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[ 01. May 2019 ]

Rede anlässlich des Todes von Marcus Omofuma aus dem Jahr 1999

Historische Rede von Damien Agbogbé, Mitorganisator der Proteste Schwarzer Aktivist*innen nach dem Mord an Marcus Omofuma bei der Abschiebung durch österreichische Polizisten vor 20 Jahren, die er damals bei einer der Demonstrationen gehalten hat:

 

Rede von Damien Agbogbé anlässlich des Todes von M. Omofuma – Mai 1999

"Lieber Bruder Marcus!

Vor kurzer Zeit, wurde ich von 5 Wega Polizisten aufgefordert meinen Ausweis her zu zeigen. Als ich meinen österreichischen Personalausweis vorwies, sagte mir der Gruppenleiter: ich zitiere: „Ich möchte den Reisepass deines afrikanischen Geburtslandes sehen. Du schaust eh ned wia a Österreicher aus. Ihr alle hier lebenden N* seid Drogendealer. Mit euch kann ich alles machen, was ich will und niemand wird mich verurteilen!“

Kaum zu glauben!

JA! tatsächlich sprach der unabhängige Verwaltungssenat diesen Polizisten frei.

Lieber Marcus, genauso ist es dir ergangen!

Du warst „nur“ ein N*. Man konnte dich fesseln; dir den Mund zukleben; Ohrfeigen geben, dich am Atmen hindern. Wird man diese Männer verurteilen?

JA! Mit so einer Einstellung sind deine Peiniger vorgegangen.

Bruder Marcus, man hat zu dir gesagt du bist nur ein N*; geh in den Tod. Wir brauchen dich nicht. Der Tod ist gekommen. Der Tod vor dem du geflüchtet bist, hat dich eingeholt. Wir denken an dich. Mögen unsere Vorfahren, mögen die afrikanischen Ahnen dich in ihre Mitte aufnehmen.

Du hattest dich geirrt: Deine Verfolger sind nicht in deinem Herkunfstland vor denen du geflohen bist, sondern die drei österreichischen Polizisten, die dich begleiteten.

So saß ich nach deinem Tod mit tiefer Trauer und Verzweiflung; mit tiefer Trauer und Angst; mit tiefer Trauer und Ratlosigkeit; in der Gallerie des hohen Hauses, als die Grünen und das Liberale Forum eine parlamentarische Anfrage machten. Nun bekam ich einen Stich in mein Herz, als eine sehr bekannte Abgeordnete der Freiheitlichen Partei, die selbst im Zivilberuf Richterin ist, und so mit für die Grundrechte ALLER Menschen eintreten müsste, schon im Mai 1999 im Parlament erklärte: „Die Schwarzafrikaner sehen nicht nur anders aus, sondern sind auch anders; das liegt in der Natur dieser Menschen. Sie sind besonders aggresiv und die Meisten sind Drogendealer und illegal da.“

Oder wie der Freitheitlichen Partei zugehöriger Herr Thomas Prinzhorn behautpete: „Ausländische Frauen bekommen Hormonpräparate, um mehr Kinder produzieren zu können und er wurde trotzdem zum Nationalratspräsident gewählt.

Meine Hoffnung, dass Abgeordnete der Regierungspartein, der sogenannten Großkoalition aufstehen und widersprechen, dass sie diese rassistische Äusserung und Beleidigung zurückweisen würden, wurde schwer enttäuscht. Man ging zur Tagesordnung über.

Liebe Freundinnen und Freude, ich finde es wunderbar, dass so viele Menschen gekommen sind, um zu zeigen, dass sie nicht so denken, wie man auf den Wahlplakaten lesen konnte und bei Wahlreden hören musste: „Stopp der Überfremdung!“ „Asylmissbrauch“ - oder wie in FPÖ Flugblättern behaupted wird, dass jeder Afrikaner einen Designeranzug trägt und über Handy seine Drogengeschäfte abwickelt; - Oder die Lüge des Herrn Prinzhorn, dass ausländische Frauen Hormonprärate bekommen um mehr Kinder zu prodzieren zu können. Und er wird dafür zum Nationalratspräsident gewählt. MIT Hilfe der Koalition!

Nun stellt sich aber die Frage ob diese Haltung nur von einer Partei vertreten wird, oder ob der Bazillus der Xenophobie, der Fremdenfeindlichkeit oder die Angst vor einer anderen Hautfarbe, Religion und Kultur bereits auch in anderen Parteien Fuß gefasst hat.

In dieser Haltung Afrikanern gegenüber sind die Wurzeln zu finden für das Fremdengesetz, das diese Koalitionsregierung beschlossen hat und mit dem sie uns als „minderwertige“ Geschöpfe der Exekutive ausgeliefert hat.

Nun sehr geehrte Politiker,
- Glauben Sie, DA bekommt man keine Angst?
- Glauben Sie, DA fühlt man sich wohl?
- Glauben Sie, dass ich meine Kinder überzeugen kann, sie sollen alle Menschen lieben?
- Glauben Sie, dass unsere Kinder menschenwürdig aufwachsen können, wenn sie immer wieder sehen, wie ihre Eltern von der Exekutive gedemütigt und von anderen Menschen grundlos auf der Straße beschimpft werden?

Unser Leben hier in Österreich, das Land das auch wir lieben, in dem wir gerne leben, arbeiten und Steuer zahlen, wird von Tag zu Tag unerträglicher.

- Wir bitten Sie, die Politiker daher, im Namen der Würde des Menschen dieses Apartheidsgesetz „Black only“ abzuschaffen.

- Wir fordern einen unabhängigen Untersuchungsausschuss;

- Wir fordern, dass die Polizei in eigener Sache nicht mehr untersuchen darf;

- und wir plädieren für ein Antidiskriminierungsgesetzt!

Nun liebe Freundinnen und Freunde;
Ich habe einen Traum,
Ich habe einen Traum, dass der Tag kommen wird, and dem ich sagen werde:

„Ich bin kein Schwarzer,
Ich bin keine Rothaut,
Ich bin kein Gelber,
Ich bin kein Weißer,
Ich bin nur ein Mensch,
der Mensch aller Zeiten,
der Mensch aller Himmel,
der Mensch der dir gleicht.

Wir alle sind verschieden und das ist schön! Reichen wir einander die Hände!

Diese Koalition macht uns Angst, wir lehnen sie daher ab!

Gemeinsam kämpfen wir gegen Rassismus!

Danke für ihre Aufmerksamkeit"

Anmerkung no-racism.net: Wir haben die rassistische Bezeichnung für Schwarze Menschen entschärft und gemäß einer antirassistischen Schreibweisen mit N* ersetzt.

Diese Rede wurde übernommen von :: facebook.com/plattform.refugees.welcome