Presseerklärung von Sophie und die GSSG anlässlich der Internationalen Aids Konferenz 2010 in Wien.
Sexarbeit findet europaweit statt. Doch einheitlich reguliert ist sie nicht. In manchen Ländern führen restriktive Gesetze dazu, dass die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter in der Illegalität oder in gesetzlichen Grauzonen arbeiten müssen. Weil Sexarbeit nicht überall als Arbeit anerkannt ist, werden Menschen in diesem Arbeitsfeld stigmatisiert, benachteiligt und diskriminiert. So kommt es auch immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen. Solche Menschenrechtsverletzungen werden auch Thema der Internationalen Aids-Konferenz sein, die am 18. Juli in Wien beginnt.
Schwierige gesetzliche Arbeitsbedingungen machen Sexarbeit zu einem Risiko für diejenigen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten. "In Österreich beispielsweise wird die kommerzielle Ausbeutung von Frauen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten, durch die aktuelle Rechtslage erleichtert", weiß Eva van Rahden, Leiterin des Wiener Projekts Sophie. Denn obwohl das Anbieten von sexuellen Dienstleistungen seit 1974 in Österreich nicht mehr strafbar ist, unterliegt es zahlreichen gesetzlichen Einschränkungen. "Unsicherheit und ein rechtlicher Graubereich prägen die Lebens- und Arbeitsrealität der Sexarbeiterinnen", bedauert van Rahden. Das Projekt Sophie widmet sich der Bildung von Sexarbeiterinnen, als Einrichtung der Volkshilfe Wien informiert es die Frauen auch über Gesetze und Steuern.
Während Sexarbeit in Österreich sittenwidrig, aber nicht verboten ist, werden in Schweden die Kunden kriminalisiert. Als Freier müssen sie mit Geld- oder Haftstrafen rechnen. Damit werden jedoch auch die Frauen, die sexuelle Dienste anbieten, in den Untergrund gedrängt. "Im Vergleich dazu hat Deutschland moderne Gesetze, die die Sexarbeit regeln", sagt Harriet Langanke von der Gemeinnützigen Stiftung Sexualität und Gesundheit (GSSG). Seit 2002 gilt in Deutschland das so genannte Prostitutionsgesetz. "Das Gesetz ist ein erster wichtiger Schritt, damit Sexarbeit sozial- und arbeitsrechtlich anerkannt wird", sagt Langanke. Die GSSG setzt sich für die Rechte von Menschen in der Sexarbeit ein und kooperiert dafür mit nationalen und internationalen Organisationen. "Denn wenn Sexarbeit in der Illegalität stattfindet, kann keine Bezahlung für die erbrachte Leistung eingeklagt werden. Auch ist es dann schwierig, rechtliche Schritte bei gewalttätigen Übergriffen einzuleiten."
In vielen Ländern ist die gesundheitliche Versorgung und Selbstbestimmung von Menschen in der Sexarbeit nicht gewährleistet. So sind Sexarbeiterinnen in Österreich verpflichtet, sich wöchentlich untersuchen zu lassen. "Diese Untersuchungen finden zum Teil unter unwürdigen Bedingungen statt und schaffen eine fatale Scheinsicherheit", sagt Langanke. "Denn manche Krankheitserreger wie HIV sind besonders einfach übertragbar, wenn die Tests noch gar nicht reagieren können. Sinnvoller wären gute Aufklärung und ein gesicherter rechtlicher Rahmen."
Anlässlich der Internationalen Aids-Konferenz in Wien weisen Sophie und die GSSG auf die besonders schwierige Situation von Menschen in der Sexarbeit hin, die mit einem positiven Testergebnis konfrontiert werden. Auf der Konferenz vom 17. bis 23. Juli können sich Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter aus aller Welt austauschen und gemeinsam ihre Rechte einfordern. Dies könnte ein wichtiger Schritt sein, um europaweit die Anerkennung ihrer Arbeit durchzusetzen.
Köln, Wien, 6. Juli 2010
Für weitere Informationen:
- zu Sexarbeit: Eva van Rahden: http://www.sophie.or.at
- zur Stiftung GSSG: Harriet Langanke: http://www.stiftung-gssg.org
- zur Welt-Aids-Konferenz: http://www.aids2010.org