Am 13. Oktober 2014 startete die EU-weite Polizeiaktion Mos Maiorum. Mit der zwei Wochen dauernden "Jagd" auf Migrant_innen sollen möglichst viele Leute ohne Papiere aufgegriffen und Daten über Fluchtrouten usw. gesammelt werden.
Derartige Polizeioperationen sind nichts neues und finden in den letzten Jahren in halbjährlichen Abständen sowohl in einzelnen EU-Staaten als auch grenzüberschreitend statt. Koordiniert wurde dies meist von den Behörden des jeweiligen EU-Vorsitz-Landes, unterstützt von europäischen Repressionsbehörden. Jedoch ändert sich dieses mal die Dimension: Nicht nur fünf Tage wie frühere Aktionen, sondern ganze zwei Wochen werden die Binnengrenzen und die dazu definierten Orte der Kontrolle (Bahnhöfe, Autobahnen, Flughäfen, Verkehrsknotenpunkte, ...) massiven Kontrollen unterzogen. Jene Grenzen, die laut EU-Richtlinien nicht (oder nur stichprobenartig) kontrolliert werden dürfen, um die Reisefreiheit innerhalb der EU zu garantieren, rücken wieder verschärft in das Visier der Überwacher_innen.
Gängige Praxis
Bei der letzten derartigen Polizeiaktion, der Operation Archimedes, wurden innerhalb von fünf Tagen mehr als 10.000 irreguläre Migrant_innen nach rassistischen Kriterien kontrolliert und mehr als 1.000 Menschen verhaftet. Mit der nun stattfindenden Operation "Mos Maiorum" wollen die EU-Polizeibehörden in allen EU-Staaten Daten sammeln. Daten über Reiserouten, Namen, Alter, Geschlecht von Migrant_innen und Flüchtlingen ohne Aufenthaltspapiere, Daten über Fluchthelfer_innen, und wie viel Geld diese von ihren Kund_innen verlangen. Diese Daten sollen an zentraler Stelle gesammelt und ausgewertet werden, um Informationen über Migrationsbewegungen und Strukturen, die eine unkontrollierte und heimliche Ein- und Weiterreise ermöglichen, zu generieren.
Dazu führen 18.000 Polizist_innen von 13. bis 26. Oktober 2014 in den 25 Schengen-Staaten Kontrollen durch: an Grenzen, in Zügen und an Verkehrsknotenpunkten wird nach Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus gesucht, um sie festzunehmen und gegenbenfalls ihre Abschiebung in Gang zu setzen. Es ist eine Jagd auf Migrant_innen überall in Europa. Frontex, dass laut Informationen dieses mal an der Operation beteiligt ist, hat dies offiziell dementiert. Doch wird in :: Berichten erwähnt, dass die EU-Grenzschutzagentur sich an den EU-Außengrenzen beteiligt, die erstmals in derartige Operationen mit eingebunden wurden.
Die Maßnahmen zur Abschottung nach außen sowie die Kontrollstrukturen im Inneren der EU sollen so "optimiert" werden.
Optimierung des Widerstandes
Doch nicht nur die Polizei ist vernetzt. An vielen Orten Europas regte sich in der ersten Tagen der Polizeioperation Widerstand. Nachdem von :: Statewatch das Rundschreiben der EU (:: hier als pdf), in dem alle EU-Mitglieder und Schengen-Staaten aufgerufen wurden, sich an der Polizeioperation zu beteiligen, veröffentlicht wurde, kam einiges in Bewegung. "Mos Maiorum" hat ein breites Bündnis von Migrat_Innen-und antirassistischen Organisationen auf den Plan gerufen. Es wurden :: Flugblätter und Plakate angefertigt, auf denen vor den Kontrollen gewarnt wird und in mehreren Städten kam es zu Spontandemonstrationen, wie u.a. in :: Wien.
Online-Aktivist_innen haben eine Plattform ins Leben gerufen, auf der Kontrollaktionen, in Form von ID-Checks oder Kontrollpunkten gemeldet werden können, die dann auf einer Karte dargestellt werden: Map Mos Maiorum auf http://map.nadir.org.
In einem Aufruf zur Beteiligung an diesem Projekt ist zu lesen:
Praktische Solidarität für Menschen ohne Papiere!
Die Zentrale Sammlung von Kontrollen ermöglicht es, diesen Kontrollen auszuweichen. Je besser und schneller wir den Bullen auf den Fersen sind, desto eher schaffen wir es, ihre Aktionen zu unterbinden. Dafür muss allerdings zum einen die Nutzer_innenbasis vom Map Mos Maiorum deutlich wachsen. Wenn ihr eine Polizeikontrolle am Bahnhof, einer Grenze oder an Orten wo sich Refugees aufhalten mitbekommt, meldet sie schnellstmöglich. Das geht per Webformular, per Tweet mit dem Hashtag #reportmosmaiorum oder mit einer App für Android und IOS.
Zum anderen muss die Seite unter den Menschen bekannt gemacht werden, die auf solche Infos angewiesen sind. In den letzten Tagen wurden im Internet Reisewarnungen veröffentlicht, in vielen Städten auch Plakate aufgehangen mit dem Warnhinweis auf die anstehende Jagd auf Refugees. Nutzt die selben Kanäle, um die Existenz dieses Projektes zu verbreiten!
Wir sind der Wurm im Datensalat!
Neben der abstoßenden Jagd auf die einzelnen Geflüchteten, verfolgen die Bullen auch das Ziel, Daten über Migrationsbewegungen in Europa zu sammeln, um in Zukunft noch erfolgreicher auf Menschenjagd zu gehen. Aus den Erkenntnissen werden sich, so hoffen die Verantwortlichen bei Frontex, neue Schwerpunkteinsätze planen lassen.
Auch diesen Schreibtischtäter_innen in den Behörden und den Sozialwissenschaftlichen Instituten wollen wir eins auswischen. Je besser wir es schaffen, Menschen vor den Kontrollen der Polizei zu warnen, um so löchriger wird das Bild, dass sie zur Verfügung haben.
Ab auf die Straße!
Online-Aktivismus entfaltet immer dann große Wirksamkeit, wenn er in eins geht mit dem subversiven Handeln vieler einzelner. Map Mos Maiorum schafft eine Basis für einen Arschtritt mit Anlauf gegen die Menschenjäger, aber ob das passiert, liegt jetzt an uns. Die Infos über Kontrollpunkte und ID-Checks können wir sammeln, wir können sie aber auch nutzen, um dorthin zu gehen wo die Bullen ihr dreckiges Geschäft betreiben und ihnen Ärger machen. Reisewarnungen vor dem Bahnhof verteilen, in dem die Bullen nach Refugees suchen! 20 Mal mit dem Auto durch den Checkpoint fahren! Und wer weiß, vielleicht stellt sich ja sogar heraus, dass die Bullenwagen unsicher geparkt waren...
http://map.nadir.org
http://travelwarning.blogsport.eu
Quellen :: linksunten.indymedia.org (16. Oct 2014, bearbeitet), :: freie-radios.net (16. Oct 2014), :: freie-radios.net (15. Oct 2014), :: cba.fro.at (13. Oct 2014), :: familienundfreundinnengegenabschiebung.wordpress.com, :: euroalter.com (15. Oct 2015), :: statewatch.org