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[ 18. Aug 2000 ]

Bericht von der neunten UVS Verhandlung am 15.8.2000

Am Montag dem 15. 8. 2000, fand die neunte Verhandlung im "Fall Traiskirchen" am UVS St. Pölten statt. Acht Stunden lang wurden 3 Beschwerdeführer aus Kongo (von insgesamt 34) und ein bei den Übergriffen vom 17.1 2000 im Flüchtlingslager Traiskirchen beteiligter Polizist befragt.

 

Der 22-jährige Kongolese B. erzählte, wie um ca. 19:00 des 17.01.2000 zwei Polizisten mit Waffen im Anschlag (u.a. Automatikfeuerwaffen) sein Zimmer im Lager Traiskirchen stürmten und ihn bedrohten. Daraufhin kamen weitere 6 Polizisten in voller Montur herein. Ein Polizist, der gebrochen französisch sprach, weil er angeblich einmal in Burkina Faso gewesen sei, erklärt ihm, sie suchten Drogen. Da die Polizei aber keinen Hausdurchsuchungsbefehl hattten, streiten sie dies heute ab. Sein Zimmerkollege G. aus Ruanda mußte sich entkleiden und wurde abgetastet, ihre Koffer, Bettwäsche etc. wurden durchwühlt und auf den Boden geschmissen. Als dabei ein Foto von G.s Frau zum Vorschein kommt, lachen die Bullen und sagen zu ihm: "Your wife is not beautiful!"

Vier der Polizisten gingen daraufhin durch die Tür ins nächste Zimmer: jenes, indem sich die Frau mit ihrem Baby befand - wir berichteten bereits über die Vorfälle, die sich dort dann ereigneten. Auch besagter Hundeführer samt Köter passierte sein Zimmer und ging ins Zimmer der Frau. Als der Junge seine Lagerkarte vorwies, konnte er einen Augenblick lang ins Zimmer der Frau sehen und beschrieb die Vorfälle genaus so, wie sie es bereits tat: der Köter stand neben dem nackten Baby, das schrie und ein Bulle machte das Fenster auf. Inzwischen beschnupperte der Köter das Baby am Leib. Als die Polizisten B.s Wut merkten, blokierten sie die Tür und schleppten ihn auf den Gang wo er von einem weiteren Polizisten völlig grundlos mit einem Gummiknüppel am Rücken und auf die Beine geschlagen wurde. Als er auf english fragte, was los sei, brüllte ihn der Bulle an: "You are black and a drug-dealer". Dann mußte auch er sich entkleiden, wurde von oben bis unten abgegriffen und mit Plastik-Handfesseln gefesselt.

Dann zerrten sie ihn in die Waschküche, am Weg dorthin sah er einen weiteren Hundeführer samt Köter (die Polizei bestreit, daß es einen 2. gegeben habe). B. fragte wiederum nach dem Grund dieser Behandlung und der Vorgänge. Die Antwort: "Du bist Asylwerber. Warum bist Du hergekommen, Du Arschloch?!" und bekommt einen Rempler und den Mittelfinger gezeigt. Wassertrinken wurde ihm im Waschraum verweigert, anstatt ließ der Hundeführer lachend die Leine des Köters locker und erschreckte damit die weiteren gefesselten Männer, die nach und nach in den Waschraum gebracht wurden.

Als ein Mann verlangte, auf die Toilette geführt zu werden, wird ihm auch das verweigert. Zwei weitere gefesselte Männer öffnen ihm unter Lachen der anwesenden Polizisten den Hosenschlitz und er uriniert in einen Kübel. Als die drei Beschwerdeführer dem Vorsitzenden Richter Marzi diesen Vorfall im Verhandlungssaal vorspielten, findet dieser das offensichtlich amüsant und kichert vor sich hin. Auch die Polizeivertreter lachen. Wassertrinken wurde einem weiteren verweigert. Auch B. sagt aus, er sah ZWEI Polizistinnen - und nicht nur eine, wie die Bullen behaupten. Als einem Gefangenen schlecht wurde, bat er um Lockerung seiner Handfesseln. Daraufhin näherte sich ihm ein Polizist und zog diese noch enger zu. Ein weiterer faßte Mut und fragte, warum sie nicht wenigsten den alten und kranken Mann freiließen, worauf er einen Faustschlag ins Gesicht erhielt.

Der Vorsitzende Richter Marzi bittet B. um eine Skizze des Zimmers. Dieser fertigt sie an, daraufhin der Richter: "Da hat er ja viel gezeichnet - ah: da steht "Polizei" - das schreibt er ja schon schön aus." Auch wenn der vorsitzende Richter Marzi, solange Prozeßbeobachter anwesend sind, versucht, sich mit rassistischen Äußerungen zurückzuhalten, so kommt es trozdem immerwieder aus ihm herausgerülpst. Auf die Frage, warum B. in dem Polizeiprotokoll nichts von den Schlägen und der Verweigerung des Wassertrinkens erwähnt habe, erzählt dieser, wie er auf dem Komisariat gleich zu anfangs eingeschüchtert wurde. Seiner Dolmetscherin (die selber zugab, bereits jahrelang nicht mehr französisch gesprochen zu haben) wurde Kaffee aufgewartet - als er um ein Glas Wasser bat, erhielt er weder eine Antwort noch das Wasser. B. hat bereits eine Antwort auf sein Asylansuchen: negativ. Er hat Beschwerde eingelegt.

Auch der nächste Beschwerdeführer A. beschreibt die Vorfälle an jenem Tag. Auch er wurde abgegriffen, gefesselt, fotografiert. Als er erzählt wie der Junge im Waschraum bat, den alten und kranken Mann freizulassen und der bevor er die Faust im Gesicht hatte mit "Shut up!" angebrüllt wurde zeigt sich Richter Marzi verwundert: "Finden Sie persönlich das Wort "Shut up" beleidigend?" Als ihm A. versucht zu erklären, daß es in dieser Situation natürlich einschüchternd und bedrohend gemeint war, kann Marzi es immer noch nicht verstehen und fragt weiter: "Na was war denn rassistisch?" A. erzählt wie er auf seine Frage: "Warum behandelt Ihr uns so?" die Antwort erhielt: "Niemand hat Euch gebeten, hierher zu kommen." Das kann nun auch der Bullenvertreter Hofrat MÜNTZKER aus der Sicherheitsdirektion nicht verstehen: "Des is oba echt net rassistisch!"

Neben den bereits von B. und anderen BeschwerdeführerInnen geschilderten Vorgängen erzählt er von den Verletzungen, die viele von den engen Handfesseln erhielten. Drogen wurden wie gesagt weder bei ihm noch bei irgendjemand gefunden. A. hat bereits eine Antwort auf seinen Asylantrag: negativ. Er hat Beschwerde eingelegt.

Nach einer kurzen Pause wurde dann Inspektor Hannes FAUSTMANN, Dienststelle Bad Vöslau, einvernommen. Dieser, sowie seine Dumpfbacken-Kollegen, verstrickt sich nur in Widersprüche, sobald er etwas sagt, optiert daher für's "Nicht erinnern". Der Richter antwortet meist für ihn und läßt dies dann gleich protokollieren. Sein Vorgesetzter sei Hauptmann STÄKL gewesen, der auch mit ihm im Polizeiwagen zum Cafe Ali fuhr.
Richter: Waren Polizistinnen bei der Einsatzvorbesprechung anwesend?

F.: Kann mich nicht erinnern.
Richter: Um was ging es bei der Vorbesprechung?
F. gibt keine Antwort
Richter insistiert nicht. später erzählt der Polizist, er wüßte nur noch, daß Fotos von "Schwarzafrikanern" präsentiert wurden, die per Haftbefehl gesucht würden.
Richter: Hatten Sie auch einen Gummiknüppel dabei?
F.: Kann mich nicht erinnern.
Richter: Welche Kopfbedeckung trugen Sie?
F.: Kann mich nicht erinnern.
Richter: Welche Aufgaben wurden ihren Kollegen zugewiesen?
F.: Kann mich nicht erinnern.
Richter: Ungefähr um wieviel Uhr fuhren Sie nach der Einsatzbesprechung los?
F.: Kann mich nicht erinnern.
Richter: Bevor Sie ins Lager Traiskirchen fuhren, hatten Sie einen Einsatz beim Cafe Ali - waren dort auch Hunde?
F: Kann mich nicht erinnern. Unsere Aufgabe dort war es, die sog. "Streetrunner" aufzufassen.

Weiters versuchte der Polizist F. dann noch den "vorbildlichen Einsatz" zu beschreiben, zumindest das, an was er sich erinnern kann... Er habe natürlich allen, denen die Fesseln zu fest waren, diese sofort gelockert. daß es Verletzungen durch die Handfesseln gab, kann er sich erklären: diese gäbe es immer, auch wenn sie ordungsgemäß angelegt würden. Niemand der Gefesselten stellte Fragen, alles war total ruhig. Ob er sich an eine blonde Kollegin aus dem Bzk. Baden erinnern könne? "Ich kenne nur eine blonde von dort, aber die ist nicht echt, sondern gefärbt." Der Bullenanwalt lacht und meint: "Das kann man bei Frauen ja nie wissen, welche Haarfarbe die wirklich haben."

Der dritte Beschwerdeführer, C. aus VR Kongo, schildert die selben Vorgänge wie seine zwei Kollegen. Er sah auch, wie Polizisten am Ende des Einsatzes mit einer Zange die Handfesseln aufzwickten und dabei mehrere Menschen dabei verletzten. Unterbrochen wurde C. von einigen zynischen Bemerkungen und Fragen des Bullenvertreters und des Vorsitzenden Marzi ("Also als die Polizisten ins Zimmer kamen waren Sie alle wie gefroren, schockgefroren sozusagen (HA HA HA)...").

Bei diesem 9. Verhandlungstag wurde wieder einmal offensichtlich, daß die Polizeiübergriffe an jenem 17. Jänner nicht unbestraft bleiben dürfen, und es für den UVS und für die Polizei schwieriger und schwieriger wird, die Verantwortlichen frei ausgehen lassen zu können.

Am Montag waren leider nur zwei ProzeßbeobachterInnen anwesend, es ist aber weiterhin wichtig, dort möglichst zahlreich zu erscheinen und unseren Unmut über rassistische und zynische Bemerkungen kunzutun und unsere solidarität mit den Opfern dieses Übergriffs kundzutun, sowie den Prozeßverlauf zu dokumentieren - also sollte jemand morgen hinfahren: mitschreiben und veröffentlichen!

...smash austria