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[ 23. Jun 2003 // letzte änderung: 23. Jun 2003 ]

Asylgesetznovelle 2003 - Die Folgen für Flüchtlinge

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Von Institutionen, Parteien und anderen Gruppen wurde der Entwurf kritisiert und abgelehnt. Mit 31. Mai 2003 endete die Frist zur Begutachtung der Asylgesetznovelle 2003. Nur 11 Tage nach Ende der Begutachtung präsentierte Strasser einen - nur wenig - überarbeiteten Entwurf, der nicht besser als der ursprüngliche Entwurf ist.

 

Mit 31. Mai 2003 endete die Begutachtungsfrist zur Asylgesetznovelle 2003. In zahlreichen kritischen Stellungnahmen wurde der Gesetzesentwurf kritisiert und abgelehnt.
Nur 11 Tage nach Ende der Begutachtung präsentierte Strasser einen - nur wenig - überarbeiteten Entwurf, der nicht besser als der ursprüngliche Entwurf ist.

So stellt der UNHCR fest, dass auch dieser zweite Entwurf, "mehrfach gegen EuropäischeMenschenrechts- und Genfer Flüchtlingskonvention (verstät)."

Die Grünen treten mittlerweile für eine Verschiebung des Beschlusses ein. Die Asylgesetznovelle soll ja noch - still und heimlich - vor der Sommerpause über die Bühne gehen, wie dies auch mit der Fremdengesetznovelle 2002 vor einem Jahr geschehen ist.

Sicher ist jedenfalls, dass während auf europäischer Ebene massive Verschärfungen gegen Flüchtlinge beschlossen werden, die Österreichische Regierung drauf und dran ist, Verschärfungen auf nationaler Ebene umzusetzen.

Die Grünen haben in einem Papier die Folgen eines Beschlusses des derzeitigen Entwurfes für die Asylgesetznovelle 2003 zusammengefasst, welches wir hier dokumentieren:



Österreich VERABSCHIEDET SICH VON DER MENSCHENRECHTSKONVENTION

Trotz massiver verfassungs- und menschenrechtlicher Bedenken namhafter ExpertInnen des UNO-Flüchtlingshochkommissariats, der Asyl- und Menschenrechts-NGOs, der Grünen, aber auch des Verfassungsdienstes und des Aussenministeriums hat Innenminister Strasser nur 11 Tage nach Ende der Begutachtungsfrist einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, der nur geringfügige Änderungen und so manche Verschärfung im Vergleich zum Begutachtungsentwurf enthielt.

Was u.a. kommt, wenn diese Regierungsvorlage das Parlament passiert:

* Sogenannte sichere Drittländer werden mit einer Liste im Gesetz festgeschrieben, obwohl die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) eine überPrüfung des Einzelfalles vorsieht und keine Pauschalbehandlung von Asylanträgen zulässt. Die Liste umfasst neben den EU-ländern auch die Beitrittskandidatenländer, obwohl der Unabhängige Bundesasylsenat und der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Entscheidungen einige dieser länder als für AsylwerberInnen nicht sicher eingestuft haben. Wer aus einem dieser länder kommend in Österreich einen Asylantrag stellt, bekommt die Antwort, dass sein Antrag "unzulässig" ist und zurückgewiesen wird. Weder aus dem Gesetz noch aus den Erläuterungen geht hervor, aufgrund welcher Kriterien diese länder auf die Drittstaatenliste gesetzt wurden oder wie ein Land von dieser wieder entfernt werden könnte, was übrigens nur durch eine Gesetzesnovelle möglich wäre!

* Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung im Drittstaats- und Dublinverfahren:
Trotz Berufung kann nach der negativen Entscheidung der ersten Instanz unverzüglich abgeschoben werden. Durch die Abschiebung werden vollendete Tatsachen geschaffen: Mangels einer Zustelladresse im sogenannten "sicheren Drittland" wird das Berufungsverfahren in aller Regel eingestellt werden! Das läuft auf die Abschaffung des Rechts auf wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK) hinaus.

* Sogenannte sichere Herkunftsländer werden ebenfalls mit einer Liste im Gesetz festgeschrieben. Laut GFK darf aber kein Asylwerber aufgrund seiner Herkunft oder Staatsangehörigkeit vom Asylverfahren ausgeschlossen werden. Somit verstät diese Liste gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 der GFK.

* Abschaffung der automatischen aufschiebenden Wirkung der Berufung gegen die negative Entscheidung der ersten Instanz bei AsylwerberInnen aus sogenannten "sicheren Herkunftsländern". Die aufschiebende Wirkung gilt nur, wenn darum angesucht wird und wenn der Unabhängige Bundesasylsenat (UBAS) innerhalb einer Woche diese erteilt. Wenn der UBAS zum Beispiel wegen Arbeitsüberlastung länger als eine Woche für die Erteilung braucht, kann die betroffene Person trotzdem in der Zwischenzeit abgeschoben werden.

* Da alle Nachbarländer Österreichs per Gesetz zu "sicheren Drittländern" erklärt werden, hat jemand, der über den Landweg nach Österreich flüchtet, prinzipiell keine Chance mehr auf ein Asylverfahren in Österreich.

* Neuerungsverbot:
Das weisungsgebundene und dem Innenminister unterstellte Bundesasylamt wird in seiner Funktion massiv aufgewertet, da nur mehr vor dieser Behörde vorgelegte Beweise und Aussagen für das Asylverfahren ausschlaggebend sein sollen. Nach der ersten Entscheidung vorgelegte Beweise werden in der Regel nicht mehr beRücksichtigt, womit die unabhängige Kontrollinstanz rechtswidrigerweise auf die Beweiswürdigung der weisungsgebundenen Behörde beschränkt wird, die sie eigentlich kontrollieren soll.

* Asylantrag veranlasst Festnahmeauftrag:
Das Asylverfahren wird zum Ausweisungsverfahren umdefiniert, da Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt werden, AsylwerberInnen "zum Zwecke der Vorführung vor die Asylbehörden, der Sicherung des Zulassungsverfahrens oder zur Sicherung der Ausweisung" festzunehmen. Damit wird einerseits in ein antragspflichtiges Verwaltungsverfahren die Festnahme "zur Sicherung des Verfahrens" eingefügt, andererseits unverblÃŒmt zugegeben, dass die Regierung das Asylverfahren mit dem Ziel einer Ausweisung durchgeführt sehen will.

* Da es vorkommen wird, dass jemand trotz einer Berufung gegen die Entscheidung der Behörde vor der Antwort auf seine Berufung abgeschoben wird, ist die Einhaltung des Rechts auf wirksame Beschwerde (Art. 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK) nicht mehr gewährleistet. Damit bricht Österreich seine Verpflichtung zur Einhaltung der EMRK, die in Österreich in Verfassungsrang steht!!!

* Obligatorische Durchsuchung von AsylwerberInnen, Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens (Art. 8 EMRK):
AsylwerberInnen sind zu durchsuchen, "soweit nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie Gegenstände und Dokumente, die Aufschluss über die Staatsangehörigkeit, den Reiseweg oder die Fluchtgründe geben können, mit sich führen und diese auch nicht nach Aufforderung vorlegen". In der Praxis heißt das, dass die Durchsuchung mit dem Argument, dass dies nie ausgeschlossen werden kann, regelmäßig durchgeführt werden wird. Wie Österreich mit dieser Bestimmung das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Achtung des Privatlebens (Art. 8 EMRK) gewährleisten will, bleibt weiterhin ein RÀtsel.

* Zugang zu Erstaufnahmestelle (EAS) für NGOs, RechtsvertreterInnen u.a. stark eingeschränkt:
mit dem Argument "Aufrechterhaltung der Ordnung in der EAS soll der Innenminister ermächtigt werden"unbefugten Aufenthalt in der Betreuungsstelle sowie deren unbefugtes Betreten durch Verordnung zu verbieten und das Zuwiderhandeln zur Verwaltungsübertretung zu erklären". Das bedeutet, dass eine unabhängige Beratung und Betreuung der Personen in der EAS nicht gewährleistet ist, zumal die RechtsberaterInnen in der EAS vom Innenminister ausgewählt und bestellt werden sollen.

* Keine verpflichtende Zustellung an den/die RechtsvertreterIn, da laut der neuen Bestimmung der "gewillkürte Vertreter über Ladungen und Stand des Verfahrens verständigt werden kann, wenn AsylwerberInnen dies wünscht". Obwohl AsylwerberInnen den Wunsch nach Verständigung ihrer RechtsvertreterInnen aussprechen, ist also nicht sichergestellt, dass diese auch Informationen erhalten.

* Bundesbetreuung:
Trotz der eindeutigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, wonach eine staatliche Verpflichtung zur Unterbringung und Versorgung von AsylwerberInnen besteht, soll die Aufnahme in Bundesbetreuung auch nach der Regierungsvorlage eine Kann-Bestimmung bleiben! Damit ignoriert die gesamte Bundesregierung eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs und verweigert die Existenzsicherung für Flüchtlinge.

* Verkürzung der Berufungsfrist im Flughafenverfahren:
Entgegen des Gleichbehandlungsgebots wird die Berufungsfrist im Flughafenverfahren von 14 auf 7 Tage verkürzt! Dies ist eine klare unsachliche Ungleichbehandlung (mit anderen AsylwerberInnen) und widerspricht dem Rechtsstaatsprinzip.

* Traumatisierte und Folteropfer sind von bestimmten Verschärfungen im Gesetz ausgenommen, allerdings nur dann, wenn "medizinisch belegbare Tatsachen" auf Folter und Traumatisierung deuten. Zynisch könnte man sagen, AsylwerberInnen mit sichtbaren Folterspuren gelten für Minister Strasser als Folteropfer, alle anderen haben Pech, dass sie ihre Folterung nicht "medizinisch belegen" können. außerdem sollen durch das Einfügen einer Wortfolge in die Regierungsvorlage traumatisierende Ereignisse während der Flucht (z. B. Vergewaltigung) nicht mehr relevant sein!

* Bei sogenannten Folgeanträgen wird die Effektivität der Rechtsmittel fast völlig abgeschafft. Die entsprechende Regelung wurde gegenüber dem Ministerialentwurf sogar noch verschärft: Die aufschiebende Wirkung einer Berufung ist bei Anträgen innerhalb eines Jahres (vgl. vormals 6 Monate) ausgeschlossen und damit ein Rechtsmittel nicht effektiv im Sinne des Art. 13 EMRK. Der Verstoß gegen EMRK und GFK wurden gegenüber dem Ministerialentwurf damit noch verschärft.

* Drittstaatsverfahren:
Bei tatsächlicher UnMöglichkeit der Abschiebung tritt der Drittstaatsbescheid erst nach 2 Monaten (vgl. Ministerialentwurf: 1 Monat) außer Kraft, sodass eine inhaltliche Beurteilung des Asylantrages nun erst nach zwei Monaten erfolgen kann.