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[ 19. Dec 2019 ]

no-racism.net – Bericht vom Abschiedsfest

Die Ausstellung zu 20 Jahre no-racism.net

Mehr als 20 Jahre wurde die Website no-racism.net mit politischen, mit antirassistischen, mit widerständigen Inhalten befüllt. Zum Abschluss fand am Donnerstag, 24. Oktober 2019 in der W23 in Wien das Fest zur Archivierung von no-racism.net statt. :: Zur Bildergalerie.

 


Entstanden :: ist no-racism.net aus der Kampagne Kein Mensch ist illegal und der Plattform für eine Welt ohne Rassismus, die sich nach der :: Ermordung von Marcus Omofuma durch drei österreichische Fremdenpolizisten am 1. Mai 1999 gebildet hatte.

Seit damals wurden Tausende Artikel rund um die Auswirkungen rassistischer Asyl- und Migrationspolitiken und dem Widerstand dagegen veröffentlicht, ebenso wie unzählige Termine. no-racism.net war auch offline präsent mit Flugblättern, :: Broschüren, Plakaten und bot online Platz für verschiedene Projekte und Kampagnen (:: siehe Überblick).

Zum Abschied präsentierten wir Erinnerungen an antirassistische Aktivitäten in den letzten 20 Jahren in einer Ausstellung. In der Vorbereitung kramten wir in unseren Zimmern, in Ordnern und in Archiven und wurden bzgl. verschiedensten Materialien fündig, zahlreiche Unterlagen finden sich auch im Archiv der sozialen Bewegung, das sich in der :: W23 befindet.


Zur Ausstellung


Die Ausstellung war chronologisch aufgebaut, die ersten Jahre waren dicht gefüllt, über die letzten Jahre fand sich schon weniger Material, weil wir aus unterschiedlichsten Gründen nicht mehr so aktiv in den antirassistischen Bewegungen waren. Die 20 Jahre Gedenkfeier und Demonstration zu Marcus Omofuma am 1.Mai 2019 bildete den formalen Abschluss unserer Ausstellung.Ein Blick in die Zukunft erinnert an :: die 20. Todestage im Mai 2020.

Nach einer kurzen Vorstellung der Entstehungsgeschichte der Ausstellung und des Projekts seitens des no-racism.net Teams sprachen drei Personen, mit denen no-racism.net mehr oder weniger verbunden war.

Hatice Ilter, die Schwester von Binali Ilter sprach bewegende Worte über die Hintergründe, die juristischen Folgen und das Gedenken an den Tod ihres Bruders, der am 31. August 2002 im Zentrum von Wien :: von einem Polizisten erschossen wurde. Sie bezog sich dabei sowohl auf die politische Dimension als auch auf die Auswirkungen und Trauer in der Familie. Der Verlust des geliebten Menschen wirkt immer noch nach und die Familie ist weiterhin aktiv, ihn nicht vergessen zu lassen.

Sidy Mamadou Wane erinnerte an :: Seibane Wague, der am 15. Juli 2003 infolge einer Polizei- und Rettungsaktion ums Leben kam. Er erzählte über ihre Freundschaft und wie es dazu kam, dass Seibane im Afrikadorf arbeitete und letztlich dort zu Tode kam. Sidy rief dazu auf, weiter aufmerksam zu sein, gegenüber Ausschlüssen und Feindseligkeiten in der Gesellschaft, und besser in Liebe und Verbundenheit zusammenzustehen.
Ein Beispiel für diese Verbundenheit ist eine kleine verkohlte Figur eines Holzelefanten aus dem Afrikadorf, ein Überbleibsel von einem Brandanschlag in Sommer 2003, in dessen Folge bis zum Ende des Afrikadorfes solidarische Menschen während der Nacht anwesend waren, um weiteren Anschlägen vorzubeugen. Das „Kunstprojekt“ im Stadtpark wandelte sich infolge des Todes von Seibane Wague zu einem politischen Mahnmal gegen Rassismus und wurde gerade deshalb zu einem direkten Angriffspunkt.

Charles Ofuedo berichtete über den Einschnitt in die afrikanische Community durch die Drogenrazzia :: Operation Spring und ermahnte, dass es sehr schnell geschehen kann, dass Menschen kriminalisiert werden. Die Medien müssen immer kritisch gelesen werden. Er erinnerte an die :: gute Zusammenarbeit verschiedenster Kräfte nach dem Tod von Marcus Omofuma, die Mahnwachen vor dem Innenministerium, die ersten Treffen in der Schottengasse, und wie viel Zeit seither vergangen ist. Die Anliegen bleiben jedoch die gleichen: Für eine Welt ohne Rassismus!

In der Ausstellung präsentierte sich :: EmRaWi.org mittels selbst gestalteter Plakate. EmRaWi ist eine selbstorganisierten Veröffentlichungsseite und Informationsplattform, die Platz bietet für emanzipatorische, radikale und widerständige, für bewegungs- und strömungsübergreifende, parteiunabhängige Inhalte.

Dieses Projekt und viele neue Gruppen und Initiativen arbeiten auf dem Gebiet des Antirassismus weiter. Unterstützt sie dabei! Bleibt wachsam und lasst euch nichts gefallen!


Die Ausstellung im Februar 2020 im MusMig – Museum der Migration


Diese Ausstellung über die Geschichte rund um no-racism.net war exklusiv nur am 24. Oktober 2019 aufgebaut und wurde dann für die Archivierung antirassistischer Bewegungen an Ljubomir Bratić übergeben. Sie wird im Februar 2020 im Rahmen der :: Ausstellung „musmig – Für ein Museum der Migration“in der Galerie die Schöne, Kuffnergasse 7, 1160 Wien noch einmal zu sehen sein.


Suche im Archiv


no-racism.net wird nicht mehr weiter bearbeitet, bleibt aber unter eben dieser Webadresse im Netz als antirassistisches Archiv online. Mit der Archivierung ist die Suche über die Datenbank nicht mehr möglich. Alternativ besteht die Möglichkeit über Suchmaschinen einzelne Artikel oder Themen zu finden.
Dazu folgendes eingeben: "site:no-racism.net SUCHBEGRIFF"
(Beispiel: :: duckduckgo.com/?q=site%3Ano-racism.net+article+bildergalerie)

Einen Überblick über die Rubriken und Artikelsammlungen zu einzelnen Themen gibt die :: Sitemap.


Teil und Dokumentation antirassistischer Geschichte*n


Am Ende bleibt ein allgemeines Danke an die zahlreichen Mitstreiter*innen, Kooperationspartner*innen, Freund*innen und Gefährt*innen. Ohne euch wäre no-racism.net sicher nicht so lange eine aktive Plattform gewesen. Ohne die zahlreichen Aktivitäten und Proteste, die angekündigt und dokumentiert wurden.

no-racism.net war ein online-Projekt, doch viele Informationen wurden über Flugblätter verbreitet, wie das :: Flugblatt zum Ende der Schubhaft, das immer wieder :: neu gestaltetet, im Laufe der Zeit 10.000e male und bis zuletzt verteilt wurde.

So entstanden in den vergangenen mehr als 20 Jahren unzählige Materialien des antirassistischen Widerstandes in Wien, die teilweise in der Ausstellung zu sehen waren. Eine umfangreiche Sammlung von Flugblättern, Flyern, Broschüren, Plakaten, Zeitungsartikeln und vielem mehr wurde erstellt und bietet einen Überblick über diverse Aktionen, an denen no-racism.net beteiligt oder verbunden war. Diese Sammlung wird an das Projekt Archiv der Migration (:: siehe Facebook) weitergegeben, das hoffentlich in absehbarer Zeit in Wien realisiert wird und dann verschiedene Blickwinkel auf das breite Thema der Migration gibt.

Der Blick von no-racism.net ist nur ein sehr eingeschränkter. Der Schwerpunkt liegt auf dem Widerstand gegen :: Schubhaft und :: Abschiebungen, auf Proteste gegen :: Grenzregime ebenso wie die Ausgestaltung des :: institutionellen Rassismus – sowohl im nationalen wie im :: europäischen Rahmen, der weit über die Grenzen Europas hinaus reicht.

Der Blick ist ein vor allem weißer Blick – ein Blick von Menschen, die sich nicht mit den sie umgebenden Rassismen und diversen Formen von Ausgrenzung und Unterdrückung abfinden wollen.

Das Ende der aktiven Betreuung von no-racism.net ist erforderlich um ein Kapitel des Widerstandes abzuschließen. Wie uns viele in persönlichen Gesprächen bestätigten, ist dies besser, als das Projekt wie so viele andere einfach einschlafen zu lassen. Ein notwendiger Schritt, auch um Platz zu machen für Neues. Die aktuellen globalen Veränderungen weisen keineswegs darauf hin, dass der :: Abschiebekonsens und die :: weit verbreiteten Rassismen sich von selbst auflösen.

Deshalb soll zuletzt noch mal an das Ziel erinnert werden, für das es sich lohnt, wachsam und aktiv zu sein: Für eine Welt ohne Rassismus, eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung.