Am 15. Juli 2003 wurde Seibane Wague im Zuge eines Einsatzes von Polizei und Rettung in Wien umgebracht. Drei Jahre späer wurde im Zuge einiger Veranstlatungen an ihn und weitere Opfer des rassistischen Polizeiterrors gedacht.
Ein kurzer Rückblick
Im Sommer 2003 wurde im Stadtpark ein sogenanntes Afrikakulturdorf aufgebaut, in dem Kunst aus Afrika präsentiert und eine Begegnung zwischen AfrikanerInnen und MehrheitsösterreicherInnen stattfinden sollte. Es gab ein umfangreiches Kulturprogramm und viele Leute besuchten das Projekt. Seibane Wague war dort sehr engagiert und u.a. für die Führungen mit Kindern durch das "Dorf" zuständig. Am 6. Juni 2003 kam dieses nach einem Brandanschlag in die Medien. Nur wenige Tage später kam es erneut zu einem rassistischen Vorfall. Nach einem Streit mit dem "Chef", dem Entwicklungshelfer Siegfried Malle, rief dieser Polizei und Rettung. Beim Eintreffen der Einsatzkräfte war Seibane bereits verletzt. Wenige Zeit später war er tot. Es folgten die üblchen medialen Vorverurteilungen und eine massive rassistische Hezte.
Bis heute wurde keiner der für den Tod Seibanes Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Dem :: Spruch des Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS), der die Amtshandlung, die mit dem Tod Seibanes endete, für rechtswidrig erklärte, und dessen :: Bestätigung durch den Verwaltungsgerichtshof, folgte ein Strafprozess. Die Angeklagten sechs Polizistinnen, drei SanitäterInnen und ein Notzarzt, wurden zum Großteil freigesprochen. Lediglich ein Polizist und der Notarzt wurden am 9. November 2005 wegen "fahrlässiger Tötung" zu sieben Monaten bedingter Haft verurteilt. Ob :: das Urteil mittlerweile rechtskräftig ist, entzieht sich unserer Kenntnis. In Folge des Urteils kam es zu :: Protesten.
Der 3. Todestag
Am 15. Juli 2006, dem dritten Todestag von Seibane Wague, wurde des Toten und anderer Opfer gedacht, die im Gewahrsam der Behörden ums Leben kamen.
Im Stadtpark fanden sich wie jedes Jahr einige Leute ein, um Kerzen und Blumen am Ort des Geschehens niederzulegen. Am nächsten Tag war jedoch nichts mehr davon zu sehen, denn die offiziellen Stellen haben wenig Interesse, dass an die Toten des rassistischen Polizeiterrors erinnert wird. Sehr schnell werden derartige Erinnerungen beseitigt...
Um diesem Geschichtsbewusstsein entgegenzuwirken, fand im Rahmen des Projekts :: verborgene Geschichte/n - remapping Mozart die Verantaltung :: Saint George in memoriam Seibane Wague, ein Konzertabend mit Vortrag statt. Damit wurde einmal mehr darauf hingewiesen, dass Schwarze Menschen seit Jahrhunderten Teil der Gesellschaften Europas sind. Einer von ihnen, der :: Chevalier de Saint George, Joseph Boulogne (1745-1799), war eine Berühmtheit im vorrevolutionären Frankreich. Der Sohn einer afrikanischen Sklavin und eines französischen Aristokraten war ein gefeierter Violinvirtuose und Komponist, dessen Werke viel Ansehen genossen. Eines dieser Werke wurde im Anschluss an einleitende Worte zum Leben und Wirken von Saint George vorgetragen.
Beate Hammond erzählte über die Geschichte eines Musikers, die mit der Geburt in eine rassistischen SklavenhalterInnen-Gesellschaft begann. Sein Vater ermöglichte ihm den Weg in die Freiheit. Er ging nach Frankreich, wo er sich zur anerkannten Größe hinaufarbeitete. Die Position eines Operndirektors wurde ihm jedoch aufgrund der rassistischen Vorurteile in der französischen Gesellschaft verwehrt. Seine Polpularität konnte dadurch nicht verhindern werden.
Saint-George war nicht der einzige Schwarze Musiker seiner Zeit. Beate Hammond wies bewusst darauf hin, dass es sich bei ihm um keinen Einzelfall handelte. So erzählte sie kurz über weitere Schwarze MusikerInnen, die zur Zeit Saint-Georges lebten. Denn Ziel dieses Vortrages war, wie des Gesamtprojektes "remapping Mozart", an verborgene Geschichte/n Schwarzer Menschen in Österreich und Europa zu erinnern, deren Existenz oft ausgeblendet wird.
Diese Verleugnung Schwarzer Menschen in der Geschichte zielt vor allem darauf hin, die immer noch existierenden rassistischen gesellschaftlichen Strukturen zu festigen und europäisch mit "weiß" gleichzusetzen. Dieses Gedankengut ist es auch, dass es bis heute ermöglicht, dass Exekutivbeamte ohne Konsequenzen Menschen umbringen können.
Requiem für Seibane Wague
Wie dies im Falle von Seibane Wague vor sich ging, fasst eine neuer Film sehr gut zusammen, der am Abend des 15. Juli 2006 im Weltcafe in Wien präsentiert wurde. Die 90-minütige Video-Dokumentation "Requiem für Seibane Wague" von Werner Eder ist die bisher umfassendste filmische Zusammenfassung der Ereignisse nach dem Tod Seibane Wagues. Vieles, was einer breiten Öffentlichkeit nicht bekannt ist, wird hier aufgearbeitet. Zahlreiche Bilder von Veranstaltungen im Afrikakulturdorf, Protesten, Podiumsdiskussionen, den Prozessen beim UVS und am Landesgericht Wien, das Video vom Tod Seibanes und einiges mehr zeigen den Umgang von Medien und Behörden mit rassistischer Gewalt auf.
Der Film kam beim Publikum gut an und so entwicklete sich im Anschluss an die Präsentation eine Diskussion, wie es möglich ist, diese Informationen einer breiteren Öffentlichkeit zugängig zu machen. Denn nach wie vor werden Schwarze Menschen in Österreich meist mit einem rassistischen Blick betrachtet. Doch ihre Existenz ist nicht mehr zu verleugnen. Sind sie Teil dieser Gesellschaft und ihrer filmischen Ausenandersetzung. Eine Auseinandersetzung dazu bietet u.a. :: "Here to stay!", ein weblog Projekt zu antirassistischer und feministischer Repräsentationspolitik, bei dem "gesellschaftlichen Machtverhältnissen und bislang ghettoisierten, österreichischen Realitäten, strukturell verankerter Gewalt und institutionalisierten Rassismen (eine) zentrale Bedeutung eingeräumt" wurden. Die Dokumentation "Requiem für Seibane Wague" kann zu dieser Sichtbarmachug beitragen...