Es war die größte Massen- abschiebung der EU-Geschichte: Eine gecharterte Airbus-Maschine flog am Freitag, 14.11.2008 heimlich 71 Flüchtlinge nach Nigeria und Gambia.
In Ermangelung anderer Quellen dokumentieren wir einen Artikel der Zeitung 'Österreich' und aus der Wiener Zeitung, beide vom 19.11.2008
Abschiebungen gibt es fast täglich - aber noch nie zuvor in dieser Dimension. Am Freitag wurden 71 abgelehnte Asylwerber aus elf EU-Staaten in ihre Heimat gebracht: per Charter-Maschine vom Flughafen Wien-Schwechat, direkt nach Lagos (Nigeria) bzw. weiter nach Banjul (Gambia). Die Öffentlichkeit wurde darüber nicht informiert.
Das ergeben ÖSTERREICH-Recherchen, die vom Innenministerium bestätigt werden. 'Es handelte sich um eine EU-Abschiebung, bei der Österreich als 'Leading Nation' fungiert hat', sagt Ministeriumssprecher Rudolf Gollia.
200 Beamte
Der Aufwand für die Massenabschiebung war gigantisch: 68 Nigerianer und drei Gambier wurden mit Zubringerflügen aus der halben EU nach Wien gebracht, fünf Asylwerber aus Österreich waren an Bord. Im Schnitt kamen auf jeden 'Abzuschiebenden' 2,6 Polizisten, knapp 200 in- und ausländische Beamte waren an Bord des gecharterten Airbus 330-200 (Kostenpunkt: 304.792 Euro). Zudem waren ein Arzt und zwei Beobachter dabei, die die gefesselten Afrikaner betreuten.
Lob
Dabei war auch Günter Ecker vom Verein Menschenrechte. Der umstrittene Menschenrechtler (er wurde wegen Behördennähe kritisiert) ist voll des Lobs: 'Erstaunlich, wie professionell die Operation durchgeführt wurde', sagt er.
Die Kosten der Aktion trägt übrigens die EU-Agentur Frontex: Sie erstattet den elf Nationen exakt 569.535,03 Euro zurück, den Mammut-Teil bekommt Österreich.
Demos
Warum aber die Geheimniskrämerei? Dazu Sprecher Gollia: 'Es gab keine Notwendigkeit, die Operation zu kommunizieren.' Beobachter glauben, dass man Proteste verhindern wollte: In Deutschland mobilisieren Charterabschiebungen tausende Demonstranten.
Quelle: Tageszeitung Österreich vom Mittwoch, 19. November 2008
Abschiebungen per Sammelflug aus ganz Europa
Aufzählung Wien/Lagos. (wegro) Europa scheint einen gangbaren Weg zur Abschiebung unerwünschter oder krimineller Ausländer gefunden zu haben. Das System der "Sammelabschiebungen" hat bereits beim Erstflug im August gut funktioniert, vergangenen Freitag startete in Wien der zweite Charterflieger mit knapp 79 Afrikanern aus zehn europäischen Ländern an Bord; fünf davon kamen aus Österreich. Ziel waren die nigerianische Hauptstadt Lagos sowie die Hauptstadt Gambias, Banjul. Finanziert hat die Flüge die europäische Grenzschutzbehörde "Frontex", als Organisator fungierte in beiden Fällen Österreich, das bei Problemabschiebungen in der Vergangenheit - teils leidvolle - Erfahrungen sammeln konnte.
Entsprechend streng (und teuer) sind die Vorgaben von "Frontex", die pro Abzuschiebenden zwei Bewacher an Bord vorschreibt. Alle 79 Passagiere wurden in ihren Heimatländern problemlos aufgenommen, was speziell in Gambia oft ein Problem war. Einer der drei Nigerianer aus Österreich reiste freiwillig heim - er flog ohne Bewachung und sogar mit Übergepäck.
Quelle: Wiener Zeitung vom Mittwoch, 19. November 2008