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[ 21. Apr 2008 ]

Appell von Bamako

Am 15. und 16. März 2008 fanden in Bamako, Mali offene Treffen mit ArbeitsmigrantInnen statt, die aus Europa abgeschoben oder zurückgewiesen wurden. Dokumentation eines Appells an die Regierung Malis.

 

Die Tagung wurde von der malischen Organisation von Abgeschobenen (Association Malienne des Expulsés) und ihren UnterstützerInnen (die Zeitung "Sanfin", Cargo cult, Netzwerk Kayra, Aide MAli, Novox, LJDH, CAD-Mali) organisiert. Die Tagung verzeichnete die aktive und kämpferische Teilnahme von etwa 200 abgeschobenen und zurückgeschobenen MigrantInnen, zivilgesellschaftlichen Gruppen und europäischen PartnerInnen.


Appell


Auf internationaler Ebene verschlechtert sich die Rechtslage von MigrantInnen. Die Einwanderungsgesetze verschärfen sich immer weiter infolge der verstärkten Repression, der Zusammenarbeit in der Abwehr von Flüchtlingen und der Auslagerung der europäischen Grenzkontrollen.

Die Einsetzung des Programms von Den Haag 2004 (Auslagerung der Grenzkontrollen) hat auch zu einer verstärkten Repression gegen MigrantInnen in Europa geführt. Dieses Programm macht die Transitländer zur Grenzpolizei Europas - es wird regelrecht Krieg gegen MigrantInnen geführt. Die SoldatInnen sind dabei die afrikanischen Staaten und die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX, der bewaffnete Arm Europas. Die ersten Opfer dieses Kriegs sind die "Reisenden ohne Visum", die beim Versuch, die europäische Grenze zu erreichen, Schreckliches erleiden, und durch die Behörden der afrikanischen Transitländer zutiefst gedemütigt werden, wenn sie nach Mali zurückgeschoben werden.

Die EU-Richtlinie zur Rückkehr, über die im Mai 2008 abgestimmt wird, sieht die Möglichkeit vor, Personen ohne gültigen Aufenthalt 18 Monate zu inhaftieren und bei einer Abschiebung von Sans Papiers eine Einreisesperre für Europa von 5 Jahren zu verhängen.

Die EU und besonders Frankreich nutzen die Abhängigkeit der afrikanischen Länder von finanziellen Investitionen aus, um ihre Einwanderungspolitik durchzusetzen. Aber diese Gelder entsprechen nicht einmal dem Bedarf unserer Länder, wie die Tatsache zeigt, dass der finanzielle Beitrag der im Ausland lebenden MalierInnen zur Entwicklung in Mali höher ist als die sogenannte Entwicklungshilfe. Diese Zahlungen, die Entwicklungsprojekten zugute kommen sollen, werden in Wirklichkeit zur Kontrolle der Flüchtlinge verwendet: 10 Millionen Euro aus dem Europäischen Entwicklungsfond fließen in das geplante Zentrum für Information und Verwaltung der Auswanderung aus Mali, das dafür zuständig ist, Migration zu bekämpfen und Migrationsbewegungen zu kontrollieren.

Aber ab heute laufen die MalierInnen im Ausland Gefahr, durch die Rückübernahmeabkommen, die der Staat Mali auf Bestreben Frankreichs unterzeichnen soll, ganz ihrer Rechte beraubt zu werden. Zwar übt Frankreich großen Druck auf Mali aus, wie auf alle afrikanischen Staaten, das Abkommen zu unterzeichnen, aber der Staat muss sich dagegen auf der 8. Zusammenkunft des franko-malischen Komitees, die vom 17. bis 19. März 2008 in Paris stattfinden wird, wehren. Wir müssen Widerstand leisten. Mali darf sich nicht beugen.

Sans Papiers, Abgeschobene und Zurückgeschobene haben angefangen, sich in verschiedenen Gruppen in Europa und Mali zu organisieren. Sie treten aus dem Verborgenen heraus, sie schämen sich nicht mehr und sie haben beschlossen, für ihre Rechte zu kämpfen. Wir müssen diese Mobilisierung ausweiten und nicht mehr nur Abschiebungen verurteilen, sondern gleichzeitig unsere Rechte einfordern.

Wir fordern vom Staat Mali

  • die bilateralen Rückübernahmeabkommen mit dem französischen und spanischen Staat nicht zu unterzeichnen, die zu einer Beschränkung der Einwanderung in die EU auf ausgewählte ImmigrantInnen und zur Ausweitung der Abschiebungen von malischen ArbeiterInnen ohne Papiere führen würden
  • seine Konsulate aufzufordern, keine Laissez-passer mehr auszustellen, die die Abschiebung von MalierInnen erleichtern
  • die Legalisierung aller ArbeiterInnen ohne Papiere zu fordern
  • Familienzusammenführung zu verlangen
  • vom französischen Staat die Rückgabe des Besitzes der Abgeschobenen zu fordern, und dass sie von ihren Rechten Gebrauch machen können, die sie durch ihre Beitragszahlungen erworben haben
  • die Richtlinie der Europäischen Union zur Rückführung zu verurteilen, die eine regelrechte Demütigung der afrikanischen Bevölkerung ist
  • die Zusammenarbeit mit der Granzschutzagentur FRONTEX abzulehnen, die gegründet wurde, um die Kontrolle der europäischen Grenzen auszulagern
  • zu fordern, dass das Zentrum für Information und Verwaltung der Auswanderung nicht eröffnet wird und die vorgesehenen Gelder in die Unterstützung der abgeschobenen und zurückgeschobenen Personen fließen
  • alle Abgeschobenen und Zurückgeschobenen zu unterstützen, die ja nur versucht haben, nach Europa zu gehen, um ihren Familien, und damit ihrem Land, zu helfen, sich zu entwickeln
  • ein paritätisch besetztes Komitee zu gründen, bestehend aus RegierungsvertreterInnen und Abgeschobenen, um die erlittenen Schäden abzuschätzen

Wir wünschen uns, dass wir nach diesen Tagen, die uns stärker verbunden haben, gemeinsam weiterkämpfen werden.

Wir fordern alle Abgeschobenen auf, sich uns anzuschließen und sich massiv zu mobilisieren

Bamako, der 16. März 2008


Unterstützt von den anwesenden Organisationen: ARACEM, AIPDRDA, Cimade, Droit Devant, Confédération Générale du Travail, Réseau Education Sans Frontière,Réseau Noborder/frassanito,
Comité des Sans papiers, Confédération National du Travail (Secrétariat international), Collectif 69 de soutien aux demandeurs d'asile et sans papiers, MRAP Rhône, Solidaires Rhône, ANAFE.