Notausgang betreten und wieder verlassen.

Im Inneren des "Heizhauses" nahmen die RednerInnen von FPÖ und RFS wiederholt auf die Demonstration Bezug – neben ihrer üblichen Propaganda, wie dass die ÖsterreicherInnen bald zur "Minderheit" und Bevölkerungen "umgetauscht" würden sowie dass in Nürnberg Menschen für einen "präventiven Angriffskrieg" verurteilt worden seien.

Bedauerlicherweise gab es auch Aktionen in der Kundgebung, die sich in dieser Situation nur kontraproduktiv auswirkten. Und es wäre sicher noch mehr möglich gewesen, wenn sich noch mehr Leute dem kollektiven Bemühen angeschlossen hätten, die Zugänge einfach durch Menschenketten zu blockieren.

Dennoch - für Graz war es eine bemerkenswerte Demonstration: Nicht nur wegen der unverhältnismäßigen Polizeigewalt erstmals auf dem Universitätsgelände, die eine rechtsextreme Veranstaltung durchsetzte, sondern vor allem, weil überraschend viele Leute kamen, blieben und auch angesichts des Polizeiaufgebots Widerstand leisteten.

Wir danken allen, die sich an der Demonstration beteiligt haben und allen, die versucht haben, DemonstrantInnen vor Polizeiübergriffen zu schützen.

Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!
Kein Fußbreit dem Faschismus

MayDay Graz, Graz am 15.05.2007