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[ 15. Nov 2011 ]

Aufruf zum No Border Camp in Stockholm 2012

Wir laden alle zu einem transnationalen No Border Camp in Stockholm im Sommer 2012 ein: eine Woche, die von zivilem Ungehorsam, Diskussionen, Filmvorführungen und direkten Aktionen gegen die europäische Migrationspolitik geprägt sein soll.

 

No Border Camps gibt es seit fünfzehn Jahren (Anm no-racism.net: Das erste No Border Camp in Österreich fand 1992, vor 20 Jahren, im Burgenland statt). In Grenz- und Konfliktregionen in aller Welt haben sie als autonome Zonen für eine internationale Bewegung gedient, die von der Abschaffung aller Nationalstaaten träumt. Die Camps sind Teil eines Kampfes für eine Welt, in der niemand das Recht hat, andere zu unterdrücken, etwa aufgrund ihres Geburtsortes. Sie sind ein Teil des Kampfes gegen Grenzen und gegen eine Weltordnung, in der Menschen bei ihrer Geburt in Kategorien von Nationalität, Klasse, Geschlecht, Rasse und Funktionsfähigkeit eingeteilt werden: in Kategorien von Über- und Unterordnung, Autorität und Unterwürfigkeit, Recht und Unrecht.

Die Ausschlüsse, die diesen Kategorien folgen, vollziehen sich nicht nur entlang nationalstaatlicher Grenzen, sondern prägen auch nationalstaatliche Gesellschaften: sie gehen mitten durch ihre Städte, ja sogar durch die Menschen selbst.

So sieht die Politik einer autoritären und kapitalistischen Gesellschaftsordnung aus:

Frontex bewacht die Grenzen im Osten und Süden Europas mit einem Militärbudget von beinahe 150 Millionen Euro.

Die Polizei sperrt Menschen ein, die sich nicht ausweisen können, unter anderem in Zusammenarbeit mit U-Bahn-Kontrollanten.

Flüchtlinge werden auf unbestimmte Zeit und ohne Angabe von Gründen in "Gewahrsam" genommen, oft auf den Mord wartend, der "Abschiebung" genannt wird.

Die Entwicklungshilfsbehörden der EU bauen Radarinstallationen in der libyschen Wüste, um Migration "regeln" zu können.

Restaurants und Nachtklubs nutzen die unsichere und desperate Lage aus, in der sich viele Migrant_innen befinden, und verursachen dadurch noch tiefere gesellschaftliche Gräben.

Wenn du dich nicht selbst verleugnest, dich nicht anpasst und dich nicht im Dienst am Kapital zu einem weißen, unbeschriebenen Blatt machst, wirst du niemals Teil des gleichgerichteten nationalen "Wir" sein.

All das beschreibt die Grenzen und die tief verankerten Strukturen systematischen Rassismus', die im :: "Stockholmer Programm" so deutlich werden. Das Stockholmer Programm steht für einen Fünfjahresplan der EU, um die Arbeit in den sogenannten Problembereichen :: "innere und äußere Sicherheit und Migration" zusammenzulegen. Das Stockholmer Programm ist genauso wenig an bestimmte Regionen gebunden wie die Grenzen, für die es steht. Sein Schatten fällt über uns alle und schafft Barrieren in unserem Alltag zwischen denjenigen, die "drinnen" sein dürfen, und Menschen, denen das Recht zur Existenz abgesprochen wird.

Der kommende Sommer markiert die halbe Ablaufszeit des Stockholmer Programms. Wir nehmen das zum Anlass, ein besonderes Augenmerk auf die Orte und Strukturen zu lenken, die für die physischen Manifestationen des Programms stehen, das heißt, für die totale Hegemonie weißer Normen. Wir wollen diese Orte und Strukturen aufsuchen und angreifen. Das betrifft staatliche Behörden ebenso wie alle Firmen, die mit Deportationen und Abschiebeknästen Geld verdienen, aber auch alle Menschen, die "einfach ihre Arbeit" machen.

Wir organisieren dieses Camp, weil wir der Ansicht sind, dass die Menschheit die Vision eines anderen Lebens verdient; eines Lebens, das von Vertrauen, Liebe und gegenseitiger Hilfe geprägt ist. Wir wollen mit anderen zusammenkommen, um unsere Kreativität zu teilen, unsere Vision wenigstens eine Zeitlang zu leben und unsere Wut gegen das zu richten, was die langfristige Verwirklichung unserer Vision verhindert. Es geht um eine Welt, in der lokales und globales Bewusstsein und Verantwortung keine Gegensätze sind.

Deshalb laden wir alle Organisationen, Gruppen, Individuen und Kollektive ein, an diesem Camp teilzunehmen und nach Möglichkeit zu seiner Organisation beizutragen. Die Bewegung für weltweite Solidarität und Freiheit von Unterdrückung hat im letzten Jahr gezeigt, dass sie nicht bereit ist, einfach an die Türe zu klopfen und auf Einlass zu warten. Wenn nicht alle Türen geöffnet werden, wird das Haus nicht stehen bleiben.

No Border Camp Stockholm 2012

PS: Ihr könnt euch sicher sein, dass ihr wieder von uns hören werdet - weil das, was wir machen, wichtig ist, und weil es euch zur Verwirklichung braucht.

Quelle :: nobordercamp2012.wordpress.com