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[ 17. Nov 2010 ]

Spontandemo gegen Schubhaft

Code muss bleiben!

Am 16. November 2010 beteiligten sich 150 - 200 Menschen an Protesten gegen die Abschiebung von Code E. Dieser wurde kurz vor Demobeginn freigelassen. Die geplante Charterabschiebung am 18. November, 0:20 Uhr findet ohne ihn statt.

 

Am 14. November 2010 wurde der 23-jährige HTL-Schüler Code E. in Schubhaft gesteckt. Er lebt seit 7 Jahren in Wien. Aus Nigeria floh er, da politische Gegner_innen seines Vaters ihn verschleppt und gefoltert haben. Trotzdem wurde sein Asylantrag abgelehnt. Ein Antrag auf Bleiberecht wurde gestellt, aber noch nicht beschieden. Am Donnerstag sollte er mittels Charter-Abschiebung nach Nigeria zurückgeschickt werden. Die Behörden argumentierten, dass in seinem Falle die Schubhaft das gelindere Mittel der Unterbringung sei. Code E. wurde in der Schubhaft Telefonate sowie der Kontakt zu seinem Anwalt untersagt. Daraufhin verletzte er sich selbst. Aus diesem Grunde wurde er in eine "Sicherheitszelle", eine Gummizelle ohne Bett, in dem der Häftling nur eine Unterhose tragen darf, gebracht. Die behandelnde Ärztin konnte er erst am nächsten Tag sehen. Mensch kann davon ausgehen, dass diese Vorgänge traurige Realität in Österreichs Schubgefängnisse ist.

Im Falle von Code E. war jedoch was anders: Über einen Blog wurde die Geschichte öffentlich gemacht, und über Twitter und Co. zu einer Demo am Dienstag, den 16. November um 18:00 aufgerufen. Grüne Politprominenz wie Klaus-Werner Lobo oder Maria Vassilakou kündigten sich an. Unmittelbar vor Beginn der Demo wurde Code E. unerwartet freigelassen und seine Abschiebung vorerst auf Eis gelegt. Hier kann nur spekuliert werden, was der Grund für die Freilassung war; war es die offensichtliche mangelhafte Begründung zur Schubhaft, Angst vor einer neuen Medienschlappe, der Druck der Politprominenz oder die öffentliche Mobilisierung.

Zur Demo kamen jedenfalls zwischen 150 und 200 Menschen. Bei der Rossauer Lände gab es eine relativ kurze Auftaktkundgebung, danach zog die Demo über die Maria-Theresien-Strasse, den Ring und dem Heldenplatz zum Innenministerium. Die Politprominenz blieb bei de Auftaktkundgebung zurück, an der Demo selbst beteiligten sich vor allem Menschen aus dem trotzkistischen und autonomen Spektrum. Obwohl entlang der ganzen Demoroute laute Sprüche gerufen wurden, war diesmal die Stimmung nicht so energisch, wie es bei manchen Demos zuvor war. Außerdem war die für Außenstehende manchmal nicht klar, warum hier eigentlich demonstriert wurde, da es wenig Transpis, die auch immer wieder von der knapp zuvor gehenden Polizei verdeckt wurde, und themenbezogene Flyer gab.

Die Polizei war mit verhältnismäßig wenigen Kräften vor Ort und störte die Demo nur selten(Absperrgitter vor Innenministerium, Transpis verdecken). Da die Demoroute abgesprochen wurde, rechnete die Polizei wohl nicht mit großen Überraschungen.

Nach der Demo war immer wieder Kritik wegen der Teilnahme der Politprominenz, dem machomäßigen Auftreten eines trotzkistisches Redners, sowie wegen Personalisierung im antirassistischen Diskurs zu hören. Seltener wurde hinterfragt, wieso es wiedermal eine nahezu ausschließlich weiße und deutschsprachige Demo war, und welche Ausschließungsmechanismen in "unserer Szene" laufen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich durch Antirassismus immer noch eine menge Menschen innerhalb kurzer Zeit mobilisieren lassen, und dass sich durch Medienarbeit ein Druck aufbauen lässt, der im Einzelfall über Abschiebung oder über Knast oder Freiheit entscheiden kann.

Doch Code E. Erlebnisse in der Schubhaft zeigen, welche Formen rassistische Normalität außerhalb der Öffentlichkeit tagtäglich annimmt. Auch die Charter-Abschiebung wurde nicht gestoppt, und statt Code E. wird nun wahrscheinlich eine andere Person abgeschoben. Und dagegen hilft wahrscheinlich auch eine wiederholte Skandalisierung von Einzelfällen wenig.

Und ganz zum Schluss das wichtigste:

W I L L K O M M E N Z U R Ü C K I N D E R F R E I H E I T , C O D E !

Artikel übernommen von :: at.indymedia.org, 17. Nov 2010.