Angesichts der massiven Berichterstattung rund um Minarette und Moscheen müsste mensch meinen, dass "der Muezzin" über allen Dächern Wiens (bzw. Europas) zu vernehmen ist. Doch kann von ortsansässigen Menschen bestätigt werden, dass sie ihn noch nie vernommen haben.
Wozu also diese Aufregung? Die Erklärung liegt auf der Hand: Zunehmend wird von RassistInnen auf die Propagierung von Antiislamismus gesetzt und die offen neofaschistische Szene gewinnt an Boden für ihre völkische Propagnada.
Inhalt:
1. Nach eidgenössischem Vorbild
2. "Exportschlager" Minarett-Verbot?
3. Minarette in Österreich
4. Die nazionale "Freiheit" Österreichs?
5. Resumee
6. Weitere Informationen
1. Nach eidgenössischem Vorbild
Beim Thema Minarettverbot dürfte sich die FPÖ mit ihrer Abspaltung BZÖ wieder einig sein. Nachdem Haider aus Kärnten - wohl in Hinblick auf die kommenden Wahlen - ein Bauverbot für Moscheen und Minarette forderte, bekam er zustimmende Worte von H.C. Strache, seinem Nachfolger als FPÖ-Chef, der ansonsten bei öffentlichen Auftritten meist in einem eher abwertenden Ton über Haider spricht und sich über dessen Gehabe lustig macht.
Bei der rassistischen Propaganda gegen Minarette und gegen Moscheen handelt es sich aber nicht um eine Erfindung Haiders. Seit längerem gibt es in der Schweiz eine Kampagne gegen Minarette, die von einer "Eidgenössische Volksinitiative gegen den Bau von Minaretten" begleitet wird. Getragen wird diese Kampagne vor allem von der mitregierenden Schweizer Volkspartei (SVP), die ein Minarett-Verbot in der Verfassung festschreiben will.
Die SVP macht seit Jahren mit einer extrem rassistischen Propaganda Politik und oft sind die Grenzen zu offener NS-Verherrlichung nicht klar. So unterstützen auch die "Partei national orientierter Schweizer" (PNOS) und kleinere neonazistische Gruppen die Kampagne gegen Minarette. So kam es zu mehreren rassistischen Aufmärschen, die von der PNOS organisiert wurden. So kam es im Dezember 2006 zu einer "Kundgebung gegen 'kulturfremde Bauten'" in Langenthal, an der sich ca. 100 NationalistInnen beteiligten und einer Gegenkundgebung mit ca. 100 AntifaschistInnen. (siehe dazu Communiqué und Bericht von der Spontandemo sowie eine aktuelle Einschätzung der PNOS)
Ebenfalls zu Protesten führte die geplante Errichtung eines Minaretts im schweizerischen Wangen bei Olten. Um dieses Vorhaben zu verhindern, zogen die RassistInnen bis vor das Bundesgericht, nachdem die örtliche Baukommission nichts gegen das Minarett einzuwenden hatte. Doch sie hatten keinen Erfolg mit ihren Argumenten, denen zufolge ein Minarett in der Gewerbezone nicht zonenkonform sei und die Bauvorschriften verletze. Doch die Beschwerde beim Bundesgericht wurde im Juli abgelehnt und der türkisch-kulturelle Verein kann sich an die Umsetzung des Bauvorhabens machen. Auf dem türkischen Gemeinschaftszentrum soll ein rund sechs Meter hohes Minarett erstellt werden. Die VertreterInnen des Vereins gaben an, das es von dort keine Gebetsrufe geben wird.
Im August haben sich auch die bernische Kantonsregierung und das Berner Stadtparlament klar gegen ein Minarett-Verbot ausgesprochen, weil dieses die Glaubensfreiheit verletze. 20minuten.ch berichtete am 23.08.2007 im Bericht "Minarett-Verbot «an der Grenze zu Rassismus»" über diese Entscheidung und bietet den InitiatorInnen des angestrebten Minarett-Verbots Raum für ihre rassistische Propaganda: "Minarette seien ein Symbol der Eroberung und zur Ausübung der Religion brauchten Moslems in ihren Lokalen jedoch keine Minarette, argumentierte Motionär Beat Gubser (EDU). Der politischen Dimension des Islam gelte es frühzeitig Grenzen zu setzen. Im Gegensatz zu Mohammed habe Jesus seiner Kirche nie den Auftrag gegeben, ein politisches Reich zu gründen. Der Islam dagegen sei auch eine Staatsform, er kenne keine Trennung von Kirche und Staat. Aus Passivität und falscher Toleranz entstehe kein Respekt. So gesehen sei ein Minarett-Verbot 'vertretbar', sagte Gubser. Der EDU-Mann fand indes lediglich bei der SVP und den Schweizer Demokraten (SD) Unterstützung. Erich Hess (SVP) lehnte den Bau von Minaretten namentlich mit dem Verweis auf eine Aussage des heutigen türkischen Staatschefs Erdogan von 1997 ab, als dieser noch Stadtpräsident von Istanbul war, und Minarette mit Bajonetten gleich gesetzt habe."
Die schweizerisch-nationalen RassistInnen setzen also ihre emotionalisierende Propaganda gegen den Bau von Minaretten fort. EDU und SVP geben vor, mit der "Volksinitiative gegen den Bau von Minaretten" ein Zeichen gegen das Vordringen des "Islam" setzen zu wollen. Sie wollen den Bau neuer Minarette via Bundesverfassung verbieten lassen. Als Argument dient u.a. die Verteidigung des "christlichen Abendlandes".
Hier sollte aber betont werden, dass die christlichen Gemeinden die beschworene Gefahr nicht als solche wahrnehmen. So findet sich auf jesus.ch ein "Kommentar: Wie gefährlich sind die Minarette?" Darin wird betont, dass im Sinne von Religionsfreiheit der Bau von Minaretten zugelassen werden muss, die Entscheidungen aber den Behörden vor Ort überlassen werden sollte. Der Minarettstreit zeige: "Im Umgang mit andern Kulturen und Religionen ist vor allem das Sichtbare und Symbolhafte Stein des Anstosses. Ein weithin sichtbares Minarett wird als viel provokativer empfunden als eine Moschee in einer ehemaligen Produktionshalle im Industriegebiet. Andererseits ist auch Muslimen eine sichtbare Präsenz wichtig, wobei längst nicht alle Moscheevereine Minarette anstreben." In diesem Sinne wird in genanntem Bericht auch überlegt, ob "vielleicht sogar mehr Minarette nötig" seien.
2. "Exportschlager" Minarett-Verbot?
In einem Interview mit Radio Vatikan am 21.08.2007 sprach der berliner Politologe und Verfasser mehrerer Publikation über den braunen Sumpf Oliver Geden von einem "helvetischen Exportschlager": "Solche Forderungen nach Minarett-Verboten hat es bereits früher gegeben, bevor die SVP das Thema so stark gemacht hat. Aber seitdem die Schweizerische Volkspartei diese Volksinitiative für eine Verfassungsänderung lanciert hat, nehmen Islam-Kritiker europaweit stark Bezug darauf. Ich glaube, dass liegt daran, weil ein Minarett-Verbot nicht so radikal wie ein Moschee- oder Koran-Verbot klingt - solche Forderungen gibt es auch -, und es kommt von einer Regierungspartei in der Schweiz. Man kann dann sagen, dass es nicht von einer extremistischen Ecke kommt. ... Wenn sich dann zeigt, dass in einem bestimmten Land ein Thema sehr gut funktioniert, dann greifen es ähnliche Bewegungen in Nachbarländern auf. ... Die SVP hat sich als sehr erfolgreich erwiesen in den vergangenen Jahren, und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass politische Parteien und politische Bewegungen in Nachbarländern auf sie aufmerksam werden." (Siehe dazu auch das Interview mit Oliver Geden im schweizerischen :: Tagesanzeiger vom 15.08.2007)
Gedens Einschätzung trifft auf jeden Fall bezüglich Österreich zu. Hierzulande haben PolitikerInnen das Thema Minarett-Verbot mittlerweile aufgegriffen. So forderte der Kärntner Landeshauptmann und BZÖ-Chef Jörg Haider ein Bauverbot für Moscheen mit Kuppeln und Minaretten. Weiters will Haider keine "verschleierten Frauen mehr auf den Straßen sehen". Damit solle der "offensichtlichen Gefahr einer schleichenden Islamisierung" Europas entgegenwirkt werden. Die in Kärnten lebende Muslime müssten sich integrieren.
Der Plan Haiders und des BZÖ sieht vor, das Moscheeverbot in den Bauvorschriften zu verankern. Bei Neubauten müsste demnach die örtliche Bautradition nicht nur beim Stil sondern auch in religiös-kultureller Hinsicht beachtet werden. Am 10.09.2007 beantragte BZÖ-Wohnbau-Landesrat Uwe Scheuch ein Bauverbot für Moscheen und Minarette im Kärntner Landtag. Dazu müssten zahlreiche Gesetzesänderungen mehrheitlich beschlossen werden. Doch SPÖ und ÖVP verweigerten die dafür notwendige Unterstützung. Der BZÖ-Vorstoß für ein Bauverbot für Moscheen und Minaretten in Kärnten ist vorerst gescheitert.
Doch das BZÖ gibt sich nicht geschlagen und hat bereits den nächsten Plan parat: Scheuch und Haider wollen in einem zweiten Anlauf den Landtag über ein Moschee-Verbot abstimmen lassen. Haider drohte darüber hinaus mit einer Volksbefragung, sollte sich der Landtag erneut gegen seine Vorhaben aussprechen. Doch sowohl SPÖ als auch ÖVP sprechen sich nicht dezitiert gegen diese Vorhaben aus.
Die SPÖ konterte, dass eine Änderung der Gesetze gar nicht notwendig sei. Laut Landeshauptmann-Stellvertreterin Gaby Schaunig gäbe es bereits "alle rechtlichen Möglichkeiten, um den Bau von Minaretten zu verhindern."
Die ÖVP sieht sich inhaltlich auf einer Linie mit dem BZÖ. So lehnte der ÖVP-Landesrat Josef Martinz den Antrag des BZÖ nur ab, weil dieser "dilettantisch" vorbereitet und "ein Verbot von Minaretten so nicht möglich" sei.
Mittlerweile sprachen sich mehrere prominente ÖVP-PolitikerInnen außerhalb Kärntens gegen Minarette aus. So bezeichnete der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) Minarette als "etwas Artfremdes", das "in einer Kultur nicht gut tut". Und auch einer Hadliner in der ÖVP, Hannes Missethon, meldete sich zu Wort. Im Standard-Interview stimmte er den Äußerungen Prölls zu: "Minarette sind nicht Teil der österreichischen Kultur. Die aktuelle Diskussion greift mir aber zu kurz. Stattdessen sollten wir nun eine tiefergehende Debatte führen: Darüber, wie sich der Islam mit dem verträgt, wie wir leben. Integration hat ihre Grenzen. Unsere bisherige Linie, wonach es genügt, wenn sich Migranten an unsere Gesetzeslage halten, reicht meines Erachtens nicht mehr aus. Denn wir merken am Verhalten von einem Teil der Muslime, dass sie anders sind."
Wie die FPÖ in ihrem letzten Wahlkampf stellen sich ÖVP-Politiker als Beschützer der Frauenrechte hin. Für seinen Kampf für Frauenrechte hat Missethon auch ein Beispiel parat: "Wenn ein Mann bei uns eine unverheiratete Frau begrüßt, schaut er ihr ins Gesicht. Das ist normal. Wenn man aber eine unverheiratete muslimische Frau begrüßen will, schaut man mitunter in einen Schleier - und man kriegt möglicherweise die Hand nicht gereicht. Verheiratete Frauen dürfen das ja im Islam. Das ist der Unterschied, wissen Sie."
Missethon "will nicht, dass wir unsere Lebenshaltung aufgeben" und "unverheirateten Frauen ins Gesicht schauen und ihnen die Hand geben". Hinter solch plumpen Aussagen verbirgt sich jedoch massiver Rassismus und ein mehr als konservatives Frauenbild. Denn es geht hier nicht um die Rechte der Frauen, sondern vielmehr gegen das Kopftuch als religiöses Symbol. (Siehe dazu auch den Bericht auf no-racism.net: :: Nicht Perserin, nicht Iranerin. Die »iranische Frau« als Symbol gesellschaftlicher Umbrüche)
Der Rassismus der in der aktuellen Debatte gegen Minarette sichtbar wird, spiegelt sich in der Gesetzeslage in Österreich wider. Und im Grunde stehen alle Parteien in Österreich hinter diesen Gesetzen - bzw. haben sie selbst beschlossen. Selbst die Grünen, die als einzige Partei gegen die restriktive Fremdenrechtsnovelle 2005 stimmten und sich immer wieder als "Menschenrechtspartei" geben, verfolgen seit Jahren eine Politik, die sich vor allem an Nutzen für die Wirtschaft bzw. den "Wirtschaftsstandort Österreich" orientiert. So werden im :: "Grünen Punktesystem für EinwanderInnen" Menschen vor allem anhand ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit beurteilt.
3. Minarette in Österreich
Die Diskussion um Minarette in Österreich dürfte von den rechtsextremen Parteien in Österreich u.a. deshalb aufgegriffen worden sein, weil sie in der Schweiz relativ erfolgreich läuft. Doch sei hier an die letzten Gemeinderatswahlen in Wien erinnert, bei denen die FPÖ ein "Duell um Wien" propagierte. Während Strache vor dem Stephansdom als der Beschützer "abendländischer Werte" präsentiert wurde, wurde Wiens BürgerInnenmeister Michael Häupl (SPÖ) vor Wiens einziger Moschee mit Minarett abgebildet. Die rassistischen Slogans dieser Kampagne müssen hier nicht wiederholt werden.
In Österreich existieren laut Angaben von VertreterInnen der islamischen Glaubensgemeinshaft derzeit 200 Gebetshäuser und nur drei Moscheen: In Wien (Vienna Islamic Center), Telfs (Tirol) und Bad Vöslau (Niederösterreich). In Telfs wurde nach Widerstand in der Bevölkerung das Minarett "gekürzt", die Bad Vöslauer Moschee hat keinen Turm, nur eine kleine Kuppel.
Die bekannteste Moschee in Österreich ist jene nahe der Wiener Donauinsel. Sie wurde 1979 errichtet und diente u.a. als Symbol für die "Offenheit" der österreichischen Gesellschaft.
Die Moschee in Telfs wurde vor etwa einem Jahr eröffnet. Sie verfügt lediglich über ein 15 Meter hohes Minarett (ursprünglich 29 Meter hoch geplant) und sorgte anfänglich für Emotionen. Gegen die Errichtung der Moschee wurden 2400 Unterschriften gesammelt. Neben der FPÖ wetterten auch die in Tirol stark verankerten Schützenvereine gegen die Errichtung einer Moschee. Mittlerweile, so berichtete Der Standard am 30.07.2007, "hat man sich an den Turm mit dem Halbmond gewöhnt - zumindest oberflächlich." Denn erst im Juni wurde der Sockel des Gebetsturms mit einem Hakenkreuz beschmiert. Dieser Gebetsturm wird laut Bericht von tirol.orf.at am 28.08.2008 "seine eigentliche Funktion nie erfüllen. Denn zum Gebet darf der Muezzin hier nicht aufrufen, das wurde vertraglich festgehalten. Somit bleibt den Moslems nur der Symbolcharakter und hohe Kosten für die Errichtung."
Auch wenn das Minarett in Telfs kaum noch für Aufregung sorgt, ist die rassistische Haltung vieler TirolerInnen weiterhin spürbar. "Lautstarke Versammlungen, scharenweises Auftreten und Beten bis spät in die Nacht würden das Miteinander erschweren." Argumente, die immer wieder auch gegen Jugendliche auftauchen und die wohl damit begründet werden könnne, dass es viele Leute nicht aushalten, wenn sich andere nicht ebenso in ihre vier Wände zurückziehen, wie sie selbst.
4. Die nazionale "Freiheit" Österreichs?
Anfang Juni 2007 lenkte Heinz-Christian Straches FPÖ ihr Augenmerk auf den Bau eines islamischen Zentrums im niederösterreichischen Bad Vöslau. Einige der Leute, die sich an den Protesten in Bad Vöslau beteiligten, das von Wien aus mit der Südbahn erreichbar ist, beteiligten sich auch an der Demonstration gegen den angeblichen Bau einer Moschee in Wien am 13. September 2007.
Im Aufruf einer "parteiunabhängige" BürgerInneninitiative hieß es: "Wir versammeln uns am Donnerstag den 13.09.2007 ab 17 Uhr und protestieren gegen den Bau einer "Moschee" und den Ausbau des Islamischen Zentrums in der Brigittenau. Ab 17.30 Uhr werden wir Richtung Amtshaus abmarschieren. Machen Sie mit, unterstützen Sie uns durch Ihre Anwesenheit! Treffpunkt: 20., Dammstrasse / Pappenheimgasse (Anker-Eck)."
An disem rassistischen, islamophoben Aufmarsch im 20. Wiener Gemeindebezirk beteiligten sich schlielich ca. 700 BürgerInnen. Einer der etwa 100 bis 150 AntifaschistInnen, die sich zu einer Gegenkundgebung versammelten, mischte sich unter die rassistischen BürgerInnen und bezeichnete den Aufmarsch in einem Bericht als :: größter rassistischer Aufmarsch seit vielen Jahren in Wien.
Unter den BürgerInnen fanden sich naben ganz normalen AlltagsrassistInnen auch FunktionärInnen der FPÖ, allen voran Parteichef H.C. Strache, aber auch AktivistInnen von :: NVP und :: AFP, deren braune Gesinnung mittlerweile durch ein :: Rechtsgutachten bestätigt wurde: Demnach wird in "von der AFP zu verantwortenden Publikationen seit Jahrzehnten massiv gegen die Bestimmungen des Verbotsgesetzes verstoßen. Offenkundige und verbrämte Verherrlichung nationalsozialistischer Ideen und Maßnahmen, zynische Leugnung von nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen, eine hetzerische Sprache mit deutlich aggressivem Ton gegen Ausländer, Juden und "Volksfremde" sowie eine Darstellung "des Deutschen" als Opfer sind typische und stets wiederkehrende Signale. Von besonderer Aggressivität sind die Beiträge im JUGEND ECHO. Hier wird ständig "Kampfbereitschaft" der nationalen Jugend eingefordert; NS-Biographien werden als Vorbild dargestellt, Rassenhass wird propagiert. JUGEND ECHO wird in der Erstausgabe als "Kampfschrift der nationalen Jugend in Österreich" bezeichnet und vom "Bund Freier Jugend" (BFJ), einer unselbständigen Unterorganisation der AFP, gestaltet. Eigentümer, Medieninhaber, Herausgeber und Hersteller ist die AFP. JUGEND ECHO ist daher der AFP zuzurechnen und von dieser zu verantworten."
Es verwundert also nicht, dass neben oben genannten auch eine ganz ansehnliche Menge von Bilderbuchneonazis mit dabei waren, die "Hier marschiert der nationale Widerstand!" skandierten. Was unter diesem Slogan zu verstehen ist, geht aus den Aussagen eines Teilnehmers der rassistischen Kundgebung hervor, der in einem :: Interview erklärte, dass er gekommen sei, "um sich zu organisieren ... zu organisieren für den nationalen Widerstand in Österreich." Auf die Frage, was dies bedeute, führte er weiter aus: "Österreich gehört befreit vom System, vom internationalen System. ... Die Politiker sind ja alle abhängig vom Kapital, vom internationalen Kapital. Und de Politiker g'hören umdraht oder entmachtet, und wir kämpfen dafür. Es gehört eine Partei geschaffen, die außerhalb des Systems steht, eine nationale Partei, die was sich nicht beeinflussen lasst." Die Antwort auf Frage, was dies mit der Moschee zu tun habe: "Da fangt's einmal an. Das System will uns ja schwächen, indem sie uns unterwandern." offenbart das verschwörungstheoretische Weltbild des nazionalen Kämpfers.
5. Resumee
Rassismus und vor allem Antisemitismus scheint die österreichische "Volksfront" zu einen. Parteipolitik spielt dabei nur eine Nebenrolle, vor allem wenn es um die Stimmen der RassistInnen geht. In diesem sich verschärfenden Klima der letzten Jahren haben es offen neonazistische Gruppierungen geschafft, sich zu reorganisieren. Somit ist es wohl kein Zufall, dass sich gleich 100 Leute aus diesem Spektrum an der rassistischen Demnonstration gegen die Moschee in Wien Brigittenau beteiligten. Von Seiten der Polizei wird dies jedoch gewohnt runtergespielt: Laut Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) prüfe die Polizei in den kommenden Tagen, ob Verstöße gegen das Verbotsgesetz vorliegen. So gab Einsatzleiter Walter Nevoral gegenüber MedienvertreterInnen an, dass "nicht mehr als ein Dutzend" potenzielle Neonazis bei der Kundgebung gewesen seien. "Die Fachbeamten", die vor Ort waren, müssten nun prüfen, ob verbotene Symbole getragen oder illegale Parolen skandiert wurden.
Dass sich die neonazistische Szene zunehmend gewaltbereit betätigt, zeigen auch die Vorfälle rund um den Kirtag in Großenzersdorf. Während in einigen Medien zu lesen war, dass Jugendliche aus Wien den Ort terrorisierten, berichteten andere Medien, dass 200 "Glatzen" prügelnd durch Großenzersdorf zogen. Sogar von einem "braunen Intermezzo" war die Rede, das sogar im Internet angekündigt wurde: "Wir machen den Kirtag nieder!" Zwischen 18:00 und 22:00 Uhr versammelten sich im Ort ca. 200 Skinheads, die vorwiegend aus Wien mit der Autobus-Linie 26 A angereist sein sollen. Sie wurden jedoch von der Polizei jedoch vom Fest ferngehalten. Stattdessen zog der Mob grölend durch den Ort, wobei es zu Pöbelein kam und mehrere Leute brutal attackiert wurden. Gegen 24.00 Uhr zogen die Schläger wieder ab. Die Polizei beschränkte sich - angeblich aufgrund der zahlenmäßigen Unterlegenheit - auf das Zusehen. Lediglich zwei Leute wurden angezeigt. Der Kriminalpolizist Adolf Brenner wird dazu in der Zeitung zitiert: "Wahrscheinlich gab es einige Leichtverletzte."
Die Demonstration gegen die angebliche Errichtung einer Moschee in Wien und die Ereignisse in Großenzersdorf stehen wahrscheinlich in keinem unmittelbaren Zusammenhang, jedoch zeigen beide Ereignisse auf, dass die Neonaziszene in Österreich wieder Fuß gefasst hat. Rassismus und völkischer Nationalismus sind in Österreich längst wieder "salonfähig" geworden. Und dies erleichtert es den Neonazis, mehr und mehr in der sogenannten "Mitte der Gesellschaft" Fuß zu fassen. Einer Mitte, als deren Kraft sich von einigen Jahren noch die ÖVP ausgegeben hat. Und genau jene ÖVP, deren Bezirksorganisation die rassistische Kundgebung in Brigittenau unterstützte, will nun rechts neben sich keien Platz mehr lassen. In dieses Bild passen auch die oben zitierten Aussagen mancher ÖVP-PolitikerInnen.
Es hat den Anschein, dass sich im Abwehrkampf gegen den Islam, der sich vor allem gegen Symbole wie Moscheen, Minarette und den Schleier richtet, die Fronten vereinen. Nach mehrjähriger Zusammenarbeit auf höchster politischer Ebene scheint sich trotz anfänglicher Berührungsängste auch die Basis von konservativ bis nazional wieder zu einen. Ihre Klammer ist eine rassistische Ideologie, die in diesem Fall gemeinsam mit Antiislamismus auf der Bildfläche erschien. Nur selten wird dieser Rassismus wahrgenommen, was ihn um so gefährlicher macht. Denn der rassistische Konsens eint seit langem die Mehrheitsgesellschaft in Österreich, unabhängig von der sonst so wichtigen Parteizugehörigkeit. So betonte eine SprecherInnen, dass viele SPÖlerInnen in der BürgerInneninitiative gegen die Moschee vertreten seien. "Echte ÖsterreicherInnen" und "eingeborene BürgerInnen" sind nicht bereit, auf die ihnen in die Wiege gelegte Privilegien zu verzichten. Zur Absicherung ihrer Position scheint ihnen schon wieder fast jedes Mittel recht zu sein ...
6. Weitere Informationen
Für alle, die nicht auf die Ergebnisse der "Fachbeamten" warten wollen, hier eine Sammlung von Berichten rund um den größten rassistischer Aufmarsch seit vielen Jahren in Wien, sowie zur Vernetzung und Einschätzung der Neonaziszene:
auf at.indymedia.org:
- :: Größter rassistischer Aufmarsch seit vielen Jahren in Wien (from inside) (14.09.2007)
- :: doku der demo gegen eine mosche in 20. wr. bezirk und einer demo gegen auslaenderhetze - oton (14.09.2007) (direkter Link auf cba)
- :: Erste Eindrücke gegen die rassistische FPÖVP "BürgerInnen" Kundgebung (13.09.2007)
- :: Gegen-Demonstration betrefflich Rassistischer Kundgebung im 20. Bezirk von FPÖVP (12.09.2007)
- :: NVP Braunes Gedankengut im Aufwind (10.09.2007)
- :: FPÖ ruft zu Protestmarsch gegen Moschee in der Brigittenau auf (10. Sep 2007)
- :: mehr im Themengebiet Antifa
auf no-racism.net:
- :: Nazis demonstrieren mit FPÖ/ÖVP-Unterstützung durch Wien (14.09.2007)
- :: Fotos von der Neonazi-Demo in Wien (14.09.2007)
- :: FPÖ demonstriert gegen Ausbau von islamischem Zentrum in Wien (11.09.2007)
auf slp.at:
- :: "AnrainerInnendemo" wurde zur Bühne für Rechtsextreme (13.09.2007)
- :: AnrainerInnen-Anliegen ernst nehmen – Rassistische Hetze bekämpfen (10.09.2007)
Hintergrundinformationen
beim Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW):
- :: Informationen zur AFP
- :: Rechtsgutachten von o. Univ. Prof. DDr. Heinz Mayer über die "Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik" (AFP) und den "Bund freier Jugend" (BfJ)
auf de.indymedia.org:
- :: Nazistrukturen am Bodensee (30.08.2007)
- :: Artikelsammlung zum Thema Antifa
Der Artikel erschien zuerst auf at.indymedia.org am 14.09.2007, bearbeitet von no-racism.net