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[ 04. Dec 2000 ]

Anthony O.: auf Freispruch folgt Abschiebung

Nach dreizehn Monaten Untersuchungshaft und Freispruch in Schubhaft genommen

 

Am 6. November 2000 wurde der 24 jährige nigerianische Staatsbürger Anthony Onyeij in einer Gerichtsverhandlung vom Vorwurf der Beteiligung an Drogenverbrechen freigesprochen. Am selben Tag wurde er in Schubhaft genommen. Ihm droht nun unmittelbar die Abschiebung aus Österreich.

Razzia Zohmanngasse
Onyeij war im Zuge einer Polizeirazzia am 27. September 1999 im Gesellenheim Zohmanngasse festgenommen und des Drogenhandels beschuldigt worden. Die damals in auffÀlliger Nähe zur Nationalratswahl durchgeführte Razzia war bereits Anlass vielfacher Kritik gewesen: Die PolizistInnen hatten Türen aufgebrochen, ehe die Heimleiterin die notwendigen Schlüssel herbeischaffen konnte, die betroffenen Bewohner rassistisch beschimpft und in erniedrigender Weise behandelt. Ein Prozess gegen in der Zohmanngasse festgenommene Jugendliche war gekennzeichnet von Aussagen anonymisierter Zeugen, die völlig inkonsistent waren: so hatte sich deren Wissenstand über die angeblich kriminellen Aktivitäten der Angeklagten beim Prozess gegenüber jenem in den polizeilichen Vernehmungen deutlich verändert, während sie über wesentliche Sachfragen - etwa, welcher der Angeklagten welche Zimmer bewohnte oder mit wem verkehrte - keine Auskunft geben konnten. Die Aussagen der Heimleiterin - die es gut begründet ausschloss, dass in dem heim eine illegale Struktur bestanden haben konnte - jedoch fanden keine BeRücksichtigung im Urteil.

Überfallgsartige Abschiebung bei Nacht und Nebel
Am Freitag, dem 1. Dezember 2000 wurde abends bekannt, dass Anthony Onyeij am Montag, dem 4. Dezember 2000 um 6 Uhr 50 Morgens mit einer Maschine der KLM via Amsterdam abgeschoben werden soll. Damit wird Onyeij die Möglichkeit genommen, ein Verfahren nach dem Strafrechtlichen Entschädigungs-Gesetz auf Schadenersatz wegen der erlittenen Untersuchungshaft zu führen. Theoretisch stünden ihm für die 13 Monate dauernde Haft (die Schubhaft wird nicht mitgerechnet) eine knappe halbe Million Schilling an Entschädigung zu. Sein diesbezüglicher Antrag wurde in erster Instanz mit Hinweis auf einen Freispruch "im Zweifel" abgelehnt. Mit der Abschiebung würde Anthony Onyeij die Möglichkeit genommen werden, das Verfahren weiterzuführen.

Europäisches Gericht für Menschrechte als wesentliche Instanz
Und es scheint für die Republik durchaus gute Gründe zu geben, den Betroffenen an der WeiterFührung des Verfahrens zu hindern. Während sich nämlich Ablehnungen nach dem Strafrechtsentschädigungs Gesetz wegen Freispruchs "im Zweifel" durchaus hÀufen, konnten Betroffene vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bereits Urteile gegen die Republik Österreich erwirken, weil das Gericht keine Substanz des Zweifels erkennen konnte; die Einschränkung des Freispruchs also offensichtlich in Zusammenhang mit denkbaren Entschädigungsansprüchen stand. Umso nötiger ist es, Anthony Onyeij die Möglichkeit zu geben, seinen Entschädigungsanspruch durch die Instanzen ausjudizieren zu lassen.

Sofortiges Handeln
Der Verein "gemeinsam gegen Rassismus" ruft alle Menschen auf, sofort gegen diese Abschiebung zu protestieren.
"Schickt noch vor Montag Faxe an: - Bundesminiserium für Inneres: Fax: (+43-1) 52152-2727
- Bundesministerium für Justiz: Fax: (+43-1) 521 52-272
- Fluglinie KLM Tel: 58924-5091 oder 7131550-90
- die Österreichischen Botschaften und Institutionen

Schickt Telegramme an: Anthony ONYEIJ
Polizeigefangenenhaus Ost
Hernalser Gürtel 6-12 A-1080 Wien

Danke für Eure solidarität!