Von 17.-18.12. findet das EU-Afrika-Forum in Wien statt. Die Plattform „Anders Handeln“ sieht bei der thematischen Ausrichtung des Forums das Pferd am Schwanz aufgezäumt: Wird die bisherige wirtschaftliche Zusammenarbeit ausgebaut, werden sich die Lebensbedingungen nicht verbessern.
Die neoliberalen Wirtschaftspartnerschaften (bekannt als EPAs) und die WTO-Abkommen sind ein massiver Angriff auf die lokale Produktion und Wirtschaft afrikanischer Länder. Diese Abkommen bedienen ausschließlich die Interessen europäischer und US-amerikanischer Konzerne sowie der afrikanischen Exportindustrie, die Blumen oder Textilien und Leder in den Weltmarkt liefert. Die EU-Handelspolitik verhindert seit Jahrzehnten eine prosperierende Entwicklung der Volkswirtschaften afrikanischer Staaten.
Die EU ist der Hauptpartner Afrikas bei Handel und Investitionen. Damit liegen viele mögliche Hebel für Verbesserung in europäischen Händen: „Nur ein verbindliches Regelwerk wie der geplante UN-Vertrag über multinationale Konzerne verhindert Armut und Ausbeutung durch Wirtschaftspolitik. Fehlende Verpflichtungen zum Schutz der Menschen- und ArbeitnehmerInnenrechte sowie zum Schutz der Umwelt haben Menschenrechtsverletzungen, Ausbeutung der Rohstoffe und eine Zerstörung der Umwelt zur Folge.“ beschreibt Stefan Grasgruber-Kerl von Südwind das fehlende Engagement der EU, Handels- und Wirtschaftspolitik so zu gestalten, dass sie dem Wohlstand der breiten Bevölkerung dient.
„Fluchtursachen bekämpfen bedeutet Handelsbeziehungen zwischen Afrika und der EU neu gestalten. Denn die EPAs und die WTO öffnen durch Zollabbau in erster Linie afrikanische Märkte für ausländische Konzerne. Das erzeugt einen unfairen Wettbewerb, der lokale Produktionsstrukturen und Arbeitsplätze in Afrika zerstört. Wirtschaftliche Entwicklung ist so nicht möglich. Die EPAs und andere bereits abgeschlossene Abkommen zwischen der EU und afrikanischen Staaten müssen daher beendet werden. Stattdessen braucht es Handelsabkommen, die die lokale Produktion und Wertschöpfung sowie regionale Wirtschaftskreisläufe in Afrika fördern und stärken und die so Menschen vor Ort Zukunftsperspektiven geben.“ verdeutlicht Alexandra Strickner, Attac.
Neben der Gestaltung der EU-Handelspolitik identifiziert die Plattform Anders Handeln weitere Bereiche, für die es eine gänzliche Neuorientierung der EU Politik braucht:
Faire Rohstoff-Deals statt Raubbau:
Unternehmen und Staaten liefern sich einen Wettlauf um afrikanische Rohstoffe. Die damit verbundenen Entwicklungsversprechen bleiben uneingelöst: Das Gros der Wertschöpfung und die verarbeitende Industrie mit gut bezahlten Jobs entstehen nicht in Afrika. Hauptprofiteure sind transnationale Unternehmen, die noch dazu ihre Gewinne mit Steuertricks aus den Ländern schleusen. „Fair ist der Rohstoff-Deal im Sinne entwicklungspolitischer Kohärenz für afrikanische Länder nur, wenn ihnen handelspolitisch Luft gelassen wird, auf Basis ihres Rohstoffreichtums lokale Entwicklung in Gang zu bringen. Freihandel ist in diesem Zusammenhang nur ein anderes Wort für Ressourcen-Klau“, so Herbert Wasserbauer von der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar.
Ernährungssouveränität statt Agrarkolonialismus 2.0:
Die derzeitige EU-Agrarpolitik zerstört die Existenzgrundlagen von Millionen von Bauern und Bäuerinnen und geht zulasten der Umwelt. Stattdessen braucht es eine Ausrichtung am Menschenrecht auf Nahrung und an Ernährungssouveränität: „Es braucht dringend eine Abkehr vom Ziel der Wettbewerbsfähigkeit und der Exportorientierung, ebenso müssen direkte und indirekte EU-Subventionen für Exporte nach Afrika abgeschafft werden.“ fordert Franziskus Forster von der ÖBV-Via Campesina Austria. „Nur mit Agrarökologie in der Hand von Kleinbauern und -bäuerinnen können Klimaschutz, das Recht auf Nahrung für alle und sichere Lebensgrundlagen gewährleistet werden. Stattdessen werden aber Wachstumsstrategien der Agrarindustrie gefördert. Land Grabbing ist die Folge. Das muss aufhören.“
Steuersysteme fair gestalten:
Die durchschnittliche Steuerquote liegt in Afrika bei rund 15 %. Afrikanische Länder brauchen dringend Steuereinnahmen zum Aufbau von Infrastruktur, soziale Vorsorge und Beschäftigungsprogramme. Doch afrikanische Länder verlieren alleine durch illegitime Geschäftspraktiken 60 Mrd. $ jährlich. Dazu kommen ein Netz von Steueroasen und ein internationales Steuersystem, das ärmere Länder tendenziell benachteiligt. „Die österreichische Bundesregierung sollte ihren Ratsvorsitz nützen, um sich für die Schließung der Steueroasen sowie öffentliche länderweise Berichtspflichten für Konzerne und eine Gesamtkonzernsteuer mit Mindeststeuersätzen auf EU-Ebene einzusetzen,“ urgiert Franz Schmidjell (VIDC-Wiener Institut für internationalen Dialog und Zusammenarbeit). „Auch müssen Doppelbesteuerungsabkommen, die österreichische Unternehmen begünstigen, aber in den Haushalten der Entwicklungsländer zu Steuerausfällen führen, geändert werden.“
Die Plattform Anders Handeln fordert eine gänzlich neue Handels- und Investitionspolitik, die Mensch und Umwelt in den Mittelpunkt stellt und nicht den Profit einiger weniger. Sie wurde initiiert von Attac, GLOBAL 2000, Südwind, den Gewerkschaften PRO-GE, vida und younion - Die Daseinsgewerkschaft, der Katholischen ArbeitnehmerInnenbewegung sowie der ÖBV-Via Campesina Austria und wird von rund 50 weiteren Organisationen unterstützt.
Quelle :: viacampesina.at, 17. Dec 2018.