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[ 03. May 2000 ]

1. Mai 2000 - vertane Chance?

Zu den Demos am 1.5. kann ich nur sagen: Das war eine vertane Chance!

 

An sich hab ich mich ja schon seit tagen gefragt, warum keine größere Demonstration geplant, organisiert worden ist anläßlich des 1.Mai, nicht nur wegen des Tages der Arbeit, sondern eben auch wegen Marcus Omofuma. Aber was dann darüberhinaus noch an Fehlplanung und mangelhafter Organisation gelaufen ist, verbittert mich geradezu!

Die für 10h30 angekündigte Demonstration, und zwar angekündigt nur mit dem Ortsbegriff "Burgtheater" war eigentlich nicht zu finden. Erst nach einigen Fragen von Leuten, denen es anzusehen war (wegen Transparenten oder Schildern oder wegen der Hautfarbe (!) ), konnte der Ort des Demobeginns, nämlich das Liebenberg-Denkmal ausfindig gemacht werden, noch immer aber nicht die Zeit, obwohl es zu dem Zeitpunkt schon einiges nach 10h30 war; und dies war scheinbar auch nur der angebliche Ort des Demobeginns, denn als wir dort zu ca. 50-100 Leuten warteten, kam schließlich doch noch so was wie ein Gedenkmarsch mit dem großen Transparent ("Rasism kills", "Stop Deportations", "SPÖ prepaired the ground") vom Burgtheater her. Nun hegte ich wieder Hoffnung, daß es doch noch zu einer Demonstration/Schweigemarsch kommen sollte, aber es tat sich nichts. Wir standen! Warum? Ich weiss es nicht! Jedenfalls war es dann schon 12h00, zu welchem Zeitpunkt ja die 2. Demo dieses Tages vom Ballhausplatz angekündigt war. Nachdem ich (wir) nicht den Eindruck hatten, daß aus dieser wartenden Gruppe noch eine Schweigemarsch werden könnte (na gut geschwiegen ist zu einem gewissen Teil geworden, speziell von den Veranstaltern, aber marschiert!?!), setzten ich/wir uns wie auch schon andere ab in Richtung Ballhausplatz. Soviel zum 1. Debakel dieses Tages!
Am Ballhausplatz hatten sich schon einige versammelt und wurden Reden gehalten, dabei gelegentlich davon gesprochen, daß diese eine Demo noch(!) unterwegs wäre. Irgendwann (und ich hab wirklich keine Ahnung mehr, um welche Uhrzeit das war) hieß es dann, daß diese (2.) Demo in 10 Minuten losziehen würde, und siehe da, tatsächlich tat sie es, aber nur kurz, denn unverhofft (?) traf sie in der Schauflergasse auf den zum Ballhausplatz kommenden Schweigemarsch, der also tatsächlich stattgefunden hatte. Also ging es wieder zurück und viele wußten nun nicht, ob und wann es nun doch zu einer 2. Demo kommen sollte. Ich/wir nutzten die Gelegenheit für eine Erfrischung in einem naheliegenden Kaffeehaus, um anschließend wieder zurückzukommen und uns an die gerade abziehende Demo anzuschließen, aber ich/wir hatten den Eindruck, daß viele Leute des Wartens und des mißglückten Starts überdrÃŒssig sich gänzlich von dem Ort des Geschehens und der Demo entfernten!!!
Durch diese mißglückte Organisation der beiden Demos ist es u.a. zu den niedrigen Teilnehmerzahlen bei beiden Demos gekommen. Wir haben uns dadurch eine Chance vertan und ich bedaure das außerordentlich! Das hätte nicht passieren dürfen und das sollte nicht mehr passieren!

Und weil ich grad dabei bin, hier auch noch zwei weitere Seitenhiebe/SchÀufleins:

An die Ökologische Linke, die sich schon des Öfteren, und u.a. auch in diesem Medium gegen DemonstrantInnen mit Österreich- oder EU-Fahnen ausgesprochen haben: Ich finde es ziemlich unsinnig, jemanden, der/die mit so einer Fahne an den Demonstrationen teilnimmt, als IdiotInnen zu verunglimpfen. Euer Argumentation folgend muß man ja annehmen, daß alle ÖsterreicherInnen oder PatriotInnen blau-schwarz sind, aber dann sind unsere Demonstrationen wirklich fürn Hugo. Oder wollt ihr wirklich gegen Österreich demonstrieren? Solange diese Regierung im Amt ist, bin ich für jede/n einzelne/n DemonstrationsteilnehmerIn! Ich, der ich keine ö- oder EU-Fahne trage, verwehre mich auch nicht gegen SPÖ-, KPÖ-, ökoLinke- oder sonstigen Fahnen, obwohl mir deren (letztendlichen) Ziele auch nicht behagen; aber vorrangig ist jetzt der Sturz dieser Regierung, oder nicht?

An Ljubomir Bratic, bzw. Selbstorganisationen der MigrantInnen in Österreich (ich hoffe der Adressat ist richtig, gefunden hab ich"s nämlich nicht mehr), welcher die Aktion "Neuwahlen" kritisiert hat mit dem Argument, daß MigrantInnen nicht wahlberechtigt sind und daher zuerst das Wahlrecht geändert werden soll: Mit dieser Regierung wird das Wahlrecht wohl kaum in diesem Sinne geändert werden, daher muß es wohl vorher Neuwahlen geben! Es ließe sich wahrscheinlich immer irgendein Kritikpunkt (am Wahlrecht) finden, aber deshalb hat es doch keinen Sinn zu warten bis alle Kritikpunkte ausgeräumt sind. Wollen wir erst wieder wählen, wenn eine voll funktionstÃŒchtige und mit allen Rechten, Pflichten perfekt definierte Demokratie existiert? Das kann"s wohl nicht sein!

Ansonsten jedoch Dank an alle OrganisatorInnen, WiderständlerInnen, MundlerInnen, etc. etc.

WIDERSTAND und Tschüssel!
Peter Anton Teufl (e-mail: e-pi-logo (at) chello.at)


Die Antwort darauf:

Lieber Peter!

Ich versteh Deine Unzufriedenheit voll. Finde auch Deine Kritik berechtigt. MÃŒchte aber anmerken, daß wir alle im Begriff sind, in eine "neue Phase unserer politischen Kultur" - wenn man es so hochtrabend ausdrücken will - einzutreten.

Ganz langsam gehen wir (endlich!) über von der Gesellschaftskritik zur Gesellschaftsgestaltung, vom ewigen Lamentieren am überschaubaren Stammtisch zur aktiven Partizipation in einem unübersichtlichen Netzwerk.

Das sind ganz neue Herausforderungen, wo noch keine/r so recht weiss, wie damit umgehen. Viele spÃŒren das schon und wagen erste Schritte, sich dieser Herausforderung anzunehmen. Z.B. das Vernetzungspicknick letzten Samstag am Ballhausplatz war so ein erster, vorsichtiger und zaghafter Beginn.

Absehbar ist aber einstweilen, daß diese "neue politische Kultur" ein stück mehr Engagement von jeder/m Einzelnen verlangt - nämlich über das reine Kritisieren hinaus. Wenn Dir, Peter, also die Demos zu schlecht organisiert waren, kann ich Dich nur dazu ermutigen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Z.B. indem Du mit den OrganisatorInnen Kontakt aufnimmst und Deine Mithilfe anbietest. Erfahrungsgemäß sind Veranstaltungen meistens deshalb schlecht organisiert, weil einfach zu wenige mithelfen und nicht etwa, weil die sogenannten Verantwortlichen zu dumm dazu Wären. Meistens reißen sich ein, zwei, drei - in seltenen GlÃŒcksfällen auch mehr - die Haxen aus, etwas auf die Beine zu stellen und der Rest konsumiert bzw. kommentiert dann das Ergebnis.

Alles was nicht so hinhaut, wie wir uns die Geschichte zuerst vorgestellt haben, kann uns doch nur Motivation liefern, es das nächste Mal besser zu machen.

Alsdern auf eine geglücktere Zukunft, baba, Christian Apl