Aufruf zur Anti-Repressions Demonstration am Sa, 17. November 2007 in Rostock, Deutschland
Wenn die Willkür von staatlichen Behörden an der Absurdität ihrer Argumente gemessen werden kann, mit welchen sie nach dem G8-Gipfel Anklagen vor Gericht rechtfertigt, so haben Rostocker Justizbehörden inzwischen zweifellos einen Spitzenplatz in der "Olympiade der Willkür" errungen.
Allein schon so unsinnige Begründungen wie das Tragen von Sonnenbrillen und Basekaps führte damals im Juni 2007 und auch jetzt noch zu Verhaftungen und Verurteilungen wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot. Bereits die Kleidungsfarbe scheint schon kriminell genug. Denn ist diese schwarz, so stellte vor kurzem ein Rostocker Amtsrichter fest, reiche dies schon aus, seine Solidarität mit Gewalttätern auf einer Demonstration auszudrücken. Wie er weiter meinte, mache man sich damit automatisch auch des Landfriedensbruches strafbar, falls es auf dieser Demo zu Ausschreitungen kommt (Bericht von mehreren Prozessbeobachtern).
Weil die Polizei nicht in der Lage war, mit ihren stetigen Provokationen und den Lügen der eigens für den Gipfel gegründeten Polizeitruppe "Kavala" die gewünschte Bilder zu erzeugen, sondern statt dessen erfolgreiche und bunter Bilder der Blockaden um die Welt gingen, versucht sie nun verzweifelter denn je, eine neue Geschichte der G8 Proteste zu schreiben. Dies soll natürlich nur dem Ziel dienen, mit Präzedenzfällen eine rechtliche Grundlage für die zukünftige Repression des Staates zu schaffen und das angekratzte Image ihrer selbst wieder aufzupolieren: hunderte von Straf- und Bußgeldverfahren wurden eingeleitet, die Staatsanwaltschaft klagt wie am Fließband an. Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern hat extra dafür 8 neue Staatsanwälte in den Dienst gestellt.
Besonders deutlich wird die politische Absicht bei der Repression anhand des antifaschistischen Widerstandes im Rostocker Stadtteil KTV gegen den Naziladen East Coast Corner deutlich. Denn hier wird eklatant mit zweierlei Maß gemessen: Während sich die Nazis am 8.8.2007 bei einer Gegenveranstaltung vor dem genannten Laden in der Doberaner Strasse mit Latten und Stangen aktiv unter den Augen der Polizei bewaffnen konnten, wird zeitgleich der linke Protest von Staatsseite mit den Knüppel in der Hand zurückgedrängt und damit versucht, systematisch die Zivil Courage zu unterdrücken. Dies, um nur ein Beispiel zu nennen...
Doch das trauen sich Polizei, Richter und Staatsanwälte nur, weil ihnen keiner auf die Finger schaut/klopft. Und da sind wir gefordert. Neben Prozessbegleitungen, Öffentlichkeitsarbeit und Infoveranstaltungen ist es jetzt besonders wichtig, auf die Strasse zu gehen und die Machenschaften der Polizei und Justiz anzuprangern.
Zeigen wir Ihnen, dass es den Zusammenhalt im breiten Protestlager nicht nur temporär in den Kornfeldern vor Heiligendamm gab, sondern vor keiner Gerichtstür jemals halt machen wird! Dies zeigt auch die jüngste Demonstration in Berlin mit ca. 12000 Menschen gegen Vorratsdatenspeicherung, Überwachungsstaat und Sicherheitsgesetze.
Die jüngsten Angriffe der Repressionsbehörden auf linke Strukturen mit Zuhilfenahme des Kaugummiparagraphen 129a, die Vielzahl von Hausdurchsuchungen vor und nach den G8-Protesten sowie die geplante Vorratsdatenspeicherung soll uns einschüchtern und vom Widerstand abhalten. Die Drohung mit Onlinedurchsuchungen soll jedem von uns ein schlechtes Gewissen machen, wenn aus reiner Neugier nach dem Kürzel "MG" gegoogelt wird. Die andere Seite ist die Aufrüstung eines gesellschaftlichen Angstklimas durch das Inszenieren von Terrorbedrohungen - aus dem In-und Ausland!
Die Polizei und die Repressionsbehörden befinden sich seit dem G8-Gipfel in einer groß angelegten Aufrüstung. Eine stärkere internationale Polizeivernetzung, die in Echtzeit Fahndungsdaten, Persönlichkeitsprofile und "polizeiliche Lageeinschätzungen" für jeden Polizeibeamten in Europa abrufbar macht, macht neben neuen Verordnungen, neuen Gesetzesauslegungen, den Einsatz neuer Techniken, auch neue Feldversuche notwendig, die die Privatsphäre eines jeden verletzen kann/wird. Und dafür war der G 8-Gipfel genau die richtige Testwiese, um neue und schnelle Repression auch für die Zukunft zu erproben.
Es ist schon beeindruckend zu sehen, wie einfach es in inzwischen ist, dass sich eine Polizeitruppe wie die Kavala von sämtlichen politischen Kontrollinstanzen los sagen kann und sich sogar im Gefängnis eigene Richter - die "Kavalajustiz" halten darf. Neben der Installation neuer Repressionsmaschinerien dient die mediale Inszenierung von Polizei- und Justizseite nur dazu, das angekratzte Image aufzupolieren. Doch das lassen wir so einfach nicht zu! Darum lasst uns ihnen diese Imageaufbereitung gründlich vermasseln! Gegen anhaltende staatliche Repression - gegen 129a!!! Es gibt keinen Grund, sich zurückzulehnen!
Es gibt noch einen weiteren Anlaß, Widerstand gegen Polizei und Justiz wegen Gipfelprotesten auf die Straße zu tragen. Der nächste G8-Gipfel in Italien 2009 rückt näher, aber noch immer wird gegen AktivistInnen wegen des G8 2001 in Genua verhandelt. Während die Verfahren gegen Polizeikräfte verschleppt werden, wird in einem Prozeß gegen 25 DemonstrantInnen ein Urteilsspruch in nächster Zeit erwartet. Geht es nach der Staatsanwaltschaft, sollen insgesamt 225 Jahre Haft verhängt werden. :: Auch in Genua wird am 17.11. gegen die Repression nach dem Gipfelprotest demonstriert.