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[ 15. Sep 2006 ]

'Fremde Dörfer' - die Präsentation von 'Lebensgewohnheiten' ist in

Mit stereotypen Darstellungen wird das

Sie sprießen wie die Schwammerl aus dem Boden, die Dörfer in denen "fremde Kulturen" präsentiert werden. Und sie scheinen für Erfolg zu stehen, wie im folgenden Text von at.indymedia.org zu lesen ist.

 

Die zahlreichen Afrikadörfer, oft auch mit klar rassistischen Bezeichnungen, waren in den letzten Jahren immer wieder Anlass für Kritik. So erklärte sich die Marktgemeinde Ybbsitz im Bezirk Amstetten, NÖ, am Faschingsdienstag, dem 24. Februar 2004 zum "N*dorf". In der Ankündigung war damals u.a. zu lesen: "Ab 14.00 Uhr Programm auf der Showbühne am Marktplatz mit der 'N*musi Ybbsitz', den 'No white Angels', den 'Sing Songs', der Gruppe 'The Raindancers' und den 'Black Plattlern'." Weiters war in der Einladung zu lesen: "Die Bevölkerung und die Wirtschaftstreibenden sind herzlich eingeladen unter dem diesjährigen Motto 'Ybbsitz ist ein N*dorf" teilzunehmen'."

Verständlich, dass es angesichts solcher stereotyper Bezeichnungen Protesten kam. Die Schwarze Frauen Community :: schrieb zu diesem Vorfall:

"Rassismus gehört für schwarze Menschen in Österreich leider zum Alltag. (...) Die offizielle Entschuldigung für diese unsensible, verletzende Diktion und der Hinweis des Ybbsitzer ÖVP- Bürgermeisters Josef Hofmarcher, man habe die beleidigende Dimension der Wortwahl nicht vorausgesehen, konnte die bereits erfolgte Verletzung nur beschränkt reparieren. Die schwarze Community, die durch den gewaltvollen Tod von Seibane Wague im Afrikadorf letztes Jahr ohnehin schwer getroffen war, sah sich einmal mehr mit rassistischen Klischees konfrontiert."

Interessant ist dabei, dass sich derartige "Dörfer" meist als Rahmenprogramm für traditionelle Veranstaltungen oder für kommerzielle Zwecke installiert werden. Ein Beispiel dafür, wie mit kolonial-rassistischen Stereotypen Geld verdient werden kann, ist die Firma MaxVita GmbH, die u.a. als VeranstalterIn der "Afrika Festivals" 2006 in Wien und München auftrat. Dieser Firma wird von zahlreichen Organisationen aus Deutschland und Österreich Rassismus vorgeworfen. Nicht zu Unrecht, wie ein Blick ins Jahr 2005 zeigt. Damals organisierte diese Firma im Augsburger Zoo ein, wie sie es nannten, "African Village". Menschen afrikanischer Herkunft sowie ihre Organisationen wurden im Augsburger Zoo zur Schau gestellt. (Siehe dazu die :: Kritik von Afrikanet.info und Pamoja auf no-racism.net und gesammelte Informationen auf :: derbraunemob.info)

Doch nicht nur der "Schwarze Kontinent" dient immer wieder für die Präsentation exotischer Vorstellungen und Wünsche, auch die Amerikanischen Kontinente, ebenfalls Schauplatz der europäischen Kolonisierung, werden immer wieder als Aufputz genommen. So zählt in der jährlich stattfindende "Langen Einkaufsnacht" in Korneuburg, die vor allem zur Belebung der Wirtschaft dient, seit dem Jahr 2003 ein sogenanntes "Indianerdorf" zu den absoluten "Highlights". Initiator Harald Schneps dazu in der Rubrik Wirtschaft im Bezirksblatt Nr. 33/2006 (Lokalausgabe Korneuburg): "Mittlerweile kann Korneuburg als Ausgangspunkt dieser Idee bezeichnet werden. Seit dem Bekanntwerden bekomme ich von vielen Seiten Anfragen." Für das heurige Jahr sind "Tänze der Inkas" und eine "Ausstellung mit Originalartefakten der indianischen Stämme" angekündigt. Dem kaufkräftigen Publikum wird dieses Jahr sogar eine besondere Attraktion. Dazu die die :: NÖN vom 17. August 2006: "Geschäfte werden mit einer Kutsche angefahren." Wer kann bei solchen Darbietungen noch widerstehen? Es ist eine Attraktion für Jung und Alt, doch eine der wichtigsten Zielgruppen haben die Geschäftsleute die Kinder ausgemacht. Unterstützt werden sie dabei von den Parteien. So schreibt die NÖN weiter: "Mit dem SPÖ-Kinderfest will man schon am Nachmittag Eltern und Kinder ins Zentrum locken, die bis zur Einkaufsnacht bleiben sollen. 'Wichtig ist die Belebung des Zentrums. Davon hat die Wirtschaft etwas und durch die Steuereinnahmen kann wieder etwas für die Infrastruktur getan werden' erklärt SPÖ-Bürgermeister Wolf."

Doch es ist nicht das erste mal, dass die kleinsten als Zielgruppe dienen. In einem :: Protokoll der 3. Sitzung des Gemeinderates vom 29.09.2004 im Rathaus Korneuburg ist zum "Indianerdorf" zu lesen: "Zum zweiten Mal fand heuer wieder eine Präsentation der Lebensgewohnheiten von nord und südamerikanischen Indianern am Hauptplatz statt. Mit einem Zeltdorf Musik und Tanzvorführungen wurden auch heuer wieder sehr viele Besucher vor allem Kinder angelockt."

Dies ist nicht nur im Norden bekannt. Auch südlich der Donau setzen Geschäftsleute auf derartige Attraktionen für Kinder. So macht auch das in Traiskirchen errichtete "Indianerdorf", das Programm schmackhaft: "All das kannst Du bei uns erleben! Natur Pur, Lagerfeuerromantik und der Klang von Trommeln sind der Herzschlag unseres Dorfes. Lassen Sie einen Tag die Seele baumeln und sich von unserem Programm verwöhnen. Kinder (auch Erwachsene) können sich bei uns frei bewegen und mal so richtig 'Kind sein'." Als Veranstalterin in Traiskirchen tritt der "Verein für internationale Brauchtumsförderung" auf, der unter der klingenden Adresse :: indianerdorf.at im Internet für das Ereignis bewirbt, das vom 13. Juni bis voraussichtlich Ende September 2006 stattfinden soll.

Doch nicht nur in Traiskirchen sorgt sich dieser Verein für die Förderung des Brauchtums. Auch "im Indianerdorf-Gumpoldskirchen kann man das Leben der Indianer hautnah erleben, tolle Feste feiern und ...", wie mensch aus einem :: Eintrag aus dem Branchenbuch der IKM Internet Kaufmarkt GmbH erfährt.

Neben Kindern sind auch ganze Familien Zielgruppe der Wirtschaftstreibenden. "Seit 1986 wird die Aktion 'FAMILIENWIRT' von der Interessenvertretung der NÖ Familien gemeinsam mit der NÖ Wirtschaftskammer, Fachgruppe Gastronomie, durchgeführt. 'Ziel ist, die Gastwirte zur Kinder- und Familienfreundlichkeit zu motivieren', so Franz Kampichler, Präsident der Interessenvertretung der NÖ Familien" auf :: familienpass.at. 15 Gastronomiebetriebe erhielten demnach die Auszeichnung zum "Familienwirt 2005", überreicht von Landesrätin Mag. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Franz Kampichler (Präsidenten der Familieninteressenvertretung) und KommRat Rudolf Rumpler (NÖ Wirtschaftskammer). Franz Kampichler klärt über die Hintergründe dieser Aktion auf: "Immer mehr Gastronomiebetriebe erkennen, dass Kinder- und Familienfreundlichkeit ein Erfolgsfaktor ist. Unsere Familienwirt-Aktion beweist es - kinderfreundliche Gastwirte zählen zu den innovativen und erfolgreichen."

Nicht alle der nominierten Familienwirte warten mit exotischen Attraktionen auf, aber sie fehlen nicht. So ist unter der Überschrift "Wodurch sich 'Familienwirte' auszeichnen" zu lesen, was der Gasthof Riegler in Randegg neben den bereits bestehenden Attraktionen in Zukunft zu bieten hat: "An einer Freizeitanlage mit Teich, Volleyballplatz, Sokkerplatz, Indianerdorf wird gebaut."

Die Idee, die wie wir weiter oben erfahren haben, in Korneuburg ihren "Ursprung" haben soll, scheint tatsächlich für wirtschaftlichen Erfolg zu stehen. Doch ist es nicht ein wenig vermessen, wenn sich Initiator Harald Schneps mit dieser Idee schmückt? Will er uns davon ablenken, dass bereits seit Hunderten Jahren die Zurschaustellung von Menschen einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darstellt? Oder hat er noch nie von den Zurschaustellungen gehört, die vor allem Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts boomten.

So untersuchte Tina Baumgartner in ihrer Diplomarbeit: "Körper des Fremden - Fremd(e)körper" Zur Repräsentation der Aschanti in der Karikatur der Wiener humoristisch-satirischen Zeitschriften in Wien 1896/1897 vor dem Hintergrund von Instrumentalisierung und Sexualisierung (Universität Wien, 2004) das Thema der Instrumentalisierung und Sexualisierung des/der Anderen. Als Zeitraum für die Untersuchung wählte sie die Jahre 1896/97, da in dieser Zeit die Aschanti im Rahmen von Zurschaustellungen (sie verwendet diesen Begriff anstelle des Begriffs der "Völkerschauen") in Wien zu betrachten waren. Die Bilder, die u.a. im Zuge dieser Ausstellung von Menschen entstanden, sind/waren oft negativ besetzt und haben "bis zum heutigen Tag ihre Wirkung und ihren Bedeutungsgehalt nicht verloren, sondern sich in Form von Klischees und Stereotypen manifestiert."

Aus der Art und Weise, wie diese Begegnungen in Rahmen der Zurschaustellungen stattfanden, kann auf das daraus entstandene Bild geschlossen werden: Als ein Bild klarer Machtverhältnisse, im Rahmen derer den Betrachteten die Individualität abgesprochen und sie naturalisiert und exotisiert wurden. Dieses Verhältnis schuf eine künstliche Distanz zwischen Betrachteter/m und BetrachterIn.

Im Zeitalter der europäischen Entdeckungsreisen und der ihnen folgenden Kolonialisierungen war z.B. das Bild der "Wilden Frau" sehr verbreitet und bestimmend. Das Bild von Kannibalinnen und vor allem Amazonen beeinflusst bis heute das Denken stark. In den sexualisierten Bildern der EuropäerInnen waren außereuropäische Gebiete mitunter von "Männern mit Riesenpenissen und unersättlichen Frauen" bewohnt. Die Bilder waren/sind wandelbar, was auch ihre bestimmende Rolle bis heute massiv beeinflusst, und so wurde die bedrohliche Komponente der sexuellen Anderen im 18. Jahrhundert mehr und mehr von der Charakterisierung der Fremden als kindlich, nicht arbeitsam, ursprünglich und naiv abgelöst, ohne jedoch, dass die sexualisierten Bilder dadurch (vollständig) verschwanden. Das "Andere", das im Zeitalter der Aufklärung und der zunehmenden Bedeutung der Wissenschaften vor allem zur "eigenen Identitätsfindung" beitrug, wurde überall dort gesucht und gefunden, wo es der Privilegierung des weißen Mannes dienlich war. So verwundert es nicht, dass die Vorstellung über Fremde den Weiblichkeitskonzepten sehr ähnlich waren. "Die westliche Fähigkeit zur Kontrolle über die Natur wurde zunehmend als Fähigkeit zur Kontrolle über die Sexualität festgemacht."

Während die Natur als weiblich definiert wurde, galt die Kultur als männlich-rational. Und da "die Kultur" als das Fortschrittliche angesehen wurde und es galt, die Natur zu beherrschen, waren die Positionen in einer hierarchischen Ordnung leicht festzumachen und zu verfestigen. Der vernunftbegabte, zivilisierte Europäer (ein weißer Mann) stellte sich über die Natur und alles was mit dieser gleichgesetzt oder in Verbindung gebracht wurde. Die "Zivilisierung" und "Kultivierung" der Anderen war laut T. Baumgartner seine Aufgabe: "Kontrolle über das Weibliche, die Sexualität und die Natur, die einerseits in der Pathologisierung der Sexualität, andererseits in den Wissenschaftsfeldern Anthropologie und Ethnologie ihre Entsprechung fand."

Während das Interesse für "fremde Kulturen" wieder mehr und mehr für kommerzielle Zwecke entdeckt wird, nehmen auch rassistische Vorstellungen und Mythen zu. Eine Grundlage auf der Ausgrenzung mehr und mehr institutionalisiert wird. Die Gesetze machen es vielen Menschen so gut wie unmöglich, ihren Fuß auf europäischen Boden zu setzen. Immer mehr Menschen, die sich bereits seit Jahren in Österreich aufhalten, werden alle Rechte entzogen und sie nicht selten abgeschoben. Mit massiver Gewalt werden sowohl das "weiße Territorium" als der damit verbundene Wohlstand, der nicht zuletzt auf der kolonialen Ausbeutung beruht, verteidigt. Nicht selten ist zu hören, dass Menschen dabei "schlimmer als die Tiere" behandelt werden.

Und tatsächlich spielt die Naturalisierung eine wichtige Rolle. Und auch in Korneuburg wird dieses Thema Teil der Attraktion sein. So ist im Bezirksblatt zu lesen: "Integriert in das Indianerdorf ist wird am 1.9. auch das 'Zentrum für Dialog Mensch-Tier' mit Pferden und Kutsche, mit der auch Rundfahrten durch Korneuburg gemacht werden können. Eröffnet wird das neue Zentrum am 9.9. mit der Stargast 'Winnetou' Pierre Price." Mit diesem Aufgebot wird wohl nicht nur an die Geldbörse appelliert, er werden bei den älteren Menschen auch Erinnerung an die Jugend geweckt. Denn wer kennt sie nicht, die Verfilmungen der Heldengeschichten aus dem "Wilden Westen"?

Nun kann die Frage aufgeworfen werden, was dies alles mit Rassismen zu tun hat. Und wo die behauptete Verbindungen zur staatlichen Abschottungspolitik liegen. Hier sei statt einer Antwort auf eine Publikation hingewiesen: Andreas Foitzik, Rudolf Leiprecht, Athanasios Marvakis, Uwe Seid (Hrsg.) schreiben in der Einleitung zu: "Ein Herrenvolk von Untertanen" Rassismus - Nationalismus - Sexismus:

"'Ein Herrenvolk von Untertanen' nannte der Schriftsteller Heinrich Mann die Deutschen im Kaiserreich: nach oben hin buckeln und nach unten hin treten, Kadavergehorsam und Herrenmenschentum. Der deutsche Kolonialismus und seine rassistische Ideologie gab noch dem kleinsten Kleinbürger die Möglichkeit, sich selbst als mächtig, großartig und überlegen zu fühlen und sich als 'Herr über andere' zu erleben. Indem er dies tat, vergaß er freilich allzuleicht seine tatsächliche Position als Untertan und Befehlsempfänger.

Wir sehen mit der Rede eines 'Herrenvolk(es) von Untertanen' bestimmte Funktionen und Mechanismen angesprochen, die auf den vielschichtigen Komplex der Selbstunterwerfung hinweisen: die Konstruktionen und Vorstellungen von 'Herrenvölkern' dienen nicht nur dazu, andere Länder, Kontinente und Menschen draußen in der weiten Welt zu unterwerfen und auszubeuten. Nach 'innen' - auf die eigene Gesellschaft gerichtet - produzieren sie gleichzeitig wohlwollende und mehr oder weniger gefügige 'Untertanen', die sich selbst in der Hoffnung auf eine Teilhabe an der kolonisierenden Macht als 'Herren', als 'Herrschaften' entwerfen."


Das komplette Buch kann in der :: Internetbibliothek des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS) online gelesen werden.

Dieser Bericht erschien zuerst am 01. Sep 2006 auf :: at.indymedia.org