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[ 04. Oct 2007 ]

Mit Austro-Imperialismus und Antisemitismus für den Iran

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Während einer Protestaktion gegen eine Kundgebung, die sich kritisch mit dem OMV-Deal im Iran befasste, kam es zu Übergriffen und antisemitischen Beschimpfungen. Auch Neonazis fanden sich unter den TeilnehmerInnen der Protestaktion.

 

Für den 30. September 2007 riefen Café Critique und die Israelitische Kultusgemeinde, anlässlich des geplanten Milliardengeschäfts der österreichischen OMV mit der iranischen Diktatur, zu einer Kundgebung auf dem Stephansplatz auf. Das für Ende dieses Jahres anvisierte 22-Milliarden-Euro-Geschäft der OMV im Iran würde Österreich und Europa auf lange Sicht zu strategischen Partnern dieser politischen Kräfte machen, die in neuen religiösen und politischen Formen an den Vernichtungswahn des NS-Staats anzuknüpfen drohen, heißt es im Aufruf zur Kundgebung.

Statt mit dem Mullah-Regime Geschäfte zu machen und so Aufstockung des iranischen Vernichtungspotentials mit Atomwaffen voranzutreiben, sollen sämtliche Möglichkeiten von ökonomischem und politischem Druck auf das Regime in Teheran ausgeschöpft werden, so die Zentrale Forderung der VeranstalterInnen. Auf der Kundgebung und einem damit verbundenen Symposium sprachen u.a. Kazem Moussavi (Green Party of Iran), Matthias Küntzel (Scholars for Peace in the Middle East) und Wahied Wahdat-Hagh (European Foundation for Democracy).

Die Gegenkundgebung


Bereits im Vorfeld sorgte die von von Café Critique und der Israelitischen Kultusgemeinde veranstalteten und u.a. von Beate Klarsfeld unterstützen Kundgebung unter dem Motto "Keine Geschäfte mit den iranischen Mullahs!" in einschlägigen Kreisen für Aufregung. Damit sind in diesem Fall sowohl vermeintlich linke AntiimperialistInnen als auch Neonazis gemeint. Letztere diskutierten in einem, dem rechtsextremen "Bund freier Jugend" (BFJ) nahestehenden Onlineforum intensiv über die Veranstaltung, während erstere bereits zu einer Gegenkundgebung unter dem Motto "Stoppt die Anti-Islam-Hetze! Kein Krieg gegen den Iran! Hände weg von Gaza - Freiheit für Palästina!" aufriefen.

Am 30. September 2007 trafen sich schließlich beide Parteien am Wiener Graben. Sowohl die "AntiimperialistInnen" (die in diesem Fall allerdings einen Pakt mit dem österreichischen Imperialismus eingingen) als auch einige Neonazis demonstrierten gemeinsam gegen die "Anti-Islam-Hetze" (O-Ton: Antiimps) bzw. gegen die "Judendemo in Wien" (O-Ton: Neonazis).

Die Kundgebung wurde von den Gruppen "ArbeiterInnenstandpunkt" (ASt), "Föderation türkischer ArbeiterInnen" (ATIGF) sowie der als :: antisemitisch eingestuften "Antiimperialistischen Koordination" (AIK) getragen. Die KundgebungsteilnehmerInnen schwenkten eifrig Irak-, Palästina- sowie Hisbollah-Fahnen.

"Ablehnung von Faschismus und Antisemitismus nicht nur leere Worte" ...


Unter den FahnenschwenkerInnen waren auch vier ziemlich eindeutig als dem BFJ zugehörig identifizierbare Männer. Sie verteilten Aufkleber auf denen "Krieg ist der Terror der Reichen - Terror ist der Krieg der Armen" zu lesen war. Auf dem deutlich lesbaren Impressum war die rechtsextremen Zeitschrift "Fakten" vermerkt. Trotzdem lagen die Aufkleber auch auf dem linken Infotisch.

Auf der Homepage der ArbeiterInnenstandpunkt-Jugend "Revolution" fand sich dazu folgendes Statement:
"Dass unsere Ablehnung von Faschismus und Antisemitismus nicht nur leere Worte sind, zeigte sich auch auf der Kundgebung selbst. Drei Nazis versuchten sich unter die KundgebungsteilnehmerInnen zu mischen, und ihre antisemitische Propaganda gegen Jüdinnen und Juden zu verbreiten. Mit solchen Kräften haben wir nichts gemein. Nach einem kleinen Handgemenge, haben wir die Faschos aus der Demonstration geworfen."

Ebenfalls anwesenden AntifaschistInnen mussten jedoch Szenen erleben, die der Darstellung von "Revolution" drastisch widersprechen. Als die AntifaschistInnen die OrganisatorInnen der Kundgebung auf die Anwesenheit der Nazis aufmerksam machten, kam es zu Handgreiflichkeiten. Es folgte eine Wegweisung der gegen die Nazis protestierenden Personen durch die herbeigerufene Polizei.

Kurz darauf kam es erneut zu einem Zwischenfall, als eine Person mit Hisbollahfahne auf umstehende AntifaschistInnen losging. Nach einem weiteren Handgemenge verfolgten Mitglieder von ASt, AIK & Co. gemeinsam mit der Polizei die Angegriffenen. Im Zuge dessen stellte die Polizei die Personalien von zwei Personen fest. Erst einige Minuten nach (!) den oben geschilderten Ereignissen wurden die Neonazis von den VeranstalterInnen zum Verlassen der Kundgebung aufgefordert. Sie konnten sich allerdings weiterhin, größtenteils ungestört, in der Umgebung der Kundgebung aufhalten.

Wenig später wurde eine Person attackiert, die von der Kundgebung gegen den OMV-Deal zum Infotisch der Gegenkundgebung ging und sich über die mitgeführten Hisbolla-Fahnen beschwerte. Darauf wurde die Person von einigen KundgebungsteilnehmerInnen als "Nazi-Jud" beschimpft und in weiterer Folge von der Polizei vom Kundgebungsort weggebracht.

Lob vom iranischen Fernsehen


Davon dass ihre Botschaft verstanden wurde, durften sich die TeilnehmerInnen der mit dem Iran solidarischen Kundgebung wenige Stunden später auf presstv.ir überzeugen. Dort erschien ein Video mit dem Titel "Pro Iran rally held in Vienna". Selbst Michael Pröbsting (ArbeiterInnenstandpunkt) und Willi Langthaller (Antiimperialistische Koordination) war es nicht zu blöd, sich für den iranischen Propaganda-Bericht namentlich zur Verfügung zu stellen.

Während Pröbsting im Video lediglich betont, dass er verhinder wolle, dass Österreich an der Seite von Großbritannien und den Vereinigten Staaten in den Krieg gegen den Iran zieht, gibt Langthaller Auskunft, wie "die Zionisten" seiner Meinung nach ticken. Sie seien Gewalttätig, würden Palästina zerstören und einen Genozid verüben. "Everywere were they can exert pressure and violence they do it", so Langthaller. Sogar auf seiner eigenen Kundgebung scheint er sich von "ihnen" verfolgt zu fühlen. Denn er könne - so Langthaller - hier nicht frei demonstrieren. (vgl. :: presstv.ir)

Folgen?


Dass die jüngsten Ereignisse zu einer längst fälligen Isolierung von den an der Gegenkundgebung beteiligten Gruppen von Seiten der antifaschistischen Linken führen werden, scheint derzeit eher unwahrscheinlich. Die Forderung danach sollte allerdings gerade jetzt an jene - zumeist trotzkistischen und/oder sozialdemokratischen - Organisationen gerichtet werden, die selbige Gruppen und ihre VertreterInnen nach wie vor in antifaschistischen Bündnissen dulden und vielen Menschen dadurch die Teilnahme an selbigen faktisch verunmöglichen.

Für politische Kräfte, die an der Seite des österreichischen Imperialismus mit Neonazis gegen Jüdinnen und Juden demonstrieren, sollte in einer Linken nach Auschwitz kein Platz sein. Doch die Umsetzung dieser so einläuchtend klingenden Forderung, wird - wie es scheint - erst noch hart erkämpft werden müssen.

Quellen:
DÖW
n3tw0rk
Café Critique