Appell gegen abermalige Verschärfung des Asylrechts

Brief an die Abgeordneten, die die Asylrechtsnovelle am 15. Oktober im Innenausschuss und (voraussichtlich) am 21. oder 22. Oktober im Nationalrat beschliessen werden.

Wir wenden uns heute an Sie mit der Bitte uns dabei zu unterstützen, die Abgeordneten des österreichischen Parlaments mit den voraussichtlichen Folgen der Asylrechtsnovelle, die am 15. Oktober im Innenausschuss und (voraussichtlich) am 21. oder 22. Oktober im Nationalrat beschlossen werden wird, vertraut zu machen.

Weitere asylrechtliche Verschärfungen sollen am 21/22. Oktober im
Parlament beschlossen werden. Eine davon: mehr Haft für Asylsuchende.
Beteiligen Sie sich bitte an einer Briefaktion an Nationalratsabgeordnete. Im Anhang der Vorschlag für einen Brief an
Abgeordnete sowie eine aktuelle Liste der Namen und email-Adressen der
Abgeordneten.

Am 20.10, 18. Uhr findet vor dem Innenministerium am Minoritenplatz in
Wien eine Kundgebung unter dem Motto: Nein zu diesem Gesetz! Rücktritt
von Fekter -- jetzt! statt.

Untenstehend die Liste der Adressen der Abgeordneten. Wir würden
empfehlen, die Mails BCC zu schicken und außerdem in mehreren Tranchen, damit sie nicht im Spam-Filter landen.

Textvorschlag des Mails an die Abgeordneten

Sehr geehrte/r Abgeordnete/r

Ich möchte Ihnen meine Besorgnis über die geplante Gesetzesnovelle zum Asyl- und Fremdenpolizeigesetz mitteilen und an Sie appellieren, dagegen zu votieren.

Österreich ist durch internationale Verträge zum Flüchtlingsschutz und zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet und hat ein rechtsstaatlich einwandfreies und faires Verfahren sicherzustellen. Diese grundlegenden Rechte sind schon derzeit nicht ausreichend sichergestellt und werden durch die geplante Novelle weiter ausgehöhlt.
Ich vermisse auch die anläßlich der Fremdenrechtsnovelle 2005 angekündigte Evaluation. Zu keinem der menschenrechtlich heiklen Punkte, insbesondere der Inhaftierung von Asylsuchenden oder der Verfahrensbeschleunigung durch das Zulassungsverfahren, liegen Evaluationsergebnisse vor. Schon gar nicht solche, aus denen sich die Notwendigkeit weiterer Gesetzesverschärfungen ableiten ließe.

Dem Schutz der Menschenrechte ist oberste Priorität einzuräumen.

Flucht ist kein Verbrechen
Der Entzug der Freiheit ist die schärfste Bestrafung, die unser Rechtssystem kennt. Schubhaft darf nur im Ausnahmefall und als allerletztes Mittel eingesetzt werden.
Die neuen Schubhaftgründe werden zu systematischer Haft von Asylsuchenden führen. Österreich wird damit die Menschenrechtskonvention verletzen. Die Berichte über die dramatische Zunahme von Schubhaft nach der Gesetzesnovelle 2005 zeigen (siehe: www.fluchtistkeinverbrechen.at), dass der Gesetzgeber den Behörden einen engen Rahmen setzen muss um rechtswidrige Haft zu verhindern. Statt dessen werden weitere Gründe zur Inhaftierung von AsylwerberInnen eingeführt und die Fremdenpolizei zur Schubhaftverhängung verpflichtet. Es ist zu erwarten, dass die Inhaftierung aus fremdenpolizeilicher Sicht routinemäßig für notwendig angesehen werden wird.

Mehr AsylwerberInnen in Schubhaft wegen Meldepflicht und Gebietsbeschränkung, zusätzlich Verwaltungsstrafe
AsylwerberInnen droht eine Strafe von 1000 bis 5000 Euro oder eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 3 Wochen, wenn sie sich außerhalb des Bezirks aufhalten, in dem ihr Aufenthalt geduldet ist oder wenn sie ihrer Meldepflicht nicht nachkommen.
Da AsylwerberInnen in der Regel mittellos sind, werden sie zuerst eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 3 Wochen absitzen, die dann nahtlos in Schubhaft übergehen wird. Schon der Besuch bei einem Anwalt, einer Beratungsstelle oder Angehörigen kann diese massiven Folgen für Flüchtlinge auslösen. Die Ausdehnung der Gebietsbeschränkung von maximal 20 Tagen auf einen höchst ungewissen Zeitpunkt, der erst nach vielen Monaten eintreten kann, ist eine unnötige und bedenkliche Einschränkung der Bewegungsfreiheit Mit dem Zweck von Schubhaft, die Sicherung einer bevorstehenden Abschiebung, ist die Inhaftierung wegen des Aufenthalts außerhalb des Bezirks oder eines versäumten Meldetermins nicht vereinbar, sondern hat eindeutig Strafcharakter.

Ich befürchte auch, 'dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers', die laut Gesetzesentwurf gegen eine Inhaftierung sprechen sollen, eine wirkungslose Randbemerkung bleiben wird. Jüngste Vorfälle in der Schubhaft zeigen, dass Menschen mit bedenklichem Gesundheitszustand, traumatisierte Flüchtlinge und Kinder eingesperrt werden und immer wieder Kinder von ihren Eltern getrennt werden.

Flüchtlinge werden durch die Ausdehnung der Haftbestimmungen nicht nur in ihrem Recht auf Freiheit verletzt. Auch das Recht auf ein faires Verfahren ist nicht gewährleistet. Unterstützung in ihren rechtlichen Belangen ist nicht vorgesehen, obwohl diese Menschen in der Regel kein Deutsch verstehen und mit den Gesetzen nicht vertraut sind. In der Schubhaft wird es für viele unmöglich sein, eine Haftprüfung zu beantragen oder gegen eine Ablehnung ihres Asylantrags ein Rechtsmittel zu ergreifen.

Die Empfehlungen des UNHCR, des Menschenrechtsbeirats des BMI, die Kritik internationaler Menschenrechtsinstitutionen und der NGOs dürfen nicht ignoriert werden.

Bei Mißbrauchsverhinderung nicht das Kind mit dem Bade ausschütten
Neben den Ausweitungen der Straf- und Haftbestimmungen finde ich auch andere Neuerungen für äußerst bedenklich. Dazu zählen u.a. die Röntgenuntersuchungen zur Altersbestimmung bei Jugendlichen, gegen die sich auch die Ärzteschaft wegen der Strahlenbelastung ausgesprochen hat.
Auch die sofortige Abschiebung von Flüchtlingen, die nach einer negativen 'Dublin-Entscheidung' einen Folgeantrag stellen, ignoriert die Mängel im Dublin-System und die unzureichende Berücksichtigung familiärer Bindungen im österreichischen Asylsystem. Es gibt zahllose Fälle, in denen Österreich die Aufnahme verweigert hat, so etwa bei gerade volljährigen Kindern von asylberechtigten Eltern. Sie stellen solche Folgeanträge - um bei den Eltern in Österreich bleiben zu können Auch Flüchtlinge sind betroffen, die Österreich in ein EU Land ohne funktionierendes Asylsystem zurückschieben will, ohne Aussicht dort den Status zu erhalten, der ihnen nach dem Völkerrecht zusteht.

Die Sinn- und Notwenigkeit der Änderungen liegen jedenfalls nicht auf der Hand. Es bedarf vielmehr einer eingehenden Analyse und Diskussion, wie eventuelle Probleme in den Asylverfahren gelöst werden können.

Die Asylrechtsverschärfung stellt auch keine Weichen für ein besseres Meinungsklima gegenüber Flüchtlingen. Durch das Gesetzespaket werden vorhandene Vorurteile gegen Asylsuchende verstärkt, indem Kriminalitäts- und Mißbrauchsbekämpfung mit asylrechtlichen Fragen in einen Topf geworfen werden. Solche Rezepte finden sich in den Küchen von Populisten und sollten im Parlament keinen Platz haben.

Ich appelliere an Sie, den Verschärfungen nicht zuzustimmen und sich für eine Evaluation des Fremdenrechtspakets 2005 unter Einbeziehung von Experten einzusetzen, die Ausgangsbasis für die Diskussion weiteren Reformbedarfs sein sollte.

Mailadressen der Abgeordneten

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