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[ 17. Jun 2009 ]

Fekter erweitert die Liste der sicheren Herkunftsländer

Zerschossenes Schild 'Vorsicht Balkan'

Flüchtlinge aus Staaten des ehemaligen Jugoslawien haben künftig kaum mehr Chancen auf Asyl in Österreich, ihre Herkunftsstaaten seien sicher. Der Kommissar für Menschenrechte des Europarats kommt zu einer anderen Einschätzung der Situation z.B. für Roma im Kosovo.

 

Innenministerin Maria Fekter will schnellere Asylverfahren mit aller Konsequenz durchsetzen. Der Ministerrat beschloss daher am 16.6.2009 die rechtliche Grundlage für die Fremdenrechtsverschärfung. Konkret wurde durch die Drittstaatenverordnung die Liste der sicheren Herkunftsstaaten - also jener Länder, aus denen die AsylwerberInnen stammen und die laut EU-Richtlinie als sicher gelten - erweitert.
Ab 1. Juli gelten somit die Staaten des ehemaligen Jugoslawien als "sicher". Konkret betrifft die Erklärung die Länder Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Montenegro und Serbien.

Eine Prüfung der EU habe ergeben, dass dort keine Verfolgung mehr stattfinde, die rechtsstaatlichen Prinzipien eingehalten würden und eine Bedrohung generell nicht mehr gegeben sei, begründet Innenministerin Maria Fekter die vom Regierungspartner SPÖ mitgetragene Entscheidung.

In der Praxis bedeutet dies für AsylwerberInnen aus den besagten Ländern: Flüchtlinge aus dem Kosovo haben in Zukunft praktisch keine Chancen mehr, in Österreich Asyl zu erhalten. Und bei einem negativen Bescheid könnten AsylwerberInnen aus den besagten Ländern auch schneller abgeschoben werden. Das Ziel Fekters: 'mehr Effizienz' bei Abschiebungen.

Kaum positive Anträge von Personen aus 'Balkan'-Staaten


Doch auch ohne die nun beschlossene Neuregelung standen die Chancen, dass Flüchtlingen aus den jetzt 'sicheren' Ländern Asyl gewährt wurde, entsprechend schlecht. Ein Großteil der Anträge wurde abgelehnt.

Die meisten Asylanträge dabei wurden im Jahr 2008 von KosovarInnen (892) und SerbInnen (810) gestellt. Aus Mazedonien kamen im Vorjahr 205 und aus Bosnien-Herzegowina 110 Asylsuchende. Von Personen aus Montenegro und Kroatien wurden 13 bzw. ein Asylantrag gestellt. In 31 Fällen wurde für KosovarInnen positiv entschieden, das sind nur sieben Prozent der Entscheidungen. Asylsuchende aus Serbien erhielten in sechs Prozent (117 Fälle) eine positive Entscheidung. In Mazedonien waren es überhaupt nur etwas über drei Prozent (elf Fälle). In elf Fällen aus Bosnien-Herzegowina (neun Prozent) wurde positiv entschieden. Aus Montenegro und Kroatien erhielt im Vorjahr überhaupt keine ansuchende Person Asyl.

Warnung des Kommissars für Menschenrechte des Europarats


Zu einer anderen Einschätzung der Lage auf dem Balkan, speziell im Kosovo, kommt allerdings der Kommissar für Menschenrechte des Europarats in Straßburg, Thomas Hammarberg. Man solle zwar die Länder auf dem Balkan, vom Kosovo über Bosnien-Herzegowina bis Mazedonien, nicht generell als unsicher 'verteufeln'. Es habe eine 'graduelle' Verbesserung gegeben, so auch im Kosovo, wo die Lage aber noch am schwierigsten sei.

Insbesondere für Minderheiten im Kosovo, darunter die Gruppe der Roma, sei das Leben mitunter noch sehr gefährlich. 'Es wird noch einige Jahre dauern, bevor Minderheiten sicher vor Unterdrückung und dergleichen sind.' Man müsse also 'vorsichtig damit sein, sie zurückzuschicken'.

Freiwillig solle eine Rückkehr zwar möglich sein, 'man sollte die Leute aber sicher nicht dorthin drängen'. So wären etwa Roma im Kosovo 'extrem verletzlich, sie werden oft nicht gut behandelt'. Ihnen würde der Aufenthalt in Lagern unter 'sehr schlechten Bedingungen', beispielsweise in schwer umweltverschmutzten Zonen, drohen. Für die größeren Gruppen im Kosovo, darunter die Albaner, wäre es einfacher, glaubt Hammarberg, für sie wäre es fast ein 'normales europäisches Gebiet, da stimme ich zu'.

Statt eines radikalen Wandels in der Asylpolitik empfiehlt der Menschenrechte-Kommissar einen 'graduellen Wechsel', bei dem weiter jeder Fall einzeln geprüft wird und Minderheiten besonders geschützt werden. 'Der Fortschritt im Kosovo ist langsam', so Hammarberg. 'Man muss die Prozesse sich entwickeln lassen.' Eine Frage der Solidarität wäre es auch, die Chancen von HeimkehrerInnen nicht nur auf ein sicheres Leben, sondern auch auf Arbeit zu beachten.

Kritik der Opposition - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen


Die FPÖ forderte 'restriktive Verbesserungen" in der Asylgesetzgebung, das BZÖ bezeichnete die Ministerin als 'Ankündigungsriese und Umsetzungszwerg'.
Für Alev Korun, Menschenrechtssprecherin der Grünen, kann eine 'pauschale' Ablehnung aller Anträge aus diesen Ländern "nicht rechtens" sein. Die Situation von Minderheitenangehörigen sei teilweise noch immer schwierig und bedenklich. Koruns Fazit: 'Es ist die neueste Totgeburt zur Asylbeschleunigung aus dem Hause Fekter.'

DER STANDARD Print-Ausgabe, 17.06.2009 und Die Presse, 16.6.2009: Neuer Konflikt um Asyl: Europarat besorgt um Kosovo