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[ 09. Jan 2008 ]

Schließung der Ausstellung 'Vom Polizeigriff zum Übergriff' in Wuppertal

Polizeiteddybär mit Text: Wer richtig deutsch ausschaut, hat nichts zu befürchten

Presseerklärung des Netzwerks 'BürgerInnen beobachten die Polizei'
Die Ausstellung dokumentiert verschiedene Polizeiübergriffe, insbesondere gegen MigrantInnen, und beschäftigt sich mit der Frage, ob es sich dabei um Einzelfälle oder um ein strukturelles Problem handelt.

 

Wir, das Netzwerk 'BürgerInnen beobachten die Polizei', haben heute mit großem Unverständnis und Entrüstung erfahren, dass die Ausstellung 'Vom Polizeigriff zum Übergriff', die gestern im Haus der Jugend Barmen eröffnet wurde, auf Anweisung des Oberbürgermeisters abgenommen wurde. Die Ausstellung des Antidiskriminierungsbüros in Berlin dokumentiert in sehr präziser Form verschiedene Polizeiübergriffe, insbesondere gegen MigrantInnen, und beschäftigt sich mit der Frage, ob es sich dabei um Einzelfälle oder um ein strukturelles Problem handelt: mangelnde unabhängige Kontrolle der Institution Polizei, Corpsgeist, Racial Profiling, häufige Straffreiheit für Beamte u.s.w. Herr Jung behauptet, die Ausstellung würde 'die Arbeit und das Ansehen von Polizeibeamten verunglimpfen und diffamieren'. Es geht bei der Ausstellung jedoch nicht darum, jeden einzelnen Polizisten oder Polizistin als Gewalttäter oder Rassistin zu stigmatisieren, sondern darum, das Problem als ein strukturelles Problem der Institution Polizei zu thematisieren und zu diskutieren. Wenn der Herr Oberbürgermeister bei der Eröffnung gewesen wäre und sich die Ausstellung angesehen hätte, so hätte er sich davon überzeugen können.

Auch andere Organisationen greifen die Thematik auf, etwa Amnesty international 2004 mit der Publikation: Erneut im Fokus? Vorwürfe über polizeiliche Misshandlungen und den Einsatz unverhältnismäßiger Gewalt in Deutschland ( im Internet unter
http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/windexde/LB2004001)

In Wuppertal hat das Medienprojekt solche Fälle in zwei Filmbeiträgen dokumentiert: 'Dein Freund und Helfer' sowie 'Nix Passiert' sollten am 22.01.2008 im Haus der Jugend zu sehen sein - nun wird nach anderen Räumen gesucht.

All die dokumentierten Fälle sprechen deutlich dafür, dass wir es auch im Bergischen Land mit einem gesellschaftlichen Problem zu tun haben, das öffentlich diskutiert werden muss - durchaus auch kontrovers - und eben dies wollen wir von 'BürgerInnen beobachten die Polizei' mit der Ausstellung und der Veranstaltungsreihe erreichen. Deshalb hoffen wir, dass sich andere öffentliche Räume finden, in denen die Ausstellung stattfinden kann und die Veranstaltungen durchgeführt werden können.

Text zur Ausstellung


Beleidigungen, Schikanen, Tritte und Schläge durch Polizisten sind für viele Menschen in Deutschland traurige Realität. Neben Linken, Prostituierten und Obdachlosen werden vor allem MigrantInnen vermehrt Opfer von Polizeigewalt. Sie berichten von systematischen Übergriffen, die mit einer 'verdachtsunabhängigen' Kontrolle beginnen, mit rassistischen Beleidigung ihren Lauf nehmen und in Tritten und Schlägen enden. Für die Betroffenen bedeutet der Übergriff häufig das Gefühl völliger Ohnmacht gegenüber Polizei und Staat. Dies wird durch die geringe Chance einer strafrechtlichen Ahndung des Übergriffs noch verstärkt. Auf Grund einer ungerechtfertigten Gegenanzeige und einer systematischen Nicht-Verfolgung und Nicht-Sanktionierung von Übergriffen hat meistens nicht der Täter, sondern das Opfer mit einer Verurteilung zu rechnen.

· Sind Schläger in Uniform nur wenige 'Schwarze Schafe' und Opfer ihrer Arbeitsbedingungen? Oder sind es doch strukturelle Mängel in der Polizei, die Übergriffe erst ermöglichen oder sogar fördern?

· Warum geraten vermehrt MigrantInnen in das Visier der Polizei und werden Opfer von Übergriffen? Ist der Rassismus in der Polizei nur ein Spiegelbild der Gesellschaft oder steckt mehr dahinter?

· Warum werden die Täter durch Kollegen, Polizeiführung und Politik gedeckt? Und warum haben die Täter keine Verurteilung zu fürchten, während viele Betroffene allein aus Angst vor einer Gegenanzeige keine Anzeige erstatten?

Auf diese und viele weitere Fragen versucht die Ausstellung 'Vom Polizeigriff zum Übergriff' antworten zu finden und Betroffenen eine Stimme zu geben. Dabei geht es nicht darum, jedeN einzelneN PolizistIn als RassistIn oder potentielleN GewalttäterIn zu stigmatisieren, sondern darum, das Problem als ein strukturelles Problem der Institution Polizei zu problematisieren und mit zu diskutieren, welche Gegenstrategien von Betroffenen und verantwortlichen Institutionen sinnvoll sein können.

Geplante Veranstaltungen


Die geplanten Veranstaltungen werden auf jeden Fall stattfinden. Der neue Ort für die Veranstaltungen wird rechtzeitig bekannt gegeben.

Do., 17.01.2008, Beginn 19:00:
'Polizeigewalt gegen Flüchtlinge und MigrantInnen - Struktur oder Einzelfall?'
Flüchtlinge und MigrantInnen werden - vor allem, wenn sie 'illegalisiert' sind - mit militärischen Mitteln an den Grenzen (BGS / Frontex) abgewiesen und mit polizeilichen Mitteln aus Kerneuropa ausgewiesen. Das Konstrukt vom 'Illegalen', vom 'afrikanischen Drogendealer' oder neuerdings vom 'islamischen Terroristen' schafft Feind-Bilder, die im polizeilichen Handeln relevant werden. Denn polizeiliches Handeln unterliegt nicht dem Zwang zur Unschuldsvermutung - es ist vielmehr der Verdacht, der die Beamten handeln oder nicht-handeln lässt.
Die Sondergesetze für 'Ausländer', die strukturelle Entrechtung und der gesamtgesellschaftliche Rassismus tun ihr übriges dafür, dass MigrantInnen in besonderem Maße Opfer von Polizeiübergriffen werden.
Info- und Diskussionsveranstaltung mit Dirk Vogelskamp (Komitee für Grundrechte und Demokratie) und Klemens Ross (Republikanischer Anwaltsverein)

Di. 22.01.2008, Beginn 19:00
Film- und Diskussionsveranstaltung: Polizeigewalt im Bergischen Land -
Chaostage 07 und andere Übergriffe gegen Jugendliche, Punks und MigrantInnen
Schikanen und Übergriffe durch Polizeibeamte kommen leider auch im bergischen Städtedreieck vor. Manchmal ist durch einen glücklichen Zufall eine Kamera dabei, wie etwa bei dem Punkertreffen im Juni 2007.

'Dein Freund und Helfer'
ist eine Dokumentation über Polizeiübergriffe und Gegenaktionen der letzten Monate in Wuppertal
In einem anderen Fall wurde der Übergriff in Interviews und nachgestellten Szenen dokumentiert:
'Nix passiert'
ist eine persönliche Reportage über rassistische Polizeigewalt in Wuppertal. Abraham, ein Wuppertaler afrikanischer Herkunft, wird auf dem Nachhauseweg am Karlsplatz grundlos festgenommen. Bei der Festnahme wird er von Polizisten gefesselt, beleidigt und später auf der Polizeiwache Hofkamp verprügelt und getreten. Die Untersuchung des Vorfalls auf seine Anzeige hin läuft ins Leere.
(Beide Filme sind vom Medienprojekt Wuppertal)