Am Dienstag, 28. April wurden die Medien auf die rassistische Kontinuität seit dem Tod von Marcus Omofuma aufmerksam gemacht und zur Demonstration am 10. Todestag, dem 1. Mai 2009, in Wien aufgerufen.
Am Podium: Damien Agbogbe (WIK), Michael Genner (Asyl in Not)
Moderation: Tülay Tuncel (WIK)
Weiters anwesend: JournalistInnen von Kurier, Standard, Furche, Sat.1 und Pro Sieben, unabhängigen Medien sowie SchülerInnen der Karl Popper-Schule.
Damien Agbogbe beginnt mit der Aussage, dass der Rassismus aufgrund der Hautfarbe in Österreich in den letzten 10 Jahren nicht ab- sondern zugenommen hat. In einem emotional angelegten Teil seiner Rede schildert er den Ablauf der Tötung von Marcus Omofuma. Michael Genner schildert einige weitere Fälle von Tötungen durch die Polizei. Michael Genner und Damien Agbogbe betonen, dass die Täter durchwegs ungestraft davongekommen sind und dass dies einen Freibrief für weitere TäterInnen darstellt.
Aus diesem Grund veranstalten die Wiener Integrationskonferenz und Asyl in Not gemeinsam mit vielen anderen Organisationen am 1. Mai 2009 um 14.00h eine Kundgebung Ecke Mariahilferstraße / Museumsquartier beim Marcus Omofuma-Stein mit anschließender Demonstration. Die Route führt
- zum Parlament, wo die rassistischen Gesetze zumeist mit großer Mehrheit beschlossen werden,
- zum Bundeskanzleramt als Sitz der Regierung und von Manfred Matzka, der Anfang der 1990er Jahre für die Verschärfungen des Asyl- und Fremdenrechts zuständig war,
- zum Innenministerium, wobei die Polizei der Demoleitung untersagt hat, zum Innenministerium zu gehen, weshalb die Demonstration über den Michaelerplatz geführt wird und dann durch die Stadt weiter
- zum Stadtpark, dem Ort des Todes von Seibane Wague
Michael Genner hofft, dass der 1. Mai ein Beginn sein für eine zivilgesellschaftliche Opposition darstellt, die wieder in der Lage ist, Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. Derzeit sind die Organisationen und Netzwerke, die sich um die Einhaltung der Menschenrechte bemühen, in der Defensive. Viele Menschenrechtsverletzungen in den letzten Jahren konnten nicht verhindert werden. Auch das juristische Instrumentarium wird immer schwächer. Daher muss der Kampf auf die politische Ebene gebracht werden.
JournalistInnenfragen richten sich auf:
-- Menschenrechtsschulungen in der Polizei-Grundausbildung, was haben diese gebracht? Ist das ein Weg, grundlegend etwas zu verändern? Welche Wirkungen gehen über den Menschenrechtsbeirat hinaus?
Genner: Es steht in der Bibel: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, bzw. ist schlimmer geworden
Agbogbe: Die Menschenrechtsschulungen haben wenig gebracht, es war mehr eine kosmetische Arbeit, die der damalige Ressortchef Karl Schlögl initiiert hat. Auch der Menschenrechtsbeirat hat nur beratende Funktion, aber seine Meinungen werden nicht ernst genommen. Die Idee von Menschenrechtsschulungen im Rahmen der Grundausbildung bei der Polizei an sich ist lobenswert. Die tatsächlichen Früchte zeigen jedoch, dass in diesem Bereich noch viel zu machen ist. Wir haben in den letzten 10 Jahren viele Tote und Gefolterte zu beklagen
Genner: Ich leiste einen Beitrag zur Erziehung der BeamtInnen, indem ich deren Aktionen veröffentliche. Das internet ist eine gefürchtete Waffe. Einige haben sich daraufhin bei Asyl in Not gemeldet und sich gemäßigt, weil es unangenehm ist, namentlich genannt zu werden. Wäre ich Innenminister, aber das wird nicht passieren, dann würde ich eine Reform der BeamtInnenschaft an Haupt und Gliedern durchführen.
-- Gibt es im internationalen Vergleich Länder, wo es besser funktioniert?
Genner: Die Festung Europa ist kein spezifisch österreichisches Problem. Gerade in den Mittelmeerländern müssen wir fast täglich mitansehen, dass Menschen, die das Mittelmeer überqueren wollen, sterben. Die Innenminister der Festumg Europa bilden ein Gremium, das allen Verbesserungen entgegensteht, die auch in der EU angedacht werden.
-- Wie hat sich die Abschiebepraxis in den letzten Jahren geändert?
Genner: Es gibt nach wie vor Berichte von einem sehr rücksichtslosen Vorgehen der Polizei. So wurden Kinder um 4h früh aus dem Schlaf gerissen und mit dem gefesseltem Vater ins Gefängnis gebracht. Es gibt auch Berichte von Selbstmordversuchen. Eine 14-jährige wollte sich mit einem Messer umbringen, weil der Vater, der in Tscheteschnien gefoltert wurde, von der österreichischen Polizei abgeholt wurde. Der Selbstmordversuch konnte gerade noch verhindert werden. Ebenfalls besonders grausam ist der Fall einer HIV-infizierten Frau, der im Zuge der Deportation die Medikamente weggenommen wurden.
-- Diese Demonstration ist der erste Schritt. Was wäre der nächste?
Genner: In den Gemeinden, Schulen und Bezirken sollten sich Gruppen bilden, die schauen, ob Menschen in Gefahr sind und solidarisch zusammenhalten, um Menschen zu schützen. Es geht darum, die Augen offen zu halten und einzugreifen, wo Unrecht geschieht.
Agbogbe: Wir hatten in Wien eine Kampagne einer Schulklasse für eine Mitschülerin. Auslöser war, dass deren Eltern als Asylsuchende gekommen sind, weshalb diese Mitschülerin nicht wie alle anderen SchülerInnen auf eine Sprachreise mitfahren konnte. Die Klasse hat sich hinter sie gestellt. Die Schule hat Betroffene eingeladen. Innenminister Strasser wurde ebenfalls eingeladen. Er hatte auch fix zugesagt, aber an dem Tag ist er offiziell zurückgetreten. Die Initiative ging von den SchülerInnen aus. Für die Schule als Grundstruktur wäre es notwendig,
Solidarität zu zeigen.
-- Gibt es Daten zur Größe der afrikanischen Community in Österreich?
Agbogbe: Die vorhandenen Daten sind mit Vorsicht zu genießen. Laut Schätzungen sind mehr als 10.000 AfrikanerInnen in Österreich. Die Mehrheit der AfrikanerInnen ist noch nicht eingebürgert. Sie werden ständig auf der Straße perlustriert und wehe, wenn sie keinen Ausweis mit haben. Das ist eine tägliche Bedrohung. Die Operation Spring hat bewirkt, dass die Mehrheit der AfrikanerInnen sich nicht mehr traut, auf die Straße zu gehen, aus Angst, missverstanden zu werden und ins Gefängnis geworfen zu werden.
-- Ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen die Polizisten, die Marcus Omofuma getötet haben, realistisch? Müssen sich die Verurteilten fürchten?
Genner: Wir protestieren, aber wir haben keine Macht, ein neuerliches Verfahren durchzusetzen. Es wäre Sache des Justizminiteriums, die Sache neu aufzurollen.
Die Moderatorin Tülay Tuncel stellt fest, dass es keine weiteren Fragen gibt und beendet die Pressekonferenz mit einer Einladung an die Medien, die am 1. Mai stattfindende Kundgebung anzukündigen.
Wir laden alle ein, dabei zu sein und ein klares Zeichen zu setzen. Es geht nicht nur um Marcus Omofuma. Es gibt viele, die ermordet wurden. Es gibt viele, die bleibende Wunden davongetragen haben.
Einladung zur Pressekonferenz - APA OTS Aussendung
Wiener Integrationskonferenz - Vernetzungsbüro / 27.04.2009 / 11:03 / OTS0106 5 II 0159 WIK0001
PK am Dienstag, 28. April 2009 zum 10. Todestag von Marcus Omofuma am 1. Mai 2009 =
Wien (OTS) - Die Wiener Integrationskonferenz und Asyl in Not
laden zur Pressekonferenz am Dienstag, 28. Mai 2009, 10 Uhr, Café
Landtmann ein.
Beide Organisationen veranstalten am 1. Mai 2009 um 14 Uhr eine
Kundgebung unter dem Motto "Mord verjährt nicht" beim Omofuma-Stein
(Mariahilferstraße/Museumsquartier) und sodann ab 15 Uhr eine
Demonstration durch die Innenstadt (Parlament, Bundeskanzleramt,
Innenministerium, Stadtpark).
Die Aktion wird von der Black Community in Österreich und
zahlreichen Organisationen (darunter Ehe ohne Grenzen, Gesellschaft
für bedrohte Völker, GPA-djp-Jugend, ÖH Uni Wien, SOS Mitmensch und
andere) unterstützt.
Über Ziele und Hintergründe der Aktion informieren Sie am Dienstag:
Damien Agbogbe (Vorsitzender der Wiener Integrationskonferenz)
Michael Genner (Obmann von Asyl in Not)
Mitglieder der Black Community.
Rückfragehinweis:
Wiener Integrationskonferenz
Damien Agbogbe
mailto:t.tuncel (at) wik-vernetzungsbuero.at
www.wik-vernetzungsbuero.at
Asyl in Not
Michael Genner
mailto:m.genner (at) asyl-in-not.org
www.asyl-in-not.org
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271103 Apr 09