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[ 22. Feb 2011 ]

Werden sich Europas Tore für Tunesien öffnen, wie viele Tote wird es fordern?

Während die Folgen der kürzlichen politischen Aufstände, zivilen Ungehorsams, Instabilität und mangelnde staatliche Sicherheit das Leben in Tunesien weiterhin bedrohen ruft Italien nach der EU und Frontex, um ihre Grenzen gegen jene abzusichern, die von diesen bedrohlichen Zuständen flüchten wollen.

 

Menschen die aus Tunesien flüchteten sind vor allem auf den sizilianischen Inseln angekommen. Laut Zahlen der italienischen Behörden 5031 davon in Lampedusa in den ersten zwölf Tagen des Jänner. Zahlen von 4000-5000 seit Anfang Jänner bis jetzt (17.2.2010, Anm.) werden häufig von Medien und NGOs genannt. Italien betont, dass es sich dabei nicht einfach um ein nationales Problem handelt sondern eines der EU und forderte die europäische Gemeinschaft auf die Krise, von Italiens Innenminister 'biblischer Exodus' bezeichnet, zu lösen.

Italien zählte 116 Boote die an seinen Küsten anlegten, viele weitere konnten jedoch nicht sicher anlegen. Bisher sind UNITED sechs Tode als Folge der gefährlichen Überfahrt von Tunesien bekannt geworden, weitere 31 Personen werden vermisst, Zahlen die wahrscheinlich in den kommenden Tagen dramatisch steigen werden. Am 11. Februar wurde beobachtet, als die tunesische Küstenwache eines ironischerweise 'Liberte 302' genannten Bootes ein Boot mit 120 Personen absichtlich rammte, sodass es auseinander brach. Die Leichen von fünf Migrant_innen wurden mittlerweile gefunden, dutzende weitere werden noch vermisst.

Der kritische Zustand Tunesiens der letzten Wochen ist unbestritten.
Seit der frühere selbstherrliche Präsident Ben Ali im Jänner durch Massenproteste zum Rücktritt gezwungen wurde folgten Streiks und mangelnde Sicherheit und Kontrolle. Dies führte dazu, dass viele um ihr Leben und ihre Sicherheit fürchten. Schmuggler haben diese Verwundbarkeit und Instabilität in tunesiens Gesellschaft ausgenützt um ihre eigenen Taschen zu füllen. Die Ignoranz dieser Umstände und die blinde Sorge um Europas Grenzen ist offensichtlich. Maronis hetzerischen und provokanten Aussagen, wonach entkommene Häftlinge und 'Persönlichkeiten terroristischer Organisationen' sich als Asylsuchende ausgeben würden sind inakzeptabel und sein Wunsch, den 'Strom' aus einem 'explodierenden Maghreb zu stoppen' zeigen klare Absichten, Ängste vor Immigration in Europa zu manipulieren und auszubeuten.

Mit der momentan angekündigten und bald startenden Intervention von Frontex ist dies ein weiteres Beispiel für die oberflächlichen Lösungen angesichts humanitärer Krisen, wie derzeit in Griechenland beobachtet werden kann: Die Abschottung und Verschärfung der EU-Außengrenzen gegen jene, die am verwundbarsten sind. Außerdem führt ehöhter Druck auf tunesische Behörden zu rücksichtslosen Kontrollmaßnahmen wie die geschilderte tödliche Aktion der tunesischen Küstenwache.

In den vergangenen Jahren haben die häufigen Tode von Migrant_innen an den Küsten von Lampeduse einen dunklen Schatten auf die Insel geworfen: Im Juni 2003 starben über 200 Menschen auf einem überfüllten Boot und seit 1993 wurden 857 Tode auf der 'UNITED list of deaths' dokumentiert.
Umberto Bossi, amtierender italienischer Reformminister, weigerte sich, Bedauern für die 200 Toten auszusprechen. Um die Wiederholung vergangener Tragödien zu verhindern fordert UNITED die italienische Regierung und die für Migration zuständigen EU-Agenturen auf, eine humane und korrekte Behandlung der Migrant_innen, Zugang zum Asylsystem und internationalen Schutz entsprechend dem Beschluss 1673 des Europarates sicherzustellen. In Übereinstimmung damit müssen die anderen EU-Mitgliedsstaaten ihre Rolle wahrnehmen und die Verantwortung teilen. Frankreichs Stellungnahme, tunesische Migrant_innen nur in marginalen Fällen aufzunehmen hintergeht die europäische Gemeinschaft.

Es reicht nicht aus, dass Europa die tunesische Revolution unterstützt: Europa muss auch Unterstützung für die strukturellen Herausforderungen der Zukunft bieten, bis Friede und Stabilität erreicht ist. Das inkludiert zumindest, die Menschenrechte der Menschen und ihr fundamentales Recht auf Asyl zu respektieren.

Übersetzung der UNITED E-NEWS 17/02/2011, UNITED for Intercultural Action, unitedagainstracism.org