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[ 14. Jun 2007 ]

Toter bei Flugabschiebung in Spanien

Dokumentation einer Presseerklärung von Pro Asyl vom 13. Juni 2007 zum Tod von Osamuyia Aikpitanhi: Er starb geknebelt, weil auf dem Linienflug Ruhe herrschen sollte.

 

Erster Toter bei Flugabschiebung in Spanien


Ein Nigerianer starb geknebelt, weil auf dem Linienflug Ruhe herrschen sollte

PRO ASYL kritisiert brutale Abschiebungspraktiken und die Lernunfähigkeit der Polizeien der EU-Staaten

Der 23jährige Nigerianer Osamuyia Aikpitanhi ist das jüngste Todesopfer, das brutale Abschiebungspraktiken in Europa gefordert haben. Sein Tod an Bord einer Linienmaschine der spanischen Fluggesellschaft Iberia am 9. Juni 2007 macht deutlich, dass die Polizeien der EU-Staaten nicht in der Lage sind, aus den Todesfällen der Vergangenheit die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Aikpitanhi starb gefesselt und geknebelt, wobei zum bloßen Verschluss des Mundes offenbar der Einsatz eines regelrechten Knebels im Innern des Mundes gehörte.

Ein Knebel hat - im Unterschied zu Fesseln - keinerlei Sicherheitsfunktion. Definiert ist ein Knebel als ein Gegenstand, der jemandem in den Mund gesteckt wird, um ihn am Reden und Schreien zu hindern. Genau aus diesem Grunde muss wohl Aikpitanhi geknebelt worden sein – um ihn am Schreien zu hindern, nachdem er sich zuvor bei zwei Gelegenheiten gegen seine Flugabschiebung gewehrt hatte. Es gibt keinerlei Rechtfertigung für eine Knebelung. Mundverschließende und atembehindernde Techniken bei der Anwendung von Zwang haben bereits mehrfach die zentrale Rolle bei Todesfällen gespielt, zu denen es bei Abschiebungen kam. Die spanische Polizei hätte wissen können und müssen, wie lebensbedrohlich ihr Vorgehen war. PRO ASYL fordert von der spanischen Justiz zügige Ermittlungen. Nach den Erfahrungen mit zwei Todesfällen bei Abschiebungen in Deutschland muss dies die Rekonstruktion der Verantwortungskette einschließen. Der spanische Innenminister hat gestern behauptet, anders als unter der Vorgängerregierung sei unter der jetzigen Regierung weder eine Fesselung noch eine Narkotisierung von Abzuschiebenden zulässig. Demnach dürfte eine Knebelung umso weniger zulässig gewesen sein.

Es ist makaber, dass die EU-Staaten Abschiebungen zunehmend gemeinsam organisieren, ohne dass hierzu gemeinsame Standards EU-weit vereinbart und wirksam durchgesetzt worden sind. PRO ASYL ist deshalb besorgt über die Zunahme gemeinsam geplanter Charterabschiebungen im EU-Verbund, bei denen die begleitenden Beamten der jeweiligen Staaten unterschiedliche Praktiken anwenden. Nach deutscher Weisungslage sind atembehindernde Fesselungstechniken oder Klebebänder zum Verschluss des Mundes verboten. Die Weisungen sind nach dem Abschiebungstod von Aamir Ageeb an Bord einer Lufthansa-Maschine in Frankfurt ergangen.

PRO ASYL fordert nicht nur eine Bestrafung der Verantwortlichen und klare Richtlinien gegen die Anwendung exzessiver Gewalt durch die spanische Polizei. Die spanische Regierung sollte auch ein Monitoring von Abschiebungen durch Nichtregierungsorganisationen zulassen.

gez. Bernd Mesovic
Referent