Der 25. November steht jedes Jahr weltweit im Zeichen des Kampfes um Befreiung von Formen gegen Frauen gerichteter Gewalt.
Diese Tradition geht zurück auf das Schicksal dreier Frauen, die 1960 in der Dominikanischen Republik nach einem Besuch politischer Gefangener von Schergen des Trujillo-Regimes vergewaltigt und ermordet wurden. Der 1982 von lateinamerikanischen Aktivistinnen eingeführte Internationale Frauenaktionstag sollte der hiesigen Linken als Anlass dienen, Stellung gegen staatlichen Sexismus in der BRD zu beziehen. Hiervon betroffen sind beispielsweise in die Mühlen der rassistischen Abschiebepraxis geratene Migrantinnen.
An wenigen Orten in der BRD wird dies ähnlich deutlich wie im niederrheinischen Neuss, wo seit 1993 der bundesweit einzige Frauenabschiebeknast in Betrieb ist - mitunter mit tödlichen Folgen: So versuchte dort Mitte letzten Jahres eine von Abschiebung nach China bedrohte 57-jährige Frau aus Bochum sich zu erhängen. In den Morgenstunden des 8. Mai 2006 starb sie in einem Krankenhaus in Neuss an den Folgen des Suizidversuchs. Die aus Shanghai stammende Frau war am 21. Januar 2006 in einem China-Restaurant von Zivilbeamten mit der Begründung des Fehlens einer Aufenthaltsgenehmigung bzw. eines Passes festgenommen und von einem Amtsrichter in Abschiebehaft geschickt worden.
"Mit Wut, Zorn und Trauer erfüllt uns die Nachricht, dass es einen erneuten Todesfall in der Abschiebehaft gibt. Wie viele Menschen müssen sich noch das Leben nehmen, bevor die Bundesregierung lernt, dass nicht in Krisengebiete abgeschoben werden darf", benannte der Vorsitzende des Bürener Hilfsvereins Frank Gockel die politische Verantwortlichkeit für die menschliche Tragödie. "Die JVA Neuss muss ersatzlos geschlossen werden, nur das wäre ein Schritt zu einer humaneren Flüchtlingspolitik."
Der Suizid dieser verzweifelten Frau ist kein Einzelfall und wenn er auch schon einige Zeit zurückliegt, zeigt er einmal mehr, wie wichtig es gerade für die politische Linke ist, kontinuierlich MigrantInnen praktisch zu unterstützen und die antirassistische Arbeit allgemein zu stärken.
Abschiebehaft bedeutet für die bis zu 18 Monaten lang Inhaftierten ein "Leben" hinter Mauern und Sicherheitsdraht, bewacht von bewaffnetem JVA-Personal.
Insgesamt sind seit 1993 in Deutschland etwa 49 Suizide in Abschiebehaft dokumentiert. Da keine offiziellen Statistiken existieren, dürfte die Dunkelziffer wesentlich höher liegen.
Das einzige "Verbrechen" von Abschiebehaft bedrohter Frauen ist ihre Migration in die BRD, wo sie als "Sans Papiers" ein von permanenter Unsicherheit und Angst geprägter Alltag erwartet.
Die Frauen fliehen vor Genitalverstümmelung, Zwangsprostitution, Zwangsverheiratung. Sie entschließen sich zur Migration, weil sie in ihrem Herkunftsland keine Chance auf Bildung oder Ausbildung haben. Frauen entscheiden sich zur Flucht, weil sie als Lesben, Angehörige einer ethnischen bzw. religiösen Minderheit oder politische Aktivistinnen verfolgt werden. Frauen treffen die Entscheidung zur Migration, weil sie keinerlei Möglichkeit sehen, genügend Geld zum Leben zu verdienen. Sie migrieren, weil sie sich nicht in die vorgeschriebenen Frauenrollen pressen lassen wollen. Frauen fliehen vor Kriegen, vor den Folgen der Kolonialisierung. Sie werden vertrieben, sie entfliehen der gezielten Zerstörung ihrer wirtschaftlichen und ökologischen Lebensgrundlagen.
Laut NRW-Landesjustizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter ist die angekündigte Verlegung des Frauenabschiebeknastes nach Büren vom Tisch. Auch zukünftig werden also Migrantinnen, derzeit sind es rund dreißig Frauen, die Zeit bis zu ihrer Deportation in für sie oftmals lebensgefährliche Verhältnisse innerhalb der Mauern der Haftanstalt Neuss verbringen müssen.
Weg mit allen Abschiebeknästen!
Kein Mensch ist illegal!
No Border, no Nation, stop Deportation!
Dieser Aufruf des Aktionsbündnis für globale Bewegungsfreiheit erschien zuerst am 22. Nov 2007 auf :: de.indymedia.org.
Aufruf zur Demonstration in Neuss, 24. Nov 2007
Den sexistischen und rassistischen Normalzustand brechen!
Demonstration gegen den Frauen-Abschiebeknast in Neuss
Samstag, 24. November 2007, 14:00 Uhr
Neuss, Marienkirchplatz (Hauptausgang Hbf)
Im Anschluss an die Demo lädt die Antifa Neuss gegen 19:00 Uhr zu einer "Antifa-Soli-Party" ein.
"Es gibt keine Dolmetscher im Knast. Keine Hinweiszettel..., die Frauen wissen nicht Bescheid. Sie haben keine Ahnung, sie müssen warten." (Fatma Bag - Abschiebegefangene in Neuss)
In Neuss (NRW) befindet sich seit 1993 der bundesweit einzige Frauen- Abschiebeknast.Der Knast liegt mitten in der Neusser Innenstadt in einer ruhigen Wohnstrasse und wird kaschiert durch eine unauffällige Fassade. Der einzige Grund für die Inhaftierung der Frauen ist ihre Migration in die BRD.
Es gibt unzählige Gründe, wegen denen Frauen ihre Herkunftsländer verlassen, aber es gibt für sie fast keine Möglichkeit einen legalen Aufenthaltstitel für die BRD zu bekommen. Auch das so genannte "Zuwanderungsgesetz" - mit der treffenden offiziellen Bezeichnung:
Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern - und auch die "Bleiberechtsregelung", die eher Abschieberegelung genannt werden sollte, haben nichts daran geändert.
Ca. 1,5 Millionen Menschen - ein großer Teil davon sind Frauen - leben z.Zt. in der BRD in einem Zustand der Illegalisierung, d.h. ohne gültigen Aufenthaltstitel und damit nahezu ohne Rechte. Sie arbeiten hier, nebenan, um die Ecke von uns in der Sexindustrie, in privaten Haushalten oder in der Gastronomie, und immer in prekären Lohn- und Arbeitsverhältnissen. Die Gesellschaft profitiert von ihnen, denn Menschen zu illegalisieren, bedeutet unter anderem, sie für den Arbeitsmarkt ausbeutbar zu machen und sich damit ein frei verfügbares, unsichtbares und entrechtetes Potential an ungeheuer billigen Arbeitskräften zu schaffen.
Leagalisierung statt Razzien!
Weg mit den Knästen!
Bleiberecht für alle!
Bericht von Demonstration gegen den Frauenabschiebeknast
Heute, am 24. November 2007, gingen mindestens 250 Menschen aus feministischen, antirassistischen und antifaschistischen Zusammenhängen anlässlich des "Internationalen Aktionstages gegen Gewalt gegen Frauen" in Neuss auf die Straße.
Die Demonstration richtete sich gegen den bundesweit einzigen Frauenabschiebeknast, der sich seit 1993 auf der Neusser Grünstraße befindet. Der alleinige Grund für die Inhaftierung der dort festgehaltenen Frauen besteht in ihrer Migration in die BRD. Weil sie sich Angriffen auf ihre körperliche Unversehrtheit und ihr Selbstbestimmungsrecht als Frau nicht fügen wollten, verbringen die MigrantInnen bis zu 18 Monate ihres Lebens hinter hohen Mauern und Stahltoren, bewacht von bewaffnetem Justizvollzugspersonal, über ihr weiteres Schicksal weitgehend im Unklaren gelassen. Die eingeknasteten Frauen müssen mit der Angst und Ungewissheit leben, zu jeder Tages- und Nachtzeit abgeschoben zu werden. Vergangenes Jahr führte diese Tortur zum Suizid einer Gefangenen hier in Neuss!
Der Demonstrationszug zog direkt vor den Abschiebeknast, wo lautstark versucht wurde, den inhaftierten Frauen durch mehrsprachige Redebeiträge, Parolen und Sambaklänge ein wenig Mut und Kraft zu spenden. Im weiteren Verlauf drohte die Situation aufgrund am Straßenrand provozierender Neonazis kurzzeitig zu eskalieren. Nachdem die Faschisten das Weite gesucht und die alarmierte Einsatzhundertschaft sich beruhigt hatte, konnte die Demonstration jedoch wie geplant weiter durchgeführt werden.
Saskia Goldmann vom veranstaltenden "Aktionsbündnis für globale Bewegungsfreiheit" zieht ein positives Resümee des Tages: "Durch unsere gut besuchte und entschlossene Demonstration, einen Infostand und weitere Aktivitäten konnten wir über die rassistische Abschiebepraxis, die für viele MigrantInnen die Deportation in für sie lebensgefährliche Verhältnisse bedeutet, informieren. Auch weiterhin werden wir für eine Welt ohne Grenzen und sexistische Ausbeutung kämpfen."
Bericht des "Aktionsbündnis für globale Bewegungsfreiheit", zuerst veröffentlicht am 24. Nov 2007 auf :: de.indymedia.org